Pushen

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Mit Pushen wird der Versuch bezeichnet, eine Kolonie durch Zugabe koloniefremder Brut oder Arbeiterinnen zu verstärken. Meistens wird dies mit Puppen versucht, da diese relativ häufig aktzeptiert werden, schon sehr weit entwickelt sind und somit kaum Pflegeaufwand durch die Kolonie benötigen. Es funktioniert aber auch mit Eiern oder Larven.

Das Zugeben von Arbeiterinnen kann auch funktionieren, wenn diese Arbeiterinnen frisch geschlüpft sind(noch nicht ausgehärteter Chitinpanzer, hellere Farbe). Das Hinzugeben von älteren(fertigen ausgehärteten, ausgefärbten) Arbeiterinnen ist nicht zu empfehlen, da es hier (mit Ausnahme unikolonialer Arten) zu Kämpfen kommen wird.

Ob und wie gut Puppen aktzeptiert werden, hängt von der Art der Puppen so wie der Art der zu pushenden Kolonie ab. Generell sollte immer mit Puppen der gleichen Art gepusht werden.

Akzeptanz / Adoption fremder Puppen

Hinzugeben von Puppen (Artabhängig):

  • der gleichen Art: Meistens erfolgreich
  • der gleichen Gattung: Oftmals erfolgreich
  • der gleichen Unterfamilie: Hin und wieder erfolgreich
  • einer anderen Unterfamilie: Nur in Ausnahmefällen erfolgreich

Zum Beispiel wird eine Lasius niger Kolonie Lasius niger Puppen einer anderen Kolonie mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen. Puppen von Lasius flavus werden weniger erfolgreich angenommen. Dass Puppen von Formica fusca angenommen werden ist unwahrscheinlich. Das Annehmen von Myrmica rubra Puppen sogut wie ausgeschlossen.

Somit ist zu empfehlen nur artgleiche Puppen zu verwenden.

Was passiert wenn die Puppen nicht angenommen werden?

Nichts schlimmes. Entweder werden sie garnicht erst in das Nest getragen, werden einfach aufgefressen oder landen kurze Zeit später wieder auf dem Müll. Auch wenn die Puppen anfangs aktzeptiert werden, kann es passieren, dass die Arbeiterinnen nach dem Schlüpfen getötet werden. So konnte zum Beispiel beobachtet werden, dass beim Zugeben von Larven, diese gefüttert und groß gezogen wurden. Nach dem Schlüpfen der Puppen, die neuen Arbeiterinnen aber umgehend getötet wurden.

Gefahren des Pushens

Leider gibt es zu diesem Thema keine wirklich aussagekräftige Erfahrungen, sondern nur Interpretationen von gelegentlichen Beobachtungen verschiedener Personen.

Somit lässt sich nicht feststellen ob und welche Gefahren das Pushen einer Kolonie mit sich bringt. Es gibt Berichte von gepushten Pheidole pallidula Kolonien, bei denen die Königin von Soldaten getötet wurde. Ob dieses Verhalten allein eine Folge des Pushens war oder andere Faktoren ausschlaggebend waren lässt sich weder überprüfen noch ausschließen.

Ein weiterer Punkt ist die Menge an Puppen mit denen gepusht wird. Es wird vermutet, dass bei Zugabe von zu vielen Puppen, aus denen sehr viele Arbeiterinnen schlüpfen, die noch junge Königin (mit evtl. noch zu kleinen Ovarien) mit der Verarbeitung von deren Drüsensekreten nicht mehr nachkommt. Ergebnis kann sein, dass einige Arbeiterinnen diese Proteine sozusagen bei sich behalten, oder sich gar von anderen Arbeiterinnen damit füttern lassen, und dann eigene Eier legen. Daraus würde dann männliche Larven entstehen, die wiederum in Futterkonkurrenz zu den eigenen weiblichen Larven der Königin treten.

Über die Anzahl der Puppen die man gefahrlos hinzugeben kann, gibt es abweichende Meinungen. Mache würden einer gründenden Jungkönigin nicht mehr als 2-3 Arbeiterinnen zutrauen. Anderen Berichten zufolge gab es auch bei der Zugabe von 50 Puppen bei einer bisher arbeiterinnenlosen Königin keine Probleme. Hier fehlt es leider an gesicherten Erfahrungsberichten um konkrete Aussagen zu machen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es keinen festen Richtwert gibt, sondern solch ein Richtwert bei jeder Art (gar jeder Königin) unterschiedlich ausfallen kann.

Als letzten Punkt wäre noch die Möglichkeit der Übertragung von Krankheiten oder Parasiten zu nennen. Auch wenn dies eher unwahrscheinlich ist, ist diese Gefahr nicht von der Hand zu weisen.

Pro und Kontra

In den einschlägigen Foren wird dieses Thema kontrovers diskutiert. So gibt es sehr verschiedene Meinungen, die das Pushen unter allen Umständen verteufeln und andere, die bisher nur positive Erfahrungen gemacht haben und am liebsten jede Gründungskolonie pushen.

Wie bei wohl jeder Diskussion sind Extreme nicht zu empfehlen sondern die Mitte der wohl vernünftigste Weg.

