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==Geografische Herkunft==
==Geografische Herkunft==

Version vom 11. August 2007, 12:23 Uhr

Beschaffung

Es gibt mehrere Methoden zur Beschaffung einer Königin bzw. Kolonie.

Fangen

Das einfachste und billigste ist, auf den Schwarmflug der jeweiligen Art zu warten. Dann einfach mit Reagenzgläsern bewaffnen und die frisch begatteten Jungköniginnen aufsammeln. Solche Tiere erkennt man daran, dass sie ihre Flügel bereits abgeworfen haben. Jungköniginnen mit Flügeln sind in der Regel unbegattet und sollten deshalb nicht eingesammelt werden.

Natürlich sollte man nicht übermäßig viele Jungköniginnen einsammeln, 3-4 reichen allemal (was will man später mit 50 oder 60 Königinnen anfangen?), und man sollte sich anhand von Bildern in den Foren wenigstens Grundkenntnisse über das Aussehen der Arten aneignen, um nicht ausgerechnet eine geschützte Art (z.B. Waldameisen, Gattung Formica) oder eine Rote-Liste-Art einzufangen. Wenn man eine der sozialparasitisch koloniegründenden Lasius-Arten erwischt, ist eine Enttäuschung programmiert: Ohne die passende Wirtsart wird das nichts!

Weiterhin besteht die Möglichkeit, eine freilebende Kolonie einzusammeln. Dies ist allerdings nur bedingt sinnvoll, da mindestens eine Königin gefangen werden muss. Bei stark polygynen Arten wie M. rubra sind diese meist leicht zu finden, nicht aber bei monogynen Arten wie L. niger. Zum Einsammeln kann ein Exhaustor verwendet werden.

Private Anbieter

Oefters kommt es vor, dass ein Ameisenhalter eine Kolonie abzugeben hat oder gefangene Kolonien anbietet. Einen Anzeigenmarkt gibt es unter AmeisenCafe.de/Flohmarkt sowie im Antforum.

Hier ist allerdings Vorsicht geboten! Die meisten Anbieter können die Arten nicht richtig bestimmen. Dann sind auch alle ihre Empfehlungen zu den Haltungsbedingungen problematisch. Ausländische Arten sollte man schon gar nicht aus zweiter Hand kaufen. Wer weiß, weshalb der Anbieter sie loswerden möchte?

Aus dem Urlaub mitbringen

Siehe Punkt 1 und die Importbestimmungen.

Kommerzielle Anbieter

Geografische Herkunft

Die geografische Herkunft von Ameisen, die man kaufen möchte, sollte man so genau wie möglich in Erfahrung bringen (Händler/ Verkäufer löchern, falls nicht von vornherein angegeben!).

Begriffe wie „Europa“, „Südamerika“, „Australien“ bzw. „europäische Ameisen“ usw. sind nämlich völlig ungeeignet um Ameisenarten irgendwie zu charakterisieren. Europa ist (so wie die anderen Namen) eine Bezeichnung, die der Mensch willkürlich einem Teil der Welt verpasst hat.

Eine „europäische Ameise“ aus Finnland, z.B. Formica aquilonia, wird auf Kreta oder Sizilien im Freien kläglich verenden, ebenso wie eine Cataglyphis aus Südspanien in Finnland.

Dieselbe „europäische“ Cataglyphis kann dagegen in Afrika bestens überleben, z.B. in Marokko, wo sie wahrscheinlich ohnehin vorkommt.

Die „europäische“ Lasius niger hat (wie sehr viele andere in Europa vorkommende Ameisenarten) ein Verbreitungsgebiet, das weit nach Ostasien hineinreicht. L. niger könnte man ohne weiteres auch als „asiatische Ameise“ ansehen.

Die Bezeichnung „europäische Ameisen“ wird leider oft falsch verstanden und mit „einheimische Ameisen“ gleichgesetzt. Über ihre klimatischen Ansprüche sagt das aber gar nichts aus. Winter mit Schnee gibt es in ganz Europa, zumindest in den bergigen Regionen. Ätna in Sizilien und Sierra Nevada in Südspanien sind Skigebiete ebenso wie der Hohe Atlas in Afrika, in Marokko. Und in Griechenland, auf dem südlichen Peloponnes, packt die Bevölkerung auch an der Mittelmeerküste erst zu Ostern die Wintermäntel weg, Athen wird in vielen Jahren von Schneekatastrophen heimgesucht!

