Naturbeobachtungen: Unterschied zwischen den Versionen
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==== Bildbericht über das Vorkommen einer Diacamma sp. auf der Insel Java, Indonesien ==== | |||
Für die Untersuchung eines damals neu entdeckten Vorkommens der bei Diacamma sp. (Ponerinae) sozialparasitisch lebenden Polyrhachis lama (Formicinae) wurden auf einer Farm in Zentraljava eine größere Anzahl von Nestern der Wirtsart ausgegraben und auf das Vorkommen ihrer Sozialparasiten untersucht. | |||
Bis zu diesem Zeitpunkt waren von P. lama nur ein paar trocken konservierte Exemplare (1 Gyne, 4 Arbeiterinnen) bekannt, die von einer Tibet-Expedition 1938-39 gesammelt worden waren. Der genaue Fundort blieb ungewiss, aber der Artname „lama“ leitet sich von der Bezeichnung für tibetanische Mönche ab. | |||
[Kohout, R. J. 1994. Polyrhachis lama, a new ant from the Tibetan plateau (Formicidae: Formicinae). Memoirs of the Queensland Museum 35: 137-138.] | |||
[Maschwitz, U., Dorow, W.H.O., Buschinger, A., Kalytta, G. 2000: Social parasitism | |||
involving ants of different subfamilies: Polyrhachis lama (Formicinae) an obligatory | |||
inquiline of Diacamma sp. (Ponerinae) in Java. Insectes soc. 47, 27-35, 2000] | |||
http://antbase.org/ants/publications/14669/14669.pdf | |||
[Maschwitz, U., Liefke, C., Buschinger, A. 2001: How host and parasite communicate: Signal analysis of tandem recruitment between ants of two subfamilies, Diacamma sp. (Ponerinae) and its inquiline Polyrhachis lama (Formicinae). Sociobiology 37, 65-77.] | |||
Die Nester liegen in einem tiefgründigen, fetten, schwarzen Boden. Sie bestehen aus einer ca. 30 cm schräg in die Tiefe gegrabenen, ca. 1 cm weiten Röhre, die sich am Ende zu einer etwa kugelförmigen Kammer erweitert. Darin leben Diacamma, und in einem kleinen Teil der Nester auch Polyrhachis samt ihrer Brut. In geringerer Tiefe an der Eingangsröhre gibt es in manchen Nestern eine Aussackung von 2-3 cm Weite, in der eine Gastameise (Strumigenys sp.) wohnt. Auch Asseln, Springschwänze und weitere „Gäste“ sind in der Nestanlage zu finden. | |||
[Kaufmann E, Malsch AKF, Erle M, Maschwitz U (2003) Compound nesting of Strumigenys sp. (Myrmicinae) and Diacamma sp. (Ponerinae), and other nesting symbioses of myrmicine and ponerine ants in Southeast Asia. Insectes Soc. 50 (1):88-97.] | |||
[[Bild:Java-Farm-1.jpg|200px|thumb|left|Fundort von Diacamma sp. und Polyrhachis lama auf einer Farm nahe Bandungan, Java]] | |||
Die Farm lag in etwa 1.000 m Meereshöhe am Hang eines erloschenen Vulkans (Bild 1). Die dichte ursprüngliche Tropenwaldvegetation war bis auf steile Schluchten und höhere Lagen fast komplett gerodet und durch Gräser u.a. ersetzt. | |||
[[Bild:Java-Fleckvieh-2.jpg|200px|thumb|left|Haltung von Holsteinischem Fleckvieh auf der Farm nahe Bandungan, Java]] | |||
Auf der Farm wurde Milchvieh gehalten (Bild 2), Holsteinisches Fleckvieh (ausgerechnet!). | |||
[[Bild: Java-Nest-Diacamma-3.jpg|200px|thumb|left|Nest von Diacamma sp. im Boden]] | |||
Nester von Diacamma sp. fanden sich insbesondere in kleinen Böschungen, die von einer früheren Terrassierung zurück geblieben waren (Bild 3). Nur eine kleine Öffnung im Boden war von außen zu entdecken, wenn eine Arbeiterin ein- oder auslief. | |||
[[Bild: Java-Ausgrabung-Diacamma-4.jpg|200px|thumb|left|Nest von Diacamma sp. wird ausgegraben]] | |||
Die Ausgrabung musste relativ rasch erfolgen, die sehr flinken Tiere wurden per Hand in Plastiktüten gesammelt. Der Kleine Finger des Ameisensammlers auf Bild 4 weist auf die Eingangsröhre im Erdreich. | |||
[[Bild: Java-Merbabu-5.jpg|200px|thumb|left|Abendlicher Blick von der Farm zum Vulkan Merbabu]] | |||
Bild 5 zeigt den abendlichen Blick auf den Vulkan Merbabu (3142 m) vom Farmgebäude aus. Der 10 km südlicher liegende Merapi ist immer wieder einmal aktiv. Auch seine Rauchwolke war öfter zu sehen. Oberhalb der dicht besiedelten und landwirtschaftlich genutzten Erdterrassen fanden wir in einem etwas naturnäherem Habitat (degradierter Wald) ebenfalls Polyrhachis lama in Nestern der Diacamma-Art. | |||
Zumindest ein Teil der vom Ameisenhandel in Deutschland verkauften Diacamma sp. dürfte aus jener Region stammen. Allerdings fanden wir an einem Standort in geringerer Höhe eine etwas anders aussehende, zweite Diacamma sp., die aber nicht von der parasitischen Polyrhachis lama genutzt wurde. | |||
(A. Buschinger 6.12.2011) |
Version vom 6. Dezember 2011, 20:13 Uhr
Hier findet man interessante und unterhaltsame Berichte über Ameisen in der Natur.
