Gründung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Ameisenwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
K (Format)
 
(62 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
==Wie entsteht ein neuer Ameisenstaat?==
==Wie entsteht ein neuer Ameisen Sie sind cool ist diese Frage von großem Interesse, denn für sie heißt sie nichts anderes als „Werde ich es schaffen zu überleben?“.
 
Für eine junge Ameisenkönigin ist diese Frage von großem Interesse, denn für sie heißt sie nichts anderes als „Werde ich es schaffen zu überleben?“.


Man muss nämlich wissen, dass (vereinfacht ausgedrückt) die ganze große Zahl der Arbeiterinnen eines Ameisenstaates nur dazu da sind, um der Königin die Fortpflanzung zu ermöglichen. Die Arbeiterinnen pflanzen sich in der Regel nicht selber fort, sondern allein der Königin ist es vorbehalten Nachwuchs zu produzieren. Anfangs vor allem Arbeiterinnen, später auch die männlichen und weiblichen Geschlechtstiere, die uns als geflügelte Ameisen hin und wieder begegnen, und die später dann wiederum selbst von einem Staat unterstützt Geschlechtstiere produzieren.
Man muss nämlich wissen, dass (vereinfacht ausgedrückt) die ganze große Zahl der Arbeiterinnen eines Ameisenstaates nur dazu da sind, um der Königin die Fortpflanzung zu ermöglichen. Die Arbeiterinnen pflanzen sich in der Regel nicht selber fort, sondern allein der Königin ist es vorbehalten Nachwuchs zu produzieren. Anfangs vor allem Arbeiterinnen, später auch die männlichen und weiblichen Geschlechtstiere, die uns als geflügelte Ameisen hin und wieder begegnen, und die später dann wiederum selbst von einem Staat unterstützt Geschlechtstiere produzieren.


Nehmen wir einmal an, einem jungen Ameisenweibchen ist es gelungen, zum richtigen Zeitpunkt zum Hochzeitsflug aufzubrechen und von einem Männchen begattet zu werden ohne dabei Feinden zum Opfer zu fallen. Jetzt stellt sich für diese frisch gebackene Jungkönigin die eingangs erwähnte Frage: Wie kommt sie zu einer eigenen Kolonie?
Nehmen wir einmal an, einem jungen Ameisenweibchen ist es gelungen, zum richtigen Zeitpunkt zum [[Hochzeitsflug]] aufzubrechen und von einem Männchen begattet zu werden ohne dabei Feinden zum Opfer zu fallen. Jetzt stellt sich für diese frisch gebackene Jungkönigin die eingangs erwähnte Frage: Wie kommt sie zu einer eigenen Kolonie?


Die Evolution hat hier drei Lösungsmöglichkeiten gefunden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen nutzen alle Ameisen weltweit eine der folgenden Wege zur Gründung einer Kolonie:
Die Evolution hat hier drei Lösungsmöglichkeiten gefunden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen nutzen alle Ameisen weltweit eine der folgenden Wege zur Gründung einer Kolonie:


===Die unabhängige Koloniegründung durch einzelne Königinnen===
===Die unabhängige Koloniegründung durch einzelne Königinnen (claustrale/semiclaustrale Gründung)===
In diesem Fall gründet eine einzelne Königin ohne fremde Hilfe eine eigene Kolonie im wahrsten Sinne des Wortes: sie gründet sie von Grund auf. Meist vergräbt sie sich dazu in eine Gründungskammer und verschließt diese. Hier legt sie ihre ersten Eier, aus denen sich dann Larven, Puppen und später Arbeiterinnen entwickeln. Die geschlüpften Arbeiterinnen übernehmen dann die Brutpflege und nach und nach wächst der Staat zu seiner vollen Größe heran.
[[Bild:Lasius Niger wingless queen.jpg|thumb|Begattete [[Gyne]] einer claustral gründenden Art]]
Der zeitliche Verlauf einer unabhängigen Koloniegründung kann sehr unterschiedlich sein. Die Kolonien der in Deutschland einheimischen Camponotus ligniperda oder C. herculeanus wachsen anfangs zum Beispiel sehr langsam, obwohl deren Völker später mehrere 10.000 Individuen zählen wird.
Nun ist es natürlich gefährlich für die junge Königin, die Gründungskammer verlassen zu müssen und auf Nahrungssuche zu gehen. Um dieser Gefahr zu entgehen, gründen die Königinnen mancher Arten derart abgeschlossen, dass die Königin die Gründungskammer nach der Eiablage nicht mehr verlässt. Man spricht dann von einer klaustralen Gründung. Da es in den meisten Fällen aber Monate dauert, bis die ersten jungen Arbeiterinnen schlüpfen, muss die Königin in der Lage sein, diese lange Zeit ohne Nahrung zu überstehen. In unseren Breiten ist es meist so, dass die Königin nach dem Einschluss in die Gründungskammer Eier legt, aus denen sich noch vor Einbruch des Winters Larven bilden. Diese überwintern zusammen mit der Königin und verpuppen sich erst im nächsten Frühjahr. Wenn dann aus den Puppen die ersten Arbeiterinnen schlüpfen, die zum ersten mal die Gründungskammer verlassen und auf Futtersuche gehen, sind nicht selten 7 oder mehr Monate vergangen. In dieser Zeit lebt die Königin in erster Linie von Reserven aus ihrem Körper. Dazu gehört auch der Abbau der nun überflüssig gewordenen Flugmuskulatur. Von den oben erwähnten Camponotus-Arten wird berichtet, dass die gründenden Königinnen im Labor bis zu 1 ¼ Jahren ohne Nahrungsaufnahme überleben konnten. Aber das ist noch nicht alles, denn schließlich muss die Königin nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Brut am Leben halten und diese ebenfalls von den eigenen Reserven füttern. Hierzu dienen vor allem die Eier. Immer wieder wird ein Teil der gelegten Eier an die Larven verfüttert oder die Königin verspeist sie selber.
Dass bei dieser Art der Koloniegründung die Königinnen bis ans Äußerste ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit gehen müssen, erscheint klar. Deshalb konnten sich bei vielen Arten alternative Möglichkeiten der Bildung neuer Kolonien entwickeln.
Neben der unabhängigen Koloniegründung sind bei Ameisen im Laufe der Evolution noch die zwei folgenden Formen einer abhängigen Gründung entstanden.


(Man darf bei der Evolution der verschiedenen Formen der Koloniegründung nicht übersehen, dass die claustrale Koloniegründung die höchst entwickelte Form zu sein scheint: Nur Arten mit großem Polymorphismus, also erheblichen Größenunterschieden zwischen Königin und Arbeiterin, haben diese Möglichkeit! Die ursprünglichste Form scheint die Gründung durch eine einzelne Jungkönigin unter Futtersuche, also nach dem semiclaustralen Modus, zu sein).
In diesem Fall gründet eine einzelne Königin ohne fremde Hilfe eine eigene Kolonie im wahrsten Sinne des Wortes: sie gründet sie von Grund auf. Meist vergräbt sie sich dazu in eine Gründungskammer und verschließt diese. Hier legt sie ihre ersten [[Eier]], aus denen sich dann [[Larven]], [[Puppen]] und später Arbeiterinnen entwickeln. Die geschlüpften Arbeiterinnen übernehmen dann die Brutpflege und nach und nach wächst der Staat zu seiner vollen Größe heran.