„Einheimische Ameisen“ kann somit, richtig gebraucht, nur heißen, dass die Tiere aus der Region des Halters stammen. Manica rubida aus den deutschen Alpen sind in Niedersachsen schon nicht mehr „einheimisch“, sie sind dort "Exoten".

Auch „ausländische Ameisen“ wäre eine ungeeignete Bezeichnung. L. niger oder Myrmica rubra aus Deutschland sind in Österreich „ausländische“ Ameisen, obwohl sie in beiden Ländern einheimisch sind.

„Heimisch“ oder „einheimisch“ gilt also eigentlich nur in Beziehung auf die jeweilige Region, in der der Halter zu Hause ist. Über die Ausdehnung einer solchen Region kann man diskutieren (Radius von 100 km oder von nur 20 km?). – Es hängt im Einzelfall auch von der Art und deren Verbreitungsmuster ab.

Mit einer genauen Angabe der Herkunft gekaufter Tiere kann sich der Käufer jedenfalls im Klimaatlas informieren, welche Ansprüche seine Tiere stellen werden. (A. Buschinger)

Wann Königinnen kaufen, wann Kolonien?

Falls man tatsächlich nicht selbst eine junge Königin, junge Kolonie oder einen Teil einer polygynen Kolonie sammeln kann und auf den Kauf beim Händler oder privaten Anbieter angewiesen ist, sollte man einige Regeln beachten, die sich aus der Biologie der jeweiligen Arten ergeben.. Unterscheiden wir hier zunächst nach EINHEIMISCH bzw. EXOTISCH (wobei „exotisch“ schon bei Tieren aus mehr als etwa 100 km Entfernung vom Wohnsitz des Käufers beginnen kann).

In Deutschland einheimische Arten:

Alle Arten haben einen Jahreszyklus mit einer mehr oder weniger ausgedehnten Winterruhe. Geschlechtstiere werden bei den meisten Arten nur einmal im Jahr erzeugt, allerdings zu verschiedenen Zeiten. Begattete, junge Königinnen einer bestimmten Art gibt es also nicht das ganze Jahr hindurch, sondern nur während oder kurz nach der jeweiligen Schwarmzeit.

Camponotus ligniperda und C. herculeanus

Bei den beiden häufigsten Rossameisen-Arten schwärmen die im Mutternest überwinterten Jungtiere im Frühjahr bis Frühsommer. „Neue“ Jungköniginnen gibt es also ab etwa Ende Mai bis in den Juni hinein.

Ab dieser Zeit sollten die angebotenen Jungköniginnen mit ihren ersten Eiern, etwas später auch mit ersten daraus geschlüpften Larven, angeboten werden.

Bis zum Herbst haben manche der Königinnen bereits erste (kleine! „Pygmäen“-) Arbeiterinnen sowie Larven und ein paar Puppen. Oft aber überwintern Camponotus-Königinnen mit den ersten Larven, aus denen erst im folgenden Frühjahr Arbeiterinnen entstehen.

Eine Königin ohne Larven, aber mit einer oder mehreren normal großen Arbeiterinnen, ist „gepusht“ worden: Man hat ihr ein paar Puppen aus einem fremden Nest (evtl. sogar einer anderen Art) zugesetzt, aus denen Arbeiterinnen geschlüpft sind, die von der Königin akzeptiert werden. Damit soll eine bereits fortgeschrittene, erfolgreiche Koloniegründung vorgetäuscht werden, oder man will eine „Kolonie“ verkaufen, die ja gewöhnlich teurer ist als eine Königin allein. Die Königin selbst kann dann unbegattet oder aus anderen Gründen unfruchtbar sein, das lässt sich von außen nicht erkennen!