Einheimische Natur
- Anatomie eines Wespennestes (aus: Ameisenforum 21.05.2004)
Eine Reise durch Australien
- Hügelbauende Waldameisen in Australien? – Nein, Dolichoderinen!
- Eine Begegnung mit australischen Meat Ants, Gattung Iridomyrmex
- Kleine Ameise - Großes Meer
Über die Erlebnisse auf dieser Reise in Westaustralien gibt es einige weitere, weniger Ameisen-relevante Berichte im Antstore-Forum:
http://www.antstore.net/viewtopic.php?f=136&t=4546 Das heimliche Leben der Pinnacles
http://www.antstore.net/viewtopic.php?f=136&t=4582 Uraltes Leben in Australien
http://www.antstore.net/viewtopic.php?f=136&t=4566 Waldbrand!!! – Na und? http://www.antstore.net/viewtopic.php?f=136&t=4573 Diskussionsthread zu Australien-Berichten
Bildbericht über das Vorkommen einer Diacamma sp. auf der Insel Java, Indonesien
Für die Untersuchung eines damals neu entdeckten Vorkommens der bei Diacamma sp. (Ponerinae) sozialparasitisch lebenden Polyrhachis lama (Formicinae) wurden auf einer Farm in Zentraljava eine größere Anzahl von Nestern der Wirtsart ausgegraben und auf das Vorkommen ihrer Sozialparasiten untersucht.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren von P. lama nur ein paar trocken konservierte Exemplare (1 Gyne, 4 Arbeiterinnen) bekannt, die von einer Tibet-Expedition 1938-39 gesammelt worden waren. Der genaue Fundort blieb ungewiss, aber der Artname „lama“ leitet sich von der Bezeichnung für tibetanische Mönche ab.
[Kohout, R. J. 1994. Polyrhachis lama, a new ant from the Tibetan plateau (Formicidae: Formicinae). Memoirs of the Queensland Museum 35: 137-138.]
[Maschwitz, U., Dorow, W.H.O., Buschinger, A., Kalytta, G. 2000: Social parasitism involving ants of different subfamilies: Polyrhachis lama (Formicinae) an obligatory inquiline of Diacamma sp. (Ponerinae) in Java. Insectes soc. 47, 27-35, 2000] http://antbase.org/ants/publications/14669/14669.pdf
[Maschwitz, U., Liefke, C., Buschinger, A. 2001: How host and parasite communicate: Signal analysis of tandem recruitment between ants of two subfamilies, Diacamma sp. (Ponerinae) and its inquiline Polyrhachis lama (Formicinae). Sociobiology 37, 65-77.]
Die Nester liegen in einem tiefgründigen, fetten, schwarzen Boden. Sie bestehen aus einer ca. 30 cm schräg in die Tiefe gegrabenen, ca. 1 cm weiten Röhre, die sich am Ende zu einer etwa kugelförmigen Kammer erweitert. Darin leben Diacamma, und in einem kleinen Teil der Nester auch Polyrhachis samt ihrer Brut. In geringerer Tiefe an der Eingangsröhre gibt es in manchen Nestern eine Aussackung von 2-3 cm Weite, in der eine Gastameise (Strumigenys sp.) wohnt. Auch Asseln, Springschwänze und weitere „Gäste“ sind in der Nestanlage zu finden.
[Kaufmann E, Malsch AKF, Erle M, Maschwitz U (2003) Compound nesting of Strumigenys sp. (Myrmicinae) and Diacamma sp. (Ponerinae), and other nesting symbioses of myrmicine and ponerine ants in Southeast Asia. Insectes Soc. 50 (1):88-97.]
Die Farm lag in etwa 1.000 m Meereshöhe am Hang eines erloschenen Vulkans (Bild 1). Die dichte ursprüngliche Tropenwaldvegetation war bis auf steile Schluchten und höhere Lagen fast komplett gerodet und durch Gräser u.a. ersetzt.
Auf der Farm wurde Milchvieh gehalten (Bild 2), Holsteinisches Fleckvieh (ausgerechnet!).
Nester von Diacamma sp. fanden sich insbesondere in kleinen Böschungen, die von einer früheren Terrassierung zurück geblieben waren (Bild 3). Nur eine kleine Öffnung im Boden war von außen zu entdecken, wenn eine Arbeiterin ein- oder auslief.
Die Ausgrabung musste relativ rasch erfolgen, die sehr flinken Tiere wurden per Hand in Plastiktüten gesammelt. Der Kleine Finger des Ameisensammlers auf Bild 4 weist auf die Eingangsröhre im Erdreich.
Bild 5 zeigt den abendlichen Blick auf den Vulkan Merbabu (3142 m) vom Farmgebäude aus. Der 10 km südlicher liegende Merapi ist immer wieder einmal aktiv. Auch seine Rauchwolke war öfter zu sehen. Oberhalb der dicht besiedelten und landwirtschaftlich genutzten Erdterrassen fanden wir in einem etwas naturnäherem Habitat (degradierter Wald) ebenfalls Polyrhachis lama in Nestern der Diacamma-Art.
Zumindest ein Teil der vom Ameisenhandel in Deutschland verkauften Diacamma sp. dürfte aus jener Region stammen. Allerdings fanden wir an einem Standort in geringerer Höhe eine etwas anders aussehende, zweite Diacamma sp., die aber nicht von der parasitischen Polyrhachis lama genutzt wurde.
(A. Buschinger 6.12.2011)