===Die abhängige Koloniegründung durch temporären Sozialparasitismus===
[[Bild:Camp herc Kg 55.jpg|thumb|left|150px|''[[Camponotus herculeanus]]'' in ihrer Gründungskammer in Holz]]
Die Königinnen vieler Arten sind nicht in der Lage selbstständig eine Kolonie zu gründen. Sie benutzen hierfür stattdessen eine heimtückische List. Frisch begattet suchen sie eine bereits bestehende Kolonie einer fremden (meist eng verwandten) Art. Durch verschiedene Tricks und Täuschungsmanöver, die fast immer auf der Basis von Geruchsstoffen (Pheromonen) funktionieren, gelingt es der Königin in die fremde Kolonie einzudringen, ohne dass sie als Fremde erkannt wird. Manchmal zerbeißt sie hierzu eine Arbeiterin, wohl um deren Geruch anzunehmen. Im Nest einmal akzeptiert arbeitet sie sich bis ins Herz der Kolonie vor: Die Kammer der Königin und stürzt diese, d.h. tötet sie. In anderen Fällen überlässt sie diese Arbeit auch den Arbeiterinnen, die sich aus irgendwelchen Gründen gegen ihre eigene Königin wenden. Ist die eigentliche Königin erst einmal beseitigt, pflegen die Arbeiterinnen die Brut der neuen fremden Königin, ohne zu bemerken, dass sich aus dieser Arbeiterinnen einer ganz anderen Art entwickelt. Nach und nach sterben die alten Arbeiterinnen und werden durch Nachfahren der fremden Königin ersetzt, bis schließlich nichts mehr darauf hindeutet, dass die Kolonie einst von einer anderen Art gegründet wurde und erst später von einer feindlichen Art übernommen wurde.
Diese Art der Gründung nennt man temporär sozialparasitisch. Temporär, weil sich der Parasitismus nur auf die Zeit der Gründungsphase bezieht. Sozial, weil die Leistung, die parasitisch in Anspruch genommen wird eben die sozialen Leistungen der gemeinschaftlichen Brutpflege, Verteidigung, Nahrungsbeschaffung ... sind.


Es ist ein sehr einprägsames Bild, eine Ameisenstraße zu entdecken, auf der große, glänzend-schwarze Arbeiterinnen (Lasius fuliginosus) und viel kleinere, gelbe Lasius umbratus gemeinsam unterwegs sind, miteinander kommunizieren, Futter austauschen, gemeinsam Beutestücke transportieren, ...  
Der zeitliche Verlauf einer unabhängigen Koloniegründung kann sehr unterschiedlich sein. Die Kolonien der in Deutschland einheimischen ''[[Camponotus ligniperdus]]'' oder ''[[Camponotus herculeanus|C. herculeanus]]'' wachsen anfangs zum Beispiel sehr langsam, obwohl deren Völker später mehrere 10.000 Individuen zählen können.
Für einen Fachkundigen ist dabei auf den ersten Blick offensichtlich, was hier passiert ist, denn Lasius fuliginosus gründet sozialparasitär bei Lasius umbratus und die noch gemischte Kolonie dürfte wohl nur noch eine (bzw. mehrere) Lasius-fuliginosus-Königin(nen) besitzen und ist auf dem Wege eine reine L.-fuliginosus-Kolonie zu werden. Bemerkenswert dabei, dass Lasius umbratus seinerseits sozialparasitisch bei Lasius niger, Lasius brunneus oder Lasius psammophilus gründet.
Nun ist es natürlich gefährlich für die junge Königin, die Gründungskammer verlassen zu müssen und auf Nahrungssuche zu gehen. Um dieser Gefahr zu entgehen, gründen die Königinnen mancher Arten derart abgeschlossen, dass die Königin die Gründungskammer nach der Eiablage nicht mehr verlässt. Man spricht dann von einer '''claustralen Gründung'''. Da es in den meisten Fällen aber Monate dauert, bis die ersten jungen Arbeiterinnen schlüpfen, muss die Königin in der Lage sein, diese lange Zeit ohne Nahrung zu überstehen. In unseren Breiten ist es meist so, dass die Königin nach dem Einschluss in die Gründungskammer Eier legt, aus denen sich noch vor Einbruch des Winters Larven bilden. Diese überwintern zusammen mit der Königin und verpuppen sich erst im nächsten Frühjahr. Wenn dann aus den Puppen die ersten Arbeiterinnen schlüpfen, die zum ersten mal die Gründungskammer verlassen und auf Futtersuche gehen, sind nicht selten 7 oder mehr Monate vergangen. In dieser Zeit lebt die Königin in erster Linie von Reserven aus ihrem Körper. Dazu gehört auch der Abbau der nun überflüssig gewordenen Flugmuskulatur. Von den oben erwähnten ''[[Camponotus]]''-Arten wird berichtet, dass die gründenden Königinnen im Labor bis zu 1 ¼ Jahren ohne Nahrungsaufnahme überleben konnten. Aber das ist noch nicht alles, denn schließlich muss die Königin nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Brut am Leben halten und diese ebenfalls von den eigenen Reserven füttern. Hierzu dienen vor allem die Eier. Immer wieder wird ein Teil der gelegten Eier an die Larven verfüttert oder die Königin verspeist sie selber ([[trophische Eier]]).
Dass bei dieser Art der Koloniegründung die Königinnen bis ans Äußerste ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit gehen müssen, erscheint klar. Deshalb konnten sich bei vielen Arten alternative Möglichkeiten der Bildung neuer Kolonien entwickeln.
Neben der unabhängigen Koloniegründung sind bei Ameisen im Laufe der Evolution noch die zwei folgenden Formen einer abhängigen Gründung entstanden.


Die heimischen Waldameisen (Formica s. str.) können fast alle auf diese Art gründen. Dazu sind sie abhängig von Wirtskolonien, der Untergattung Serviformica (z.B. Formica fusca). Deren Namen deutet diese Tatsache bereits an, denn wörtlich übersetzt heißt Serviformica „Diener-Formica“ oder „Hilfs-Formica“.


Die Vorteile dieser Art der Koloniegründung liegen auf der Hand. Hat die Königin es einmal geschafft in einer Kolonie akzeptiert zu werden, hat sie es so gut wie geschafft. Die Kolonie hat sich zum Beispiel bereits gegen feindliche Ameisen durchgesetzt und ein eigenes Revier, in dem sich genügend Nahrung für eine Kolonie dieser Größe befindet, es stehen von Anfang an genügend Arbeiterinnen zur Futterbeschaffung zur Verfügung, die sich sofort um eine hohe Anzahl von Nachwuchs kümmern kann, ... kurz: Die Königin übernimmt eine Kolonie, die alle kritischen Phasen der Gründung bereits hinter sich hat.


Diese Form der Gründung ist also eine abhängige Gründung, weil die Königin dazu der Hilfe einer anderen Art bedarf.
Lebt die Königin nun bei der Gründung nicht von der Flugmuskulatur (meist weil diese nicht so stark entwickelt ist) und geht selbstständig auf Beutesuche, dann nennt man das '''semiclaustral'''.
Aber wäre nicht auch eine abhängige Gründung denkbar, bei der die Königin in Abhängigkeit der eigenen und nicht einer fremden Art gründet?
Ja. Das ist nicht nur denkbar, sondern kommt auch vor. Man nennt diese Gründungsart jedoch trotzdem unabhängig, weil man unter Abhängigkeit nur die Inanspruchnahme einer fremden Art versteht. Die meisten Waldameisen wählen anstelle der temporär sozialparasitischen Gründung die folgende Form.


(Man darf bei der Evolution der verschiedenen Formen der Koloniegründung nicht übersehen, dass die claustrale Koloniegründung die höchst entwickelte Form zu sein scheint: Nur Arten mit großem [[Polymorphismus]], also erheblichen Größenunterschieden zwischen Königin und Arbeiterin, haben diese Möglichkeit! Die ursprünglichste Form scheint die Gründung durch eine einzelne Jungkönigin nach dem semiclaustralen Modus zu sein).