Lasius niger, Lasius flavus:

Auch hier gilt, dass Königinnen ohne Arbeiterinnen NUR in einer relativ kurzen Zeitspanne, während bzw. kurz nach dem Hochzeitsflug gekauft werden sollten. Eine z.B. im April angebotene „Königin“ ist garantiert vom Vorjahr und hat es nicht geschafft, eigene Brut aufzuziehen, oder sie hat diese verloren. So etwas sollte man beim Verkäufer lassen und besser eine kleine Kolonie kaufen. Generell empfiehlt es sich, ab etwa Oktober solche Königinnen nicht mehr zu kaufen: Man muss sie direkt in die Winterruhe verbringen, hat nichts zu beobachten bis zum April. Da kann auch der Anbieter die Risiken der Überwinterung tragen! Anders ist es, wenn man eine frisch begattete Jungkönigin im Juli kauft: Hier lässt sich noch der Vorgang der Koloniegründung bis zum Entstehen der ersten Arbeiterinnen verfolgen.

Myrmica rubra und andere Myrmica-Arten:

Es ist sehr schwierig, begattete Königinnen dieser meist polygynen Arten nach dem Hochzeitsflug zu finden. Das ist ganz anders als bei Lasius oder Camponotus. Vorsichtshalber sollte man auf Angebote von Königinnen allein, zur Koloniegründung, nicht eingehen. Kleine angeblich „junge“ Kolonien sind in aller Regel aus großen, stark polygynen Kolonien abgezweigt. Wie jung oder alt die mitgelieferte(n) Königin(nen) ist (sind), lässt sich nicht feststellen.

Manica rubida:

Gelegentlich werden, mehr zufällig, begattete Jungköniginnen beim Hochzeitsflug gefunden und eingesammelt. Man kann etwa ab Ende Mai bis in den Juli hinein solche Königinnen erwerben. Aber Vorsicht ist immer geboten: Auch unbegattete Königinnen können sich entflügeln, und geflügelte Jungweibchen findet man recht leicht beim Ausgraben von Nestern im Frühjahr bzw. auch wieder im Herbst: Wie bei den großen Camponotus-Arten schlüpfen die Geschlechtstiere im Spätsommer, überwintern im Mutternest und gehen erst im folgenden Frühjahr auf Hochzeitsflug.

Tetramorium caespitum/ impurum-Gruppe:

Gelegentlich werden in der Schwarmzeit begattete Jungköniginnen in Vielzahl gefunden. Gezielt sammeln kann man sie nicht, weil man Ort und Zeit der Hochzeitsflüge nicht vorhersehen kann. Deshalb bieten Händler auch nur selten solche Königinnen an.

Formica (Serviformica) fusca und andere „Sklavenameisen“-Arten:

Auch hier sind Funde frisch begatteter Jungköniginnen sehr selten. Man kennt bisher noch nicht einmal ihre „Treffpunkte“ für die Verpaarung. So bleibt eigentlich nur der Erwerb relativ kleiner Kolonien mit einer oder mehreren Königinnen. Betreffs deren Alters ist natürlich so wie bei Myrmica nichts zu sagen….

Exotische Arten aus dem Mittelmeergebiet oder von anderen Kontinenten:

Wegen der sehr großen Zahl der bisher eingeführten Arten und aufgrund der extrem unterschiedlichen Lebensweisen sowie Klimabedingungen in deren Heimatländern sind kaum Empfehlungen zu geben. Wirklich hilfreiche Haltungserfahrungen liegen nur für eine sehr kleine Anzahl von Arten vor, z. B. Acromyrmex octospinosus oder ein paar Atta-Arten.

Grundsätzlich muss man damit rechnen, dass auch die meisten exotischen Ameisen einem Jahreszyklus unterliegen, z.B. von Regen- und Trockenzeit. So sind etwa Königinnen von Atta und Acromyrmex nur während eines relativ kurzen Zeitraumes, eben kurz nach ihren Schwarmflügen, im Angebot.

Bei den Ameisen aus warmen Ländern verlaufen in aller Regel Koloniegründung und Koloniewachstum wesentlich schneller als bei mitteleuropäischen Arten. Wenn einzelne Königinnen angeboten werden und nach einigen Wochen noch immer nicht verkauft sind, sind es „Ladenhüter“, die man besser nicht kauft. Solche Ameisen sind höchst „verderbliche Ware“. Ist durch Einfangen und Transport und längere Haltung in einem „Ameisenlager“ der natürliche Ablauf der Koloniegründung unterbrochen, findet eine solche unter Umständen gar nicht mehr statt, oder nicht optimal.

Werden Kolonien angeboten, handelt es sich zumeist um polygyne Arten, aus denen je nach Bestellung kleinere oder größere „Ableger“ entnommen und mit 1 oder 2 oder mehr Königinnen versandt werden. Kein Anbieter kann garantieren, dass die Königinnen jung sind, oder überhaupt begattet sind.

