Chromosomen

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Chromosomen (griechisch für „Farbkörper“, weil sie sich mit bestimmten Substanzen speziell anfärben lassen) sind Strukturen, die Erbinformationen enthalten. Sie bestehen aus DNA, die mit vielen Proteinen verpackt ist. Diese Mischung aus DNA und Proteinen wird auch als Chromatin bezeichnet. Chromosomen sind in den Kernen der Zellen aller höheren Lebewesen vorhanden, also allen Tieren, Pflanzen und Pilzen. Die Anzahl der Chromosomen variiert über das Tier- und Pflanzenreich in weitem Umfang, unabhängig von der „Evolutionshöhe“ der einzelnen Spezies. Der Mensch hat in jeder Körperzelle (diploid) 46 Chromosomen, der Gorilla 48, der Hund 78, die Natternzunge (Pflanze) 480. Als Lebewesen mit der niedrigstmöglichen Chromosomenzahl n = 2 gilt eine Form des Pferdespulwurms, der aber auch 4 Chromosomen haben kann. Er ist das Lehrbuchbeispiel für besonders niedrige Chromosomenzahlen.

Aber das gibt es auch bei Ameisen, und so haben Männchen einer Form der Bulldog-Ameise Myrmecia pilosula tatsächlich nur ein einziges Chromosom in jeder Zelle!

Crosland, M.W.J.; Crozier, R.H.; 1986: Myrmecia pilosula, an ant with only one pair of chromosomes. Science 231, S.1278 )

Ansonsten sind bei Ameisen die Chromosomenzahlen recht variabel. Meist haben alle Individuen einer Art dieselbe Chromosomenzahl, während andere Arten derselben Gattung andere Chromosomenzahlