Sinnesorgane: Unterschied zwischen den Versionen

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===Allgemein===
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Die Sinnesorgane der Ameisen sind vielfältig und teils leistungsstark, jedoch vollkommen different zu uns Menschen. So sind wir optisch orientierte Tiere, während die Ameisen die optische Wahrnehmung nur als leistungsschwache und sekundäre Orientierung nutzen, wenn sie nicht gänzlich darauf verzichten. Dies zeigt sich schon sehr deutlich in der Ausbildung der Augen: unsere Honigbiene (Apis mellifera) benötigt etwa 5500 Ommatidien, um sich im Flug orientieren zu können, auch sehr gut sehende Ameisen-Arten wie zB [[Cataglyphis bicolor]] hingegen besitzen nur zwischen 600 - 1.300, unsere [[Formica polyctena]] mit dem Ruf der "gut sehenden Arten" nur etwa 750 Ommatidien, die Gattungen [[Lasius]] oder [[Myrmica]] kommen schon mit 100-200 Ommatidien zurecht, [[Eciton burchelli]] hat dann nur noch ein Ommatidium, die anderen Angehörigen der Gattungen [[Eciton]] und [[Dorylus]] haben die Augen komplett reduziert.<br />Dies zeigt uns sehr deutlich, das die optische Orientierung keine große Rolle bei den Ameisen spielt.
Die Sinnesorgane der Ameisen sind vielfältig und teils leistungsstark, jedoch vollkommen different zu uns Menschen. So sind wir optisch orientierte Tiere, während die Ameisen die optische Wahrnehmung nur als leistungsschwache und sekundäre Orientierung nutzen, wenn sie nicht gänzlich darauf verzichten. Dies zeigt sich schon sehr deutlich in der Ausbildung der Augen: unsere Honigbiene (Apis mellifera) benötigt etwa 5500 Ommatidien, um sich im Flug orientieren zu können, auch sehr gut sehende Ameisen-Arten wie zB [[Cataglyphis bicolor]] hingegen besitzen nur zwischen 600 - 1.300, unsere [[Formica polyctena]] mit dem Ruf der "gut sehenden Arten" nur etwa 750 Ommatidien, die Gattungen [[Lasius]] oder [[Myrmica]] kommen schon mit 100-200 Ommatidien zurecht, [[Eciton burchelli]] hat dann nur noch ein Ommatidium, die anderen Angehörigen der Gattungen [[Eciton]] und [[Dorylus]] haben die Augen komplett reduziert.<br />Dies zeigt uns sehr deutlich, das die optische Orientierung keine große Rolle bei den Ameisen spielt.

Version vom 22. März 2011, 22:30 Uhr

Allgemein

Die Sinnesorgane der Ameisen sind vielfältig und teils leistungsstark, jedoch vollkommen different zu uns Menschen. So sind wir optisch orientierte Tiere, während die Ameisen die optische Wahrnehmung nur als leistungsschwache und sekundäre Orientierung nutzen, wenn sie nicht gänzlich darauf verzichten. Dies zeigt sich schon sehr deutlich in der Ausbildung der Augen: unsere Honigbiene (Apis mellifera) benötigt etwa 5500 Ommatidien, um sich im Flug orientieren zu können, auch sehr gut sehende Ameisen-Arten wie zB Cataglyphis bicolor hingegen besitzen nur zwischen 600 - 1.300, unsere Formica polyctena mit dem Ruf der "gut sehenden Arten" nur etwa 750 Ommatidien, die Gattungen Lasius oder Myrmica kommen schon mit 100-200 Ommatidien zurecht, Eciton burchelli hat dann nur noch ein Ommatidium, die anderen Angehörigen der Gattungen Eciton und Dorylus haben die Augen komplett reduziert.
Dies zeigt uns sehr deutlich, das die optische Orientierung keine große Rolle bei den Ameisen spielt.

Aber was und wie dann?
Einen besonderen Stellenwert haben bei Ameisen die haptische Wahrnehmung (auch Selbstwahrnehmung) sowie vor allem die paarigen Fuehler auf dem Kopf der Ameisen, die mit einigem Recht als Multifunktions-Sinnesorgane angesehen werden können. Hier haben die Ameisen aufwändige und umfangreiche Organe angelegt, die die unsrigen Fähigkeiten bei weitem uebertreffen.

In diesem Artikel soll nun lediglich auf den Aufbau und die Leitungsfähigkeit der Organe eingegangen weden, die Verwendung der Fähigkeiten ist unter "Verhalten" ausgefuehrt.

Ameisen haben sich eine Reihe von Verhalten und Organen zunutze gemacht, um sich zu Verständigen,
Orientieren, Warnen oder gar um Hilfe zu rufen. Jedoch ist dringend zu beachten: 
diese Fähigkeiten und Verhalten (Spezialisierungen) sind artspezifisch und duerfen 
auf keinen Fall verallgemeinert werden, wenn im Artikel nicht anders formuliert!

Sehen

Facettenaugen

Ommatidium

Punktaugen (Ocellen)

Riechen - Tasten - Schmecken

Fühler

Die wichtigsten Sinnesorgane der Ameisen sind die Fühler als hochsensible Multifunktions-Vorrichtungen.
An und in der Geißel der Fuehler sitzen eine Vielzahl von Sensillen unterschiedlichster Funktion in extrem hoher Dichte. So können die Ameisen mit den Fuehlern Gerueche, Pheromone, Gase, Temperatur, Strahlung und Beruehrungen wahrnehmen. Gleichzeitig dient das sogenannte Betrillern, also ein reines Beklopfen von Artgenossinnen mit den Fuehlern, der Kommunikation und als Auslöser fuer bestimmte Verhalten, wie zB der Trophalaxis und Paarung. Weitere Infos zur Funktion siehe unter Verhalten:Orientierung, Verhalten:Wahrnehmung und Verhalten:Kommunikation.

Bei Lasius fuliginosus hat DUMPERT auf den etwa 2mm langen Geißeln etwa 3000 Sensillen gezählt. Mit Abstand am Häufigsten war Sensilla chaetica vertreten, gefolgt von S. trichodea curvata. Weniger häufig waren S. trichodea und S. basiconica zu finden, alle anderen Sensillen-Typen waren eher vereinzelt vertreten. Interessant hierbei: je schlechter die Ameisen sehen können, desto mehr und dichter liegen die Sensillen auf den Geißeln. Die einzelnen Sensillen und ihre Fähigkeiten sind unter "Sensillen" beschrieben.

Johnstonsches Organ

Das J-Organ ist kein einzelner Sensor, sondern eine Gruppe von Sinnesorganen und Hilfsstrukturen im Inneren des Pedicellus (2. Glied der Fuehler, 1. Geißelglied) bei Insekten. Die Scolopidien oder stiftfuehrenden Sensillen, die zu den mechanoreceptorische Sensoren gezählt werden, durch Bewegung, Biegung, Schwingungen und Beschleunigung erregt.
Bei Ameisen sind die Scolopidien so angeordnet, dass sie ein Abbiegen der Fuehlergeißel gegenueber dem Pedicellus registrieren können. Entgegen frueherer Deutung dient das Johnstonsche Organ aber nicht zur Schwerkraftorientierung (FOWLER 1954), vielmehr können die Ameisen so kleinste Luftbewegungen wahrnehmen, durch die ihre Fuehlergeißeln leicht gebogen werden.

Hören - Vibrieren - Stridulieren

Geräusche werden zumeist durch Schwingungen der Luft uebertragen und durch unser Ohr wahrgenommen, wenn die schwingende Luft die Vibrationen auf das Trommelfell ueberträgt. Diese Vibrationen sind jedoch nicht nur als Schall in der Luft wahrnehmbar, sondern können sich auch durch feste Körper als Vibrationen ausbreiten und wahrgenommen werden. Als Versuch: klopft einmal leicht mit dem Kuli gegen Eure Zähne. Ihr werden ueber die Luft keinen Schall wahrnehmen, jedoch wird das Klopfen ueber die Zähne durch die Knochen bis an das Ohr getragen und dort wahrgenommen. Geräusche sind also keineswegs auf den Schall angewiesen.

Subgenualorgan

Sensilla campaniformia

bisher nur bei den Ameisen bekannt ist die Nutzung campaniformer Sensillen (s.a. Sensillen) zur Wahrnehmung von Bodenvibrationen. MARKL beschreibt bei Atta cephalotes zusätzlich zu den Subgenualorganen drei Gruppen dieser Sensillen, jeweils an den Gelenken zwischen Femur und Trochanter liegend. Diese Sensillen können Vibrationen noch in kleinster Intensität wahrnehmen und werden wahrscheinlich zusätzlich zu den Subgenualorganen genutzt und erweitern die Fähigkeiten zur Vibrationswahrnehmung auf die Wahrnehmung von Schall.