Auf die Kontra-Argumente wurde im Gefahren-Bereich schon detailiert eingegangen. Hinzufügend sei noch erwähnt, dass gepushte Kolonien oft als Mogelpackung betrachtet werden, da sie den Anschein machen, als habe der Halter es durch super Haltungsbedinungen in kurzer Zeit auf eine so hohe Anzahl Individuen gebracht, während er dies in Wirklichkeit nur durch Pushen erreicht hat. Zudem hat der Halter so nicht die Möglichkeit die natürliche Entwicklung einer einzigen Gyne bis zu einer großen Kolonie zu beobachten sondern es wird einfach ein Teil der Entwicklung übersprungen.

Auf der Seite der Berfürworter des Pushens ist es wohl hauptsächlich das Argument der (wohl langweiligen) Gründungsphase. Bei einer kleinen Kolonie mit keinen oder nur wenig Arbeiterinnen gibt es keine Aussenaktivität und wenig zu beobachten. Durch Pushen kann so leicht die Kolonie schnell eine Größe annehmen bei der es etwas mehr zu beobachten gibt. Außer der Aktivität gibt es noch andere Gründe weshalb man schnell auf eine größere Anzahl an Arbeiterinnen kommen will. Gerade bei Zuchtversuchen von Ameisen macht es Sinn zu pushen, wenn man dadurch die Zeit bis zur Produktion der ersten Geschlechtstiere um 1 oder 2 Jahre verkürzen kann. So wird pushen auch im wissenschaftlichen Rahmen praktiziert (siehe A.Buschinger, Eine Methode zur Zucht der Gastameise Formicoxenus nitidus mit Leptothorax acervorum als Wirtsameise, Insectes Sociaux, Paris, Volume 23 no3 , 1976, pp. 205-214).

Ein weiteres Argument ist das Pushen bei Königinnen, bei denen die Gründung (auf Grund von Haltungsfehlern) gescheitert ist. Durch die erste (fehlgeschlagene) Gründung haben sie viele Reserven verloren so dass das Gelingen einer zweiten Gründung sehr unwahrscheinlich ist. Hier ist das Pushen eine sinnvolle Methode um dennoch erfolgreich eine Kolonie zu gründen. Klar ist auch, dass Pushen hier keinen Sinn macht, wenn die Gründung wegen anderen Umständen (z.b. unbegattete Königin) nicht erfolgt.

Aber nicht nur bei gescheiterten Erstgründungen ist ein pushen sinnvoll. Auch bei sozialparasitär gründenden Arten ist das Pushen oft die einzige Möglichkeit erfolgreich eine Kolonie zu gründen, solange man nicht eine komplette Kolonie der Wirtsart opfern will.


Mit diesen Pro und Kontra Argumenten kann sich hoffentlich jeder eine eigene Meinung bilden. Da gerade Einsteiger in der Ameisenhaltung oft nach Pushen fragen, da ihnen ihre kleine Kolonie zu langweilig erscheint, soll an dieser Stelle nochmal empfohlen werden sich in Geduld zu üben. Gerade im Rückblick ist dies auch eine sehr interessante Zeit und gerade bei der ersten Kolonie ist es empfehlenswert die natürliche Entwicklung zu beobachten. Hat man diese Gründungsphase schon öfters beobachten können, so ist wohl nichts gegen ein Pushen (in Maßen) der Kolonie einzuwenden.

Wie kommt man an Puppen?

Will man seine Kolonie pushen, so stellt sich natürlich die Frage, wie man an die dazu benötigten Puppen kommt. Ein Bezug über Händler ist nicht möglich. Zu empfehlen sind andere Ameisenhalter, die einem ein paar Puppen aus einer älteren Kolonie überlassen. Stehen solche Möglichkeiten nicht zur Verfügung so bleibt einem nur in der Natur nach Nestern zu suchen.

Dies tut man am besten an warmen Tagen, da dann die Brut oft direkt an der Oberfläche gelagert wird. Hier hat man gute Erfolgsaussichten, wenn man unter Steine oder alte Holzstücke schaut. Hier sollte darauf geachtet werden, die Nester so wenig wie möglich zu zerstören und nach dem Entnehmen wieder gut zuzudecken. Beim Ausgraben von Nestern hat man meist deutlich weniger Erfolg und zerstört die Nester nur unnötig.

Auch hier ist es wichtig, dass man die Puppen möglichst aus einem Nest der selben Art entnimmt und auch nur wenige!

Pushen bei gekauften Kolonien

In den Foren liest man manchmal Berichte über gekaufte (sowohl von Händlern als auch privat), bei denen befürchtet wird, dass diese gepusht wurden. So wird sich gewundert warum anstatt der erwarteten Pygmäen schon richtige Arbeiterinnen vorhanden sind oder bei polymorphen Arten schon Media oder Major Arbeiterinnen. Andere Beispiele sind, dass Camponotus ligniperda mit C. herculeanus gepusht wurde. Wie dies zu bewerten ist sei jedem selbst überlassen. Gerade in der Zeit des Schwarmflugs ist es verdächtig wenn schon Kolonien mit ein paar Arbeiterinnen verkauft werden, besonders bei Arten, die erst nach der Winterruhe gründen. Man weiß nicht, ob es Kolonien aus dem letzten Jahr sind, oder diesjährige gepushte Königinnen. Hier sollte man im Zweifelsfall beim Verkäufer nachfragen.

Ein weiteres Problem bei gepushten Kolonien ist, dass man nicht weiß, ob die Königin begattet ist oder nicht. So wurden von einem Privathändler unbegattete, gepushte Myrmecia pavida Kolonien verkauft. Hier gilt es also aufzupassen.