===Die unabhängige Koloniegründung durch Zweignestbildung (= Soziotomie)===
<gallery caption="Beginn einer claustralen Gründung in der Natur am Beispiel einer australischen Meat Ant, Gattung [[Iridomyrmex]]" widths="" heights="" perrow="5">
Bei dieser Art der Gründung kehrt das begattete Weibchen in ein Nest der eigenen Art zurück und wird dort aufgenommen. Meist befinden sich dann eh schon mehrere Königinnen in diesem Nest. So wächst das Volk schneller und die Königin kann sich die Mühe einer eigenen Gründung sparen. Irgendwann kommt es dann zur Zweignestbildung. Das heißt, dass ein Teil des Volkes mit einem Teil der Königinnen auswandert und meist nur wenige Meter weiter eine weitere Kolonie bildet, die aber nach wie vor mit dem ursprünglichen Nest in Verbindung steht. So können sich große und riesige Nestverbände bilden, sogenannte Superkolonien.
Findet man z.B. in engem Abstand mehrere große Waldameisenhügel, dann ist sehr wahrscheinlich, dass es sich hier um Zweignester ein und derselben Ursprungskolonie handelt.
Diese Form der Koloniegründung hat einen entscheidenden Vorteil: Die Kolonie lebt länger als die einzelne Königin. Wenn eine Ameisenart nur unabhängig durch einzelne Königinnen gründen kann (Fall 1), dann stirbt nach dem Tod der Königin früher oder später auch die Kolonie, weil kein Nachwuchs mehr produziert wird. Gründet eine Art hingegen auch durch Zweignestbildung und nimmt immer wieder begattete Königinnen der eigenen Art auf, dann wird eine verstorbene Königin schnell durch eine junge ersetzt.
Findet man also ein Waldameisennest an einer Stelle, wo schon vor 30, 50 oder gar 100 Jahren ein Ameisenhügel dokumentiert ist, dann handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls um eine Art, die eigene Königinnen aufnimmt.


Bild:Meat_eater_ant_qeen_excavating_hole.jpg|Beginn
Bild:Meat eater ant qeen excavating hole02.jpg|Nach 20 Sekunden
Bild:Meat eater ant qeen excavating hole03.jpg|Nach einer Minute
</gallery>


===Weitere Variationen===
===Sozialparasitismus===
Man darf sich diese Gründungsformen nicht als streng voneinander getrennte Möglichkeiten vorstellen. Eher trifft zu, dass es sich hierbei um Grundtypen handelt, bei denen verschiedene Mischformen und Variationen vorkommen können.
{{Hauptartikel|Sozialparasitismus}}
Wie schon erwähnt sind die Waldameisen meist in der Lage unabhängig durch Zweignestbildung (Fall 3) oder abhängig durch temporären Sozialparasitismus (Fall 2) zu gründen. Jede Strategie birgt Chancen und Risiken.
Eine räumliche Ausbreitung über Hürden von mehreren Kilometern hinweg (z.B. bis in den nächsten Wald) ist durch Zweignestbildung sehr mühsam, wenn nicht unmöglich. Dafür bietet es die Möglichkeit einen gut geeigneten Nistplatz voll auszunützen. Andererseits ist die sozialparasitische Gründung gefährlich und nur wenigen Weibchen gelingt es ein geeignetes Nest einer fremden Art zu finden und dort auch noch einzudringen. Dafür aber könnte dieser Ort dann der Beginn einer neuen Superkolonie sein.


Zudem gibt es auch Variationen der Gründung wie die Gründung in Pleometrose (im Grunde eine unabhängige Gründung durch einzelne Königinnen – Fall 1 – bei der mehrere Königinnen in einer Ameisen-WG gemeinsam gründen um so den Gefahren besser gewachsen zu sein.
Sozialparasitismus im engeren Sinn bezeichnet Parasitismus zwischen sozialen Insektenarten; s. a. [[Sklavenhaltung]], [[Dulosis]], [[temporärer Parasitismus]], [[Inquilinismus]], [[Xenobiose]], [[Gastameisen]]. Abgesehen von den Gastameisen (Xenobiose) sind Parasit und Wirt sehr eng verwandt; die Sozialparasiten sind phylogenetisch aus der Gruppe (Gattung, Tribus) ihrer Wirtsarten entstanden.


Eine weitere Variation dieser Strategien benützen die Treiberameisen (z.B. Eciton hamatum). Sie müssen von Anfang an eine große Kolonie zur Verfügung haben. Dazu spaltet sich diese zu einem bestimmten Zeitpunkt in zwei Teile. Der eine Teil zieht mit der alten (begatteten) Königin, der andere Teil mit einer einzigen (unbegatteten) Jungkönigin weiter. Weitere unbegattete „Ersatzköniginnen“ werden von einigen Arbeiterinnen bewacht zurückgelassen. Diese kleine Gruppe stirbt. Die Arbeiterinnen der unbegatteten Jungkönigin hingegen bringen so schnell als möglich Männchen zur Begattung ins Innere der Kolonie, so dass die Kopulation dort stattfindet.
====Die abhängige Koloniegründung durch temporären Sozialparasitismus====
[[Bild:DSCF4750.JPG|thumb|Königin von ''[[Lasius umbratus]]'' mit einer getöteten Wirtsarbeiterin, um deren Koloniegeruch aufzunehmen|right]]
Die Königinnen vieler Arten sind nicht in der Lage selbstständig eine Kolonie zu gründen. Sie benutzen hierfür stattdessen die unfreiwillige Unterstützung einer anderen Art. Frisch begattet suchen sie eine bereits bestehende Kolonie einer fremden (meist eng verwandten) Art. Durch verschiedene Tricks und Täuschungsmanöver, die fast immer auf der Basis von Geruchsstoffen ([[Pheromon|Pheromonen]]) funktionieren, gelingt es der Königin in die fremde Kolonie einzudringen, ohne dass sie als Fremde erkannt wird. Die sozialparasitäre Gründung erfolgt meist sehr unterschiedlich, am häufigsten zu beobachten sind wohl die Königinnen der Untergattung ''[[Chthonolasius]]''; manchmal zerbeißt deren Königin eine Arbeiterin um ihren Geruch anzunehmen. Im Nest einmal akzeptiert arbeitet sie sich bis ins Herz der Kolonie, der Kammer der Königin vor und tötet sie. Die Gründung von verschiedenen ''Chthonolasius''  Kolonien. Das kleine Weibchen von ''[[Lasius reginae]]'' tötet die Wirtsameisenkönigin selbständig durch einen Kehlbiss. Andere sozialparasitäre Arten töten die Königin gar nicht, beispielsweise bei ''Strongylognathus testaceus''. Da sich die jeweilige Wirtsameisenart im Laufe der Evolution an ihre "Feinde" angepasst hat (ebenso umgekehrt), geht diese Gründung oft schief. Es wurde schon beobachtet, dass die Wirtsameisen-Königin selbst das Weibchen der sozialparasitären Art umbringt, häufig wird die sozialparasitäre Königin von den Arbeiterinnen umgebracht. In anderen Fällen tötet die Königin gar nicht die Königin ihrer Wirtskolonie selbst, sie lässt diese Arbeit die Wirtsameisen übernehmen, welche sich gegen ihre eigene Königin wenden, da die sozialparasitäre stark bevorzugt wird. Ist die eigentliche Königin erst einmal beseitigt, pflegen die Arbeiterinnen die Brut der neuen fremden Königin, ohne zu bemerken, dass sich aus dieser Arbeiterinnen einer ganz anderen Art entwickelt. Sobald die sozialparasitären Ameisen relativ volksstark sind, werden die Wirtsameisen getötet und an die Larven verfüttert. Deshalb werden recht selten Mischkolonien aufgefunden. Bald deutet nichts darauf hin, dass die Kolonie einst von einer anderen Art gegründet wurde und erst später von einer anderen Art übernommen wurde
.
Diese Art der Gründung nennt man temporär sozialparasitisch. Temporär, weil sich der Parasitismus nur auf die Zeit der Gründungsphase bezieht. Sozial, weil die Leistung, die parasitisch in Anspruch genommen wird eben die sozialen Leistungen der gemeinschaftlichen Brutpflege, Verteidigung, Nahrungsbeschaffung, ... sind.


===Ameisen-Verhalten allgemein===
Es ist ein sehr einprägsames Bild, eine Ameisenstraße zu entdecken, auf der große, glänzend-schwarze Arbeiterinnen (''[[Lasius fuliginosus]]'') und kleinere, gelbe ''Lasius umbratus'' gemeinsam unterwegs sind, miteinander kommunizieren, Futter austauschen, gemeinsam Beutestücke transportieren. Für einen Fachkundigen ist dabei auf den ersten Blick offensichtlich, was hier passiert ist, denn ''Lasius fuliginosus'' gründet sozialparasitär bei weisellosen ''Lasius umbratus'' und die noch gemischte Kolonie dürfte wohl nur noch eine (bzw. mehrere) ''Lasius fuliginosus''-Königin(nen) besitzen und ist auf dem Wege eine reine ''L. fuliginosus''-Kolonie zu werden. Bemerkenswert dabei ist, dass ''Lasius umbratus'' seinerseits sozialparasitisch bei ''[[Lasius niger]]'', ''[[Lasius brunneus]]'' oder [[Lasius psammophilus]] gründet.
Ameisen haben wie alle Tiere, ein angeborenes, instinktives Verhalten. Dieses ist in über 100 Millionen Jahren Evolution entstanden, und es hat sich so bewährt, wie es die einzelnen Arten heute zeigen.  


Anders als einige höhere Tiere (Säugetiere, Vögel, …) kann man Ameisen nicht „lehren“, darauf  „dressieren“ oder daran gewöhnen, etwas zu tun, was sie nicht auch von Natur aus machen würden.  
Die heimischen Waldameisen (''Formica s. str.'') können fast alle auf diese Art gründen. Dazu sind sie abhängig von Wirtskolonien der Untergattung ''[[Serviformica]]'' (z. B. ''[[Formica fusca]]''). Deren Namen deutet diese Tatsache bereits an, denn wörtlich übersetzt heißt ''Serviformica'' „Diener-Formica“ oder „Hilfs-Formica“.


(Man spricht von „Bienendressur“. Dabei wird aber immer nur eine angeborene Lernfähigkeit genutzt: Nach wenigen Erfolgen an gelben Blüten von bestimmter Form und Größe kommen die Honigbienen immer wieder zu solchen Blüten; wenn ein Baum um 11: 00 am meisten Nektar absondert, kommen die Bienen auch an den folgenden Tagen um 11:00 zu diesem Baum).
Die Vorteile dieser Art der Koloniegründung liegen auf der Hand: Ist es der Königin erst einmal gelungen, in einer Kolonie akzeptiert zu werden, hat sie es so gut wie geschafft, eine [[Kolonieentwicklung#ergonomische Phase|langwierige Etablierungsphase]] entfällt. Die Kolonie hat sich zum Beispiel bereits gegen feindliche Ameisen durchgesetzt und ein eigenes Revier, in dem sich genügend Nahrung für eine Kolonie dieser Größe befindet, es stehen von Anfang an genügend Arbeiterinnen zur Futterbeschaffung zur Verfügung, die sich sofort um eine hohe Anzahl von Nachwuchs kümmern kann, ... kurz: Die Königin übernimmt eine Kolonie, die alle kritischen Phasen der Gründung bereits hinter sich hat.


'''Ameisen wissen nicht, was wir von ihnen erwarten, welches Verhalten wir uns von ihnen wünschen. Sie werden das auch niemals lernen.'''
Diese Form der Gründung ist also eine abhängige Gründung, weil die Königin dazu der Hilfe einer anderen Art bedarf.
Aber wäre nicht auch eine abhängige Gründung denkbar, bei der die Königin in Abhängigkeit von der eigenen und nicht einer fremden Art gründet?
Ja. Das ist nicht nur denkbar, sondern kommt auch vor. Die meisten Waldameisen wählen anstelle der temporär sozialparasitischen Gründung die [[Gründung#Die_abh.C3.A4ngige_Koloniegr.C3.BCndung_durch_Zweignestbildung_.28.3D_Soziotomie.29|Zweignestbildung]].


Aber wir '''Ameisenhalter können, nein MÜSSEN(!) wissen bzw. lernen, was die Ameisen erwarten'''. Auch sie erwarten nichts von uns (und meistens haben sie von uns auch nichts Gutes zu erwarten!). Sie brauchen einfach bestimmte Bedingungen, um ihr normales Verhalten zeigen zu können. So ist es an uns Haltern, dafür zu sorgen, dass sich die Ameisen normal verhalten können und dürfen!
====Die abhängige Koloniegründung durch permanenten Sozialparasitismus====
Hierbei gründen Königinnen einer Art bei einer anderen Art und sind für ihr gesamtes Leben auf die Versorgung durch die Wirtsart angewiesen; Beispiele sind [[Harpagoxenus sublaevis]] und [[Polyergus rufescens]]. Diese Form der Gründung und Versorgung kommt in Mitteleuropa überproportional häufiger als in den Tropen vor.<ref name="seifert">'''Bernhard Seifert''': ''Die Ameisen Mittel- und Nordeuropas''. lutra Verlags- und Vertriebsgesellschaft, Görlitz/Tauer 2007, ISBN 978-3-936412-03-1.</ref>
Teilweise sind die Sozialparasiten arbeiterinnenlos (z. B. bei [[Anergates atratulus]]), so dass nach dem Töten der Wirtskönigin - sofern dies geschieht - die Kolonie langsam zu Grunde geht.


'''Grundlegende Verhaltensmuster:'''
===Die abhängige Koloniegründung durch Zweignestbildung (= Soziotomie)===
Bei dieser Art der Gründung kehrt das begattete Weibchen in ein Nest der eigenen Art zurück und wird dort aufgenommen. Meist befinden sich dann ohnehin schon mehrere Königinnen in diesem Nest. So wächst das Volk schneller und die Königin kann sich die Mühe einer eigenen Gründung ersparen. Irgendwann kommt es dann zur Zweignestbildung. Das heißt, dass ein Teil des Volkes mit einem Teil der Königinnen auswandert und meist nur wenige Meter weiter eine weitere Kolonie bildet, die aber nach wie vor mit dem ursprünglichen Nest in Verbindung steht. So können sich große und riesige Nestverbände bilden, sogenannte [[Superkolonie]]n.
Findet man z. B. in engem Abstand mehrere große Waldameisenhügel, dann ist sehr wahrscheinlich, dass es sich hier um Zweignester ein und derselben Ursprungskolonie handelt.
Diese Form der Koloniegründung hat einen entscheidenden Vorteil: Die Kolonie lebt länger als die einzelne Königin. Wenn eine Ameisenart nur unabhängig durch einzelne Königinnen gründen kann (Fall 1), dann stirbt nach dem Tod der Königin früher oder später auch die Kolonie, weil kein Nachwuchs mehr produziert wird. Gründet eine Art hingegen auch durch Zweignestbildung und nimmt immer wieder begattete Königinnen der eigenen Art auf, dann wird eine verstorbene Königin schnell durch eine junge ersetzt.
Findet man also ein Waldameisennest an einer Stelle, wo schon vor 30, 50 oder gar 100 Jahren ein Ameisenhügel dokumentiert ist, dann handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls um eine Art, die eigene Königinnen aufnimmt.