Stridulationsorgan

Stridulation („Zirpen“) nennt man die Erzeugung von höherfrequentem Schall bei Insekten und anderen Arthropoden. Das Stridulationsorgan ist bei den Ameisen eine waschbrettähnliche Struktur mit feinsten Rippen auf dem Vorderrand des ersten Gastersegments, über das eine scharfe Schrillkante am Hinterrand des Postpetiolus auf- und ab bewegt wird.

http://www.sciencenews.org/view/generic/id/40606/title/Caterpillar_noise_tricks_ants_into_service

Herunterscrollen: Hier kann man die Stridulationsgeräusche von Raupe und Puppe eines Ameisenbläulings hören sowie von Arbeiterin und Königin der Ameise Myrmica schencki. (09-02-10)

Propriozeptoren

Als Tiefenwahrnehmung oder Propriozeption (von lat. proprius = eigen + recipere = aufnehmen) wird ein Teilbereich der haptischen Wahrnehmung bezeichnet, der die Lage der Körperteile zu einander erfasst. Im eigentlichen Sinne ist die Propriozeption also die Selbstwahrnehmung des eigenen Körpers, so kennen wir jederzeit die Position unserer Körperteile und Lage des Körpers. Ameisen haben die Propriozeption stark in ihre Orientierung eingebaut, so wurde bei Cataglyphis eine sehr zuverlässige Entfernungsmessung alleine anhand der zurueckgelegten Schritte nachgewiesen. Zusätzlich können Ameisen mit Hilfe der Propriozeptoren ihre Lage zur Schwerkraft sehr genau messen, zB Formica erkennen noch 3,5° Neigung. (s.a. Verhalten:Orientierung) Als Propriozeptoren dienen den Ameisen verschiedene Sensoren:

Borstenfelder

Die Borstenfelder der Ameisen sind sehr simpel, aber ausgesprochen effektiv aufgebaut. Die Borstenfelder selbst sind dicht mit kleinen, etwa gleich langen Sinneshaaren versehen, die Nerven der Haare laufen in einem Nervenstrang zusammen. Das Borstenfeld selbst ist heller als die umgebende Cuticula. Jedes Borstenfeld hat ein Widerlager auf der Gegenseite des Gelenkes, so sitzen die Bortenfelder des Nackens am Thorax, das Gegenlager an der Kopfkapsel. Bei Bewegungen des Kopfes werden jetzt die Haare unterschiedlich stark abgebogen und so die Lage des Kopfes gemessen. Insgesammt gibt es je nach Art zwischen 24 und 26 Borstenfelder an Coxagelenken, Petiolus, Nacken und Fuehlern, also allen großen oder zur Fortbewegung wichtigen Gelenken. Die Signale aller Borstenfelder werden direkt zum Zentralnervensystem geleitet und dort als Summe verrechnet, so fuehren einzelne Fehlmeldungen oder ein defektes Borstenfeld nicht zur Fehlorientierung.
Weitere Infos zu Orientierung unter Verhalten:Orientierung.

Sensillen

Als Sensillen werden bestimmte Wahrnehmungsogane der Ameisen bezeichnet, die mit Ausnahme von S. ampullacena und S. campaniformia auf der Oberfläche liegen. Diese Sensillen sind im obigen Text bereits angeschnitten worden, diese Liste soll also nur der Uebersicht dienen.

  • Scolopidien

stiftfuehrende Sensillen
siehe Johnstonsches Organ.

  • Sensilla ampullacena

Flaschen - flaschenförmige Sensillen
S. ampullacena liegen unterhalb der Cuticula, ein Kanal verbindet die Oberfläche mit den tief im Inneren liegenden Sinneshaaren.

  • Sensilla basiconica

Leydigsche Kegel - Riechkolben, FOREL 1874

  • Sensilla chaetica, SCHNEIDER&KAISSLING 1957

Membran-Tasthaare
entsprechen im Aufbau der Sensilla trichodea curvata, sind jedoch an der Basis durch eine Membran mit der Cuticula verbunden.

  • Sensilla campaniformia

campaniforme Sensillen, FOREL 1870
S. campaniformia liegen als Kegel unterhalb der Cuticula dicht an der Oberfläche und muenden in einer Grube.

  • Sensilla coenoconia

Champagnerpfropf - champagnerpfropfähnliche Sensillen, FOREL 1870

  • Sensilla trichodea, SCHENK 1903

Tasthaare

  • Sensilla trichodea curvata, KRAUSSE 1907

umgebogene Tasthaare