Ameisen und Temperatur
Nesttemperatur im Erdnest
Ein guter Anhaltspunkt für die Temperatur in Nestern von Ameisen, die im Boden liegen, ist die Mittlere Jahrestemperatur der Region.
...in Mitteleuropa
In Deutschland beträgt sie je nach Höhenlage usw. zwischen 8 und 10 °C. Das entspricht z.B. auch der Temperatur des Wassers in den meisten Quellen (abgesehen von Thermalquellen).
Diese Temperatur ist in etwa 1 m Tiefe erreicht und bleibt im Sommer wie Winter praktisch konstant. Eine Ameisenart, die ihre Nester im Boden anlegt, kann sich also auch im heißesten Sommer bis in diese Tiefe und in diese Temperatur zurückziehen. Feucht ist es dort zudem immer, und im Winter frostfrei.
Fast alle Arten haben den Hauptteil ihrer Nester weiter oben im Boden, wobei sie im Winter zunehmend niedrigeren Temperaturen ausgesetzt sind, im Sommer höheren.
In den wärmeren Jahreszeiten können sie zudem ihre Brut nach oben oder unten verlagern, so dass sie die Wahl haben zwischen ~35 °C oder mehr in der Nestkuppel (Erdnest) oder unter einem Stein und 20 °C ein paar cm tiefer. Je nach Bedarf und Möglichkeit wird die Brut sortiert, dabei werden Puppen in wärmeren und die empfindlicheren Eier bzw. jüngeren Larven in kühleren Regionen des Nestes gelagert.
...in mediterranen & tropischen Gebieten
Mittlere Jahrestemperaturen in den feuchten Tropen liegen oft bei 25 – 30 °C. Entsprechend leben die Pilzzuchten vieler Blattschneider-Arten in feuchten Kammern mit diesen Temperaturen, tagaus, tagein, das ganze Jahr hindurch.
Auch Ameisen trockener Tropenbereiche und heißer Wüsten haben in ihren Wohn- und Brutkammern kaum höhere Temperaturen. Obwohl die Bodentemperatur an der Oberfläche 70 °C erreichen kann, sind es in 1 m Tiefe eben gemäßigte Werte, die dem Jahresdurchschnitt entsprechen.
In Mittelitalien liegt die mittlere Jahrestemperatur bei 14,5°C, in Süditalien bei 17°C, im feucht-tropischen Kuala Lumpur bei 28°C, und derselbe Wert wird für Timbuktu am Südrand der Sahara angegeben.
Auch wenn bestimmte Cataglyphis-Arten bei Temperaturen von über 45°C kurzzeitig über die Wüstenoberfläche flitzen, leben sie und ihre Larven dauerhaft bei ganz erheblich niedrigerer Temperatur.
Diesen Gegebenheiten sollten Formikarien Rechnung tragen. Insbesondere für Wüstenameisen (Cataglyphis, Myrmecocystus) ist das, je nach Herkunft, eine erhebliche Herausforderung: Nesttemperatur deutlich höher als unsere Zimmertemperatur, aber niemals so hoch wie die Optimaltemperatur für das Furagieren.
Hinzu kommt bei Ameisen aus Wüsten- und Trockengebieten noch ein starker tagesperiodischer Temperaturwechsel in den Arenen, nicht unbedingt aber im Nest.
Nesttemperatur baumbewohnender Arten
Bei Ameisen aus gemäßigten Breiten, die xerotherme Bedingungen schätzen (z.B. baumbewohnende Temnothorax-Arten, Camponotus truncatus, C. fallax), ist ein tagesperiodischer Temperaturwechsel erforderlich, der aber das Nest selbst mit einschließen muss, da es z. B. in einer Baumkrone völlig dem Temperaturgang der Luft ausgesetzt ist.
Temperatur-Beispiele
kritische maximale Temperatur:
- Messor arenarius 48,9 °C[1]
- Messor bouvieri 44 °C[2]
- Messor capitatus 44 °C [2]
- Messor denticornis 47,5 °C[1]
Sonneneinstrahlung
... ist Gift für Ameisen, die sich in geschlossenen Behältern befinden.
Ob Reagenzglas oder Glas-/Plastikformikar, Gelfarm oder Filmdöschen: Wenn die Sonne auch nur für ein paar Minuten darauf scheint, heizt sich das Ganze derart auf („Glashauseffekt“ bei transparenten Behältern), dass jede noch so hitzetolerante Wüstenameise binnen Minuten tot ist.
Wer Schäden an seinen Ameisen vermeiden möchte, sollte auch beachten, dass der Sonnenstand nicht nur über den Tag hinweg, sondern auch im Jahresablauf wechselt: Ein im Hochsommer mittags unter einem Schatten spendenden Dach stehendes Formikar kann im Herbst mittags von der dann flacher stehenden Sonne getroffen werden. Das ist übrigens auch bei Aufstellung auf Balkon oder Terrasse zu beachten und sogar im Zimmer.
Mit Sonneneinstrahlung auf geschlossene Behälter kann man alle Lebewesen rasch ins Jenseits befördern, z.B. im geschlossenen Auto bekanntlich Pflanzen, Hund oder Baby. Damit ist nicht zu spaßen!
Siehe auch
Einzelnachweise
- ^ a b Neumeyer, Rainer: Strategie der Nahrungsbeschaffung syntoper Arten der Ernteameisengattung Messor im mitteltunesischen Steppengebiet; S. 66 & 107, Zürich, Zentralstelle der Studentenschaft 1994 (Dissertation)
- ^ a b X. Cerdá, J. Retana, S. Cros 1998: Critical thermal limits in Mediterranean ant species: trade-off between mortality risk and foraging; Functional Ecology 12-1, 45–55 - " hier frei verfügbar
Weblinks
- gute Messgeräte (ameisenforum.de)
- Bericht über Temperaturschwankungen unter Sonneneinfluss in einem Formicarium (ameisenforum.de)