1.) '''Verhalten gegenüber Licht und Dunkelheit''': Ameisen haben ihre Nester (mit Königin, Brut und Jungtieren) IMMER im Dunkeln, sei es in der Erde, in Holz, Pflanzengallen, oder in anderen Substraten. Selbst die aus Blättern zusammen gewebten Nester der Weberameisen sind innen nicht hell, allenfalls etwas dämmerig. Eine der wenigen Ausnahmen ist Polyrhachis muelleri (link), obwohl auch hier nur das Halbdunkel des Regenwaldes einwirken kann.
===Weitere Variationen===
Dem Licht ausgesetzt, werden Ameisen immer ihre Brut so rasch wie möglich in das nächst beste dunkle Versteck transportieren. Von dort aus wird dann ein organisierter Umzug in ein geeignetes neues Nest vorgenommen.
Man darf sich diese Gründungsformen nicht als streng voneinander getrennte Möglichkeiten vorstellen. Eher trifft zu, dass es sich hierbei um Grundtypen handelt, bei denen verschiedene Mischformen und Variationen vorkommen können.
 
Wie schon erwähnt sind die Waldameisen meist in der Lage unabhängig durch Zweignestbildung (Fall 3) oder abhängig durch temporären Sozialparasitismus (Fall 2) zu gründen. Jede Strategie birgt Chancen und Risiken.
2.) '''Verhalten im Hinblick auf Luft- und Bodenfeuchte''': Jede Ameisenart hat eine bevorzugte Feuchtigkeit im Nest. Diese ist Voraussetzung und Bedingung für eine erfolgreiche Brutaufzucht, oder sogar für das Überleben von Königinnen und Arbeiterinnen.
Eine räumliche Ausbreitung über Hürden von mehreren Kilometern hinweg (z. B. bis in den nächsten Wald) ist durch Zweignestbildung sehr mühsam, wenn nicht unmöglich. Dafür bietet es die Möglichkeit einen gut geeigneten Nistplatz voll auszunutzen. Andererseits ist die sozialparasitische Gründung gefährlich und nur wenigen Weibchen gelingt es ein geeignetes Nest einer fremden Art zu finden und dort auch noch einzudringen. Dafür aber könnte dieser Ort dann der Beginn einer neuen Superkolonie sein.
 
Im Normalfall (Freiland) herrscht im Nest zumeist ein Feuchtigkeitsgradient: Oben in Bodennähe trockener, tiefer in der Erde (oder unten im Stamm-/Wurzelbereich eines Baumstumpfes) wird es feuchter. Die Ameisen tragen ihre Brutstadien in den jeweils günstigsten Bereich, wobei die gesamte Brut manchmal mehrfach am Tage von unten nach oben und wieder zurück transportiert wird.
Als Halter müssen wir dafür sorgen, dass im Kunstnest ein solcher Feuchtigkeitsgradient dauernd aufrechterhalten wird, andernfalls kann die Brut verschimmeln oder vertrocknen.
 
Einige Ameisenarten, die in sehr kleinen Nestern leben (Temnothorax sp., Leptothorax sp.) haben nicht die Möglichkeit, etwa innerhalb einer bewohnten Haselnuss umzuziehen. Diese Arten sind hinsichtlich Feuchtigkeitsschwankungen toleranter als etwa bodenbewohnende Arten. Im Freiland haben sie jedoch die Möglichkeit, z.B. vorübergehend bei zu großer Trockenheit unter ihr Nest umzuziehen oder sogar ein paar cm tief in den Boden.
 
3.) '''Verhalten im Hinblick auf die Temperatur''': Hier gilt Ähnliches wie im Hinblick auf die Nestfeuchtigkeit: Ein Temperaturgradient (wie in der Natur: Oben warm, weiter unten im Nest kühl) muss geboten werden, so dass die Ameisen auch je nach ihren Bedürfnissen z.B. Puppen im wärmeren, trockeneren Bereich lagern können und jüngere Larven oder Eier in tieferen, kühleren Regionen. Die Präferenzen wechseln auch in Abhängigkeit vom Jahreszyklus.
 
4.) '''Koloniegründungs-Verhalten''': Es gibt verschiedene Varianten (s. ausführliche Darstellung in diesem Kapitel). Hier sei zuerst das Verhalten von selbständig gründenden Jungköniginnen genannt, die claustrale Koloniegründung betreiben. Als Beispiel soll Lasius niger dienen.
 
Die junge Königin streift sich unmittelbar nach dem Hochzeitsflug und nach der Begattung die Flügel ab. Sie läuft umher, oft nur für wenige Minuten, bis sie eine Stelle gefunden hat, an der sie sich rasch in den Boden eingraben, oder unter einem Holzstück bzw. Stein verstecken kann.
 
Sie formt einen sehr kleinen Hohlraum, in dem sie sich gerade mal umdrehen kann, und verschließt den Eingang mit der Erde, die sie aus der Gründungskammer gebuddelt hat. Der Verschluss bleibt erhalten, bis er von ihren ersten Arbeiterinnen geöffnet wird.
Die Königin legt fast unmittelbar danach ein paar Eier (ca. 10-20), oft Minuten nach dem Eingraben, oder nach wenigen Tagen. Danach erfolgt keine weitere Eiablage, es sei denn, dass Nähreier zum Füttern der aus den ersten Larven geschlüpften Larven abgelegt werden.
 
Sie füttert die jungen Larven hauptsächlich mit Sekreten aus den Kopfdrüsen, von Mund zu Mund. Sie beleckt Eier und Larven sehr häufig, wahrscheinlich um die Ansiedlung von Bakterien und Pilzen auf der Brut zu verhindern. Auch die Kokonpuppen werden immer wieder gewendet und beleckt. Schließlich hilft die Königin den jungen Arbeiterinnen beim Schlüpfen aus den Kokons. In der Zeit, in der die erste Brut im Puppenstadium liegt, werden einige weitere Eier gelegt. Die daraus schlüpfenden Larven können dann bereits von den ersten (Pygmäen-) Arbeiterinnen gefüttert und versorgt werden.
 
'''Weder die junge Königin allein, noch das nach Schlüpfen der Pygmäen vorhandene kleine Volk haben Tendenzen zum Nestumzug! Ein solcher ist in der Natur allenfalls eine Notreaktion'''. Eine Gründerkönigin mit den ersten Arbeiterinnen, oder gar die Königin allein, zwingen zu wollen, dass sie in ein Ytongnest etc. umziehen, ist falsch, weil völlig unnatürlich!
Hat sie "falsch gewählt" bei der Anlage der Gründungskammer, so wird sie zumeist im Winter sterben. In der aufgezwungenen, nicht selbst ausgewählten, Gründungskammer "Reagenzglas" geschieht das ja leider oft genug. Dann stellt sich das Umzugsproblem jedenfalls nicht mehr.  


Das junge Volk baut in der Regel das Nest von der Gründungskammer ausgehend weiter. Tunnel werden gegraben, zuerst in die Tiefe, so dass man zur Überwinterung in Bereiche mit etwas günstigerer Temperatur und besonders mit geeigneter Bodenfeuchtigkeit gelangen kann, dann aber auch in die Breite (z.B. unter einem Stein).
Zudem gibt es auch Variationen der Gründung wie die Gründung in [[Pleometrose]] (im Grunde eine unabhängige Gründung durch einzelne Königinnen – Fall 1 – bei der mehrere Königinnen in einer Ameisen-WG gemeinsam gründen um so den Gefahren besser gewachsen zu sein.