Wegen der Risiken, die mit der Einfuhr und dem eventuellen Entkommen der Tiere verbunden sind, sollte man von solchen Käufen prinzipiell absehen: Eine exotische und nur bis zur Gattung bestimmte Pheidole sp. kann eine Pest-Ant sein, die im Haus oder in der Natur zum Problem werden könnte. Exoten allgemein, aber ganz besonders wenn sie mit Nestmaterial aus ihrem Heimatland verkauft werden, können Milben sowie andere Ekto- und Endoparasiten einschleppen, die andere beim Händler oder Halter vorhandene Arten infizieren können, oder die in unserer Natur Schaden anrichten können.

(A. Buschinger, 18.07.2006)


Welche Arten kann ich kaufen?

Welcher Händler bietet Sphecomyrma freyi an oder wo kann ich sie bekommen? Gibt es dazu Haltungserfahrungen?

Das sind Fragen, die so oder ähnlich in den Ameisenforen immer wieder gestellt werden. Mal abgesehen davon, dass das willkürlich gewählte Beispiel seit Jahrmillionen ausgestorben ist und allenfalls als Bernsteininkluse erworben werden könnte, sind solche Fragen ziemlich aussichtslos. Weshalb?

Weltweit sind rund 12.000 Ameisenarten wissenschaftlich beschrieben und benannt. Mal sehr hoch geschätzt etwa 300 davon wurden in den letzten 150 Jahren in Forschungseinrichtungen gehalten, meist nur für vergleichsweise kurze Zeit, und auf wenige bestimmte Verhaltensmerkmale etc. hin untersucht.

Deutlich weniger Arten wurden vor 2000, dem Jahr der Gründung des Antstore und des Beginns des Internet-Handels mit Ameisen, von Privatleuten gehalten. Es waren zumeist solche, die man sich aus der Nähe selbst besorgt hat.

Von den Händlern und Privatimporteuren wurden in diesen paar Jahren etwa 120 ausländische Arten eingeführt. Das sind gerade mal 1 Prozent der "möglichen" Arten (und das sind schon viel zu viele!).

Von den meisten der bisher via Internet verkauften oder privat importierten und gehaltenen Arten liest man nach kurzer Zeit in den Foren nichts mehr. Ob sie in den Ameisenhimmel eingegangen sind?

Wenn keinerlei Haltungserfahrungen vorliegen (oder die "negativen" nicht bekannt gemacht werden), hat der Spaß eben oft schnell ein bitteres Ende.

Gezielt eine bestimmte Art zu beschaffen (in einem Beispiel aus einem Forum war Polyrhachis hookeri begehrt), dürfte den Importeuren äußerst schwer fallen. Da hat selbst ein Wissenschaftler seine Probleme, vor Ort zu bestimmen, ob er die "richtige" Art gefunden hat. Ich spreche aus > 40 Jahren Erfahrung mit der „gezielten“ Beschaffung von Ameisenarten für Forschungszwecke.

Zu bedenken ist weiterhin, dass es bereits sehr schwierig ist, alle Arten der bestens untersuchten (und durch Bernhard Seifert weltweit einzigartig gut dokumentierten!) deutschen Ameisenfauna zu bestimmen.

Laut Seifert (2007): „Die Ameisen Mittel- und Nordeuropas“ (soeben im Mai 2007 erschienen) sind gerade mal 50 % der einheimischen Ameisen mit einem preiswerten Stereomikroskop sicher zu bestimmen, es muss aber mindestens ein Messokular vorhanden sein (S. 93).

Ich denke, daraus wird deutlich, was von privat angegebenen oder durch Händler/Lieferanten angebotenen Artnamen zu halten ist, zumal wenn es um ausländische Arten geht, für die es eben keine so gut ausgearbeiteten Bild- und Bestimmungsschlüssel gibt.

Fazit: Wenn man schon glaubt, ausländische Ameisen kaufen zu müssen, ist es aussichtslos, nach ganz bestimmten Arten zu fragen. Man muss sich dann an das jeweils aktuelle Angebot halten, immer auch in dem Bewusstsein: „Namen sind Schall und Rauch“!

(A. Buschinger, 15. Mai 2007)