- weitere Arten mit abgewandeltem Koloniegründungsverfahren -
Eine weitere Variation dieser Strategien benutzen die [[Treiberameisen]] (z. B. ''[[Eciton hamatum]]''). Sie müssen von Anfang an eine große Kolonie zur Verfügung haben. Dazu spaltet sich diese zu einem bestimmten Zeitpunkt in zwei Teile. Der eine Teil zieht mit der alten (begatteten) Königin, der andere Teil mit einer einzigen (unbegatteten) Jungkönigin weiter. Weitere unbegattete „Ersatzköniginnen“ werden von einigen Arbeiterinnen bewacht zurückgelassen. Diese kleine Gruppe stirbt. Die Arbeiterinnen der unbegatteten Jungkönigin hingegen bringen so schnell wie möglich Männchen zur Begattung ins Innere der Kolonie, so dass die Kopulation dort stattfindet.


5.) '''Nestumzug:''' Der Umzug ganzer Ameisenvölker ist eine häufige Erscheinung. Heeresameisen (link) wechseln zeitweilig täglich den Neststandort (das Biwak). Formica sanguinea soll im Herbst in ein „Winternest“ umziehen, und im Frühjahr zurück in das „Sommernest“. Wohl alle Arten wechseln den Nistplatz, wenn dort eine oder mehrere der Grundbedingungen nicht mehr gegeben sind.
==Was ist bei der Gründung zu beachten?==
Bei Waldameisen (Formica rufa, F. polyctena und andere) sind im Sommer oft Nestumzüge über Wochen hinweg zu beobachten: Eine breite „Straße“ verbindet das alte Nest mit einem neuen Standort, manchmal nur wenige Meter entfernt, aber auch über 20 und mehr Meter Entfernung. Kennzeichen solcher Umzüge ist es, dass Arbeiterinnen andere Arbeiterinnen tragen (s. Rekrutierung), Brut, manchmal auch Königinnen. Gelegentlich herrscht im Volk Uneinigkeit darüber, ob der neue Standort wirklich besser ist als der alte. Dann erfolgen Transporte in beiden Richtungen, es sieht fast wie eine demokratische Abstimmung aus!
Möchte man Ameisen halten und zum Beispiel eine Königin beim Gründen beobachten, dann macht es Sinn, sich vorher Folgendes vor Augen zu halten:


Weitere Stichpunkte:
Ameisen wissen nicht, was wir von ihnen erwarten, welches Verhalten wir uns von ihnen wünschen. Sie werden das auch niemals lernen.
Aber wir Ameisenhalter können, nein MÜSSEN (!) wissen bzw. lernen, was die Ameisen erwarten.
(Siehe [[Verhalten: Allgemein]], dort ist auch ein Kapitel über Gründungsverhalten.)


- Rekrutierungsverhalten
==Siehe auch==
*[[Sozialparasitismus]]


- Kampfverhalten (agonistisches V.)
==Literatur==
Buschinger, A. (2009): Social parasitism among ants: a review. (Hymenoptera: Formicidae).- Myrmecol. News 12: 219-235. 
[http://www.myrmecologicalnews.org/cms/images/pdf/volume12/mn12_219-235_non-printable.pdf]
[http://www.myrmecologicalnews.org/cms/images/pdf/volume12/mn12_219-235_supplement.pdf]


- Nestbauverhalten
Eidmann H (1932) Beiträge zur Kenntnis der Biologie, insbesondere des Nestbaus der Blattschneiderameise Atta sexdens L. Zeit Morphol Ökol Tiere 25:154-183.


- Putzverhalten: Sich selbst reinigen:
Fernández-Marín H, Zimmermann JK, Wcislo WT (2004) Ecological traits and evolutionary sequence of nest establishment in fungus-growing ants (Hymenoptera, Formicidae, Attini). Biol J Linn Soc 81:39-48. Sehr wichtige Arbeit zur Koloniegründung von Blattschneiderameisen (Tribus Attini)!
http://www.stri.si.edu/sites/publications/PDFs/Wcislo_Fernandez-Marin%20et%20all%20(2004)%20BJLS.pdf 


- Putzverhalten: Gegenseitiges Putzen und Brut reinigen
Moutinho PRS, Nepstad DC (1993) Fine-root proliferation in deep dump chambers of a cutter ant (Atta sexdens), eastern Amazonia, Brazil. Bull Ecol Soc Am 74:368.


- Futterverteilungsverhalten
Weber NA (1972) Gardening Ants - The Attines. Philadelphia: The American Philosophical Society.


- Fütterung der Brut (z.B. Larven an Beutestücke ansetzen)
==Weblinks==
*[http://www.youtube.com/watch?v=vRFGXA4nmlI Video einer Gyne] von ''[[Camponotus herculeanus]]'' beim Abstreifen der Flügel


- Sexualverhalten
==Einzelnachweise==
<references/>


Usw.
[[Kategorie:Fachbegriffe]]

Aktuelle Version vom 20. Januar 2023, 10:07 Uhr

==Wie entsteht ein neuer Ameisen Sie sind cool ist diese Frage von großem Interesse, denn für sie heißt sie nichts anderes als „Werde ich es schaffen zu überleben?“.

Man muss nämlich wissen, dass (vereinfacht ausgedrückt) die ganze große Zahl der Arbeiterinnen eines Ameisenstaates nur dazu da sind, um der Königin die Fortpflanzung zu ermöglichen. Die Arbeiterinnen pflanzen sich in der Regel nicht selber fort, sondern allein der Königin ist es vorbehalten Nachwuchs zu produzieren. Anfangs vor allem Arbeiterinnen, später auch die männlichen und weiblichen Geschlechtstiere, die uns als geflügelte Ameisen hin und wieder begegnen, und die später dann wiederum selbst von einem Staat unterstützt Geschlechtstiere produzieren.

Nehmen wir einmal an, einem jungen Ameisenweibchen ist es gelungen, zum richtigen Zeitpunkt zum Hochzeitsflug aufzubrechen und von einem Männchen begattet zu werden ohne dabei Feinden zum Opfer zu fallen. Jetzt stellt sich für diese frisch gebackene Jungkönigin die eingangs erwähnte Frage: Wie kommt sie zu einer eigenen Kolonie?

Die Evolution hat hier drei Lösungsmöglichkeiten gefunden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen nutzen alle Ameisen weltweit eine der folgenden Wege zur Gründung einer Kolonie:

Die unabhängige Koloniegründung durch einzelne Königinnen (claustrale/semiclaustrale Gründung)

Begattete Gyne einer claustral gründenden Art

In diesem Fall gründet eine einzelne Königin ohne fremde Hilfe eine eigene Kolonie im wahrsten Sinne des Wortes: sie gründet sie von Grund auf. Meist vergräbt sie sich dazu in eine Gründungskammer und verschließt diese. Hier legt sie ihre ersten Eier, aus denen sich dann Larven, Puppen und später Arbeiterinnen entwickeln. Die geschlüpften Arbeiterinnen übernehmen dann die Brutpflege und nach und nach wächst der Staat zu seiner vollen Größe heran.

Camponotus herculeanus in ihrer Gründungskammer in Holz

Der zeitliche Verlauf einer unabhängigen Koloniegründung kann sehr unterschiedlich sein. Die Kolonien der in Deutschland einheimischen Camponotus ligniperdus oder C. herculeanus wachsen anfangs zum Beispiel sehr langsam, obwohl deren Völker später mehrere 10.000 Individuen zählen können. Nun ist es natürlich gefährlich für die junge Königin, die Gründungskammer verlassen zu müssen und auf Nahrungssuche zu gehen. Um dieser Gefahr zu entgehen, gründen die Königinnen mancher Arten derart abgeschlossen, dass die Königin die Gründungskammer nach der Eiablage nicht mehr verlässt. Man spricht dann von einer claustralen Gründung. Da es in den meisten Fällen aber Monate dauert, bis die ersten jungen Arbeiterinnen schlüpfen, muss die Königin in der Lage sein, diese lange Zeit ohne Nahrung zu überstehen. In unseren Breiten ist es meist so, dass die Königin nach dem Einschluss in die Gründungskammer Eier legt, aus denen sich noch vor Einbruch des Winters Larven bilden. Diese überwintern zusammen mit der Königin und verpuppen sich erst im nächsten Frühjahr. Wenn dann aus den Puppen die ersten Arbeiterinnen schlüpfen, die zum ersten mal die Gründungskammer verlassen und auf Futtersuche gehen, sind nicht selten 7 oder mehr Monate vergangen. In dieser Zeit lebt die Königin in erster Linie von Reserven aus ihrem Körper. Dazu gehört auch der Abbau der nun überflüssig gewordenen Flugmuskulatur. Von den oben erwähnten Camponotus-Arten wird berichtet, dass die gründenden Königinnen im Labor bis zu 1 ¼ Jahren ohne Nahrungsaufnahme überleben konnten. Aber das ist noch nicht alles, denn schließlich muss die Königin nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Brut am Leben halten und diese ebenfalls von den eigenen Reserven füttern. Hierzu dienen vor allem die Eier. Immer wieder wird ein Teil der gelegten Eier an die Larven verfüttert oder die Königin verspeist sie selber (trophische Eier). Dass bei dieser Art der Koloniegründung die Königinnen bis ans Äußerste ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit gehen müssen, erscheint klar. Deshalb konnten sich bei vielen Arten alternative Möglichkeiten der Bildung neuer Kolonien entwickeln. Neben der unabhängigen Koloniegründung sind bei Ameisen im Laufe der Evolution noch die zwei folgenden Formen einer abhängigen Gründung entstanden.


Lebt die Königin nun bei der Gründung nicht von der Flugmuskulatur (meist weil diese nicht so stark entwickelt ist) und geht selbstständig auf Beutesuche, dann nennt man das semiclaustral.

(Man darf bei der Evolution der verschiedenen Formen der Koloniegründung nicht übersehen, dass die claustrale Koloniegründung die höchst entwickelte Form zu sein scheint: Nur Arten mit großem Polymorphismus, also erheblichen Größenunterschieden zwischen Königin und Arbeiterin, haben diese Möglichkeit! Die ursprünglichste Form scheint die Gründung durch eine einzelne Jungkönigin nach dem semiclaustralen Modus zu sein).

Sozialparasitismus

Hauptartikel: Sozialparasitismus

Sozialparasitismus im engeren Sinn bezeichnet Parasitismus zwischen sozialen Insektenarten; s. a. Sklavenhaltung, Dulosis, temporärer Parasitismus, Inquilinismus, Xenobiose, Gastameisen. Abgesehen von den Gastameisen (Xenobiose) sind Parasit und Wirt sehr eng verwandt; die Sozialparasiten sind phylogenetisch aus der Gruppe (Gattung, Tribus) ihrer Wirtsarten entstanden.

Die abhängige Koloniegründung durch temporären Sozialparasitismus

Königin von Lasius umbratus mit einer getöteten Wirtsarbeiterin, um deren Koloniegeruch aufzunehmen

Die Königinnen vieler Arten sind nicht in der Lage selbstständig eine Kolonie zu gründen. Sie benutzen hierfür stattdessen die unfreiwillige Unterstützung einer anderen Art. Frisch begattet suchen sie eine bereits bestehende Kolonie einer fremden (meist eng verwandten) Art. Durch verschiedene Tricks und Täuschungsmanöver, die fast immer auf der Basis von Geruchsstoffen (Pheromonen) funktionieren, gelingt es der Königin in die fremde Kolonie einzudringen, ohne dass sie als Fremde erkannt wird. Die sozialparasitäre Gründung erfolgt meist sehr unterschiedlich, am häufigsten zu beobachten sind wohl die Königinnen der Untergattung Chthonolasius; manchmal zerbeißt deren Königin eine Arbeiterin um ihren Geruch anzunehmen. Im Nest einmal akzeptiert arbeitet sie sich bis ins Herz der Kolonie, der Kammer der Königin vor und tötet sie. Die Gründung von verschiedenen Chthonolasius Kolonien. Das kleine Weibchen von Lasius reginae tötet die Wirtsameisenkönigin selbständig durch einen Kehlbiss. Andere sozialparasitäre Arten töten die Königin gar nicht, beispielsweise bei Strongylognathus testaceus. Da sich die jeweilige Wirtsameisenart im Laufe der Evolution an ihre "Feinde" angepasst hat (ebenso umgekehrt), geht diese Gründung oft schief. Es wurde schon beobachtet, dass die Wirtsameisen-Königin selbst das Weibchen der sozialparasitären Art umbringt, häufig wird die sozialparasitäre Königin von den Arbeiterinnen umgebracht. In anderen Fällen tötet die Königin gar nicht die Königin ihrer Wirtskolonie selbst, sie lässt diese Arbeit die Wirtsameisen übernehmen, welche sich gegen ihre eigene Königin wenden, da die sozialparasitäre stark bevorzugt wird. Ist die eigentliche Königin erst einmal beseitigt, pflegen die Arbeiterinnen die Brut der neuen fremden Königin, ohne zu bemerken, dass sich aus dieser Arbeiterinnen einer ganz anderen Art entwickelt. Sobald die sozialparasitären Ameisen relativ volksstark sind, werden die Wirtsameisen getötet und an die Larven verfüttert. Deshalb werden recht selten Mischkolonien aufgefunden. Bald deutet nichts darauf hin, dass die Kolonie einst von einer anderen Art gegründet wurde und erst später von einer anderen Art übernommen wurde . Diese Art der Gründung nennt man temporär sozialparasitisch. Temporär, weil sich der Parasitismus nur auf die Zeit der Gründungsphase bezieht. Sozial, weil die Leistung, die parasitisch in Anspruch genommen wird eben die sozialen Leistungen der gemeinschaftlichen Brutpflege, Verteidigung, Nahrungsbeschaffung, ... sind.

Es ist ein sehr einprägsames Bild, eine Ameisenstraße zu entdecken, auf der große, glänzend-schwarze Arbeiterinnen (Lasius fuliginosus) und kleinere, gelbe Lasius umbratus gemeinsam unterwegs sind, miteinander kommunizieren, Futter austauschen, gemeinsam Beutestücke transportieren. Für einen Fachkundigen ist dabei auf den ersten Blick offensichtlich, was hier passiert ist, denn Lasius fuliginosus gründet sozialparasitär bei weisellosen Lasius umbratus und die noch gemischte Kolonie dürfte wohl nur noch eine (bzw. mehrere) Lasius fuliginosus-Königin(nen) besitzen und ist auf dem Wege eine reine L. fuliginosus-Kolonie zu werden. Bemerkenswert dabei ist, dass Lasius umbratus seinerseits sozialparasitisch bei Lasius niger, Lasius brunneus oder Lasius psammophilus gründet.

Die heimischen Waldameisen (Formica s. str.) können fast alle auf diese Art gründen. Dazu sind sie abhängig von Wirtskolonien der Untergattung Serviformica (z. B. Formica fusca). Deren Namen deutet diese Tatsache bereits an, denn wörtlich übersetzt heißt Serviformica „Diener-Formica“ oder „Hilfs-Formica“.

Die Vorteile dieser Art der Koloniegründung liegen auf der Hand: Ist es der Königin erst einmal gelungen, in einer Kolonie akzeptiert zu werden, hat sie es so gut wie geschafft, eine langwierige Etablierungsphase entfällt. Die Kolonie hat sich zum Beispiel bereits gegen feindliche Ameisen durchgesetzt und ein eigenes Revier, in dem sich genügend Nahrung für eine Kolonie dieser Größe befindet, es stehen von Anfang an genügend Arbeiterinnen zur Futterbeschaffung zur Verfügung, die sich sofort um eine hohe Anzahl von Nachwuchs kümmern kann, ... kurz: Die Königin übernimmt eine Kolonie, die alle kritischen Phasen der Gründung bereits hinter sich hat.

Diese Form der Gründung ist also eine abhängige Gründung, weil die Königin dazu der Hilfe einer anderen Art bedarf. Aber wäre nicht auch eine abhängige Gründung denkbar, bei der die Königin in Abhängigkeit von der eigenen und nicht einer fremden Art gründet? Ja. Das ist nicht nur denkbar, sondern kommt auch vor. Die meisten Waldameisen wählen anstelle der temporär sozialparasitischen Gründung die Zweignestbildung.

Die abhängige Koloniegründung durch permanenten Sozialparasitismus

Hierbei gründen Königinnen einer Art bei einer anderen Art und sind für ihr gesamtes Leben auf die Versorgung durch die Wirtsart angewiesen; Beispiele sind Harpagoxenus sublaevis und Polyergus rufescens. Diese Form der Gründung und Versorgung kommt in Mitteleuropa überproportional häufiger als in den Tropen vor.[1] Teilweise sind die Sozialparasiten arbeiterinnenlos (z. B. bei Anergates atratulus), so dass nach dem Töten der Wirtskönigin - sofern dies geschieht - die Kolonie langsam zu Grunde geht.

Die abhängige Koloniegründung durch Zweignestbildung (= Soziotomie)

Bei dieser Art der Gründung kehrt das begattete Weibchen in ein Nest der eigenen Art zurück und wird dort aufgenommen. Meist befinden sich dann ohnehin schon mehrere Königinnen in diesem Nest. So wächst das Volk schneller und die Königin kann sich die Mühe einer eigenen Gründung ersparen. Irgendwann kommt es dann zur Zweignestbildung. Das heißt, dass ein Teil des Volkes mit einem Teil der Königinnen auswandert und meist nur wenige Meter weiter eine weitere Kolonie bildet, die aber nach wie vor mit dem ursprünglichen Nest in Verbindung steht. So können sich große und riesige Nestverbände bilden, sogenannte Superkolonien. Findet man z. B. in engem Abstand mehrere große Waldameisenhügel, dann ist sehr wahrscheinlich, dass es sich hier um Zweignester ein und derselben Ursprungskolonie handelt. Diese Form der Koloniegründung hat einen entscheidenden Vorteil: Die Kolonie lebt länger als die einzelne Königin. Wenn eine Ameisenart nur unabhängig durch einzelne Königinnen gründen kann (Fall 1), dann stirbt nach dem Tod der Königin früher oder später auch die Kolonie, weil kein Nachwuchs mehr produziert wird. Gründet eine Art hingegen auch durch Zweignestbildung und nimmt immer wieder begattete Königinnen der eigenen Art auf, dann wird eine verstorbene Königin schnell durch eine junge ersetzt. Findet man also ein Waldameisennest an einer Stelle, wo schon vor 30, 50 oder gar 100 Jahren ein Ameisenhügel dokumentiert ist, dann handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls um eine Art, die eigene Königinnen aufnimmt.

Weitere Variationen

Man darf sich diese Gründungsformen nicht als streng voneinander getrennte Möglichkeiten vorstellen. Eher trifft zu, dass es sich hierbei um Grundtypen handelt, bei denen verschiedene Mischformen und Variationen vorkommen können. Wie schon erwähnt sind die Waldameisen meist in der Lage unabhängig durch Zweignestbildung (Fall 3) oder abhängig durch temporären Sozialparasitismus (Fall 2) zu gründen. Jede Strategie birgt Chancen und Risiken. Eine räumliche Ausbreitung über Hürden von mehreren Kilometern hinweg (z. B. bis in den nächsten Wald) ist durch Zweignestbildung sehr mühsam, wenn nicht unmöglich. Dafür bietet es die Möglichkeit einen gut geeigneten Nistplatz voll auszunutzen. Andererseits ist die sozialparasitische Gründung gefährlich und nur wenigen Weibchen gelingt es ein geeignetes Nest einer fremden Art zu finden und dort auch noch einzudringen. Dafür aber könnte dieser Ort dann der Beginn einer neuen Superkolonie sein.

Zudem gibt es auch Variationen der Gründung wie die Gründung in Pleometrose (im Grunde eine unabhängige Gründung durch einzelne Königinnen – Fall 1 – bei der mehrere Königinnen in einer Ameisen-WG gemeinsam gründen um so den Gefahren besser gewachsen zu sein.

Eine weitere Variation dieser Strategien benutzen die Treiberameisen (z. B. Eciton hamatum). Sie müssen von Anfang an eine große Kolonie zur Verfügung haben. Dazu spaltet sich diese zu einem bestimmten Zeitpunkt in zwei Teile. Der eine Teil zieht mit der alten (begatteten) Königin, der andere Teil mit einer einzigen (unbegatteten) Jungkönigin weiter. Weitere unbegattete „Ersatzköniginnen“ werden von einigen Arbeiterinnen bewacht zurückgelassen. Diese kleine Gruppe stirbt. Die Arbeiterinnen der unbegatteten Jungkönigin hingegen bringen so schnell wie möglich Männchen zur Begattung ins Innere der Kolonie, so dass die Kopulation dort stattfindet.

Was ist bei der Gründung zu beachten?

Möchte man Ameisen halten und zum Beispiel eine Königin beim Gründen beobachten, dann macht es Sinn, sich vorher Folgendes vor Augen zu halten:

Ameisen wissen nicht, was wir von ihnen erwarten, welches Verhalten wir uns von ihnen wünschen. Sie werden das auch niemals lernen. Aber wir Ameisenhalter können, nein MÜSSEN (!) wissen bzw. lernen, was die Ameisen erwarten. (Siehe Verhalten: Allgemein, dort ist auch ein Kapitel über Gründungsverhalten.)

Siehe auch

Literatur

Buschinger, A. (2009): Social parasitism among ants: a review. (Hymenoptera: Formicidae).- Myrmecol. News 12: 219-235. [1] [2]

Eidmann H (1932) Beiträge zur Kenntnis der Biologie, insbesondere des Nestbaus der Blattschneiderameise Atta sexdens L. Zeit Morphol Ökol Tiere 25:154-183.

Fernández-Marín H, Zimmermann JK, Wcislo WT (2004) Ecological traits and evolutionary sequence of nest establishment in fungus-growing ants (Hymenoptera, Formicidae, Attini). Biol J Linn Soc 81:39-48. Sehr wichtige Arbeit zur Koloniegründung von Blattschneiderameisen (Tribus Attini)! http://www.stri.si.edu/sites/publications/PDFs/Wcislo_Fernandez-Marin%20et%20all%20(2004)%20BJLS.pdf

Moutinho PRS, Nepstad DC (1993) Fine-root proliferation in deep dump chambers of a cutter ant (Atta sexdens), eastern Amazonia, Brazil. Bull Ecol Soc Am 74:368.

Weber NA (1972) Gardening Ants - The Attines. Philadelphia: The American Philosophical Society.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. ^ Bernhard Seifert: Die Ameisen Mittel- und Nordeuropas. lutra Verlags- und Vertriebsgesellschaft, Görlitz/Tauer 2007, ISBN 978-3-936412-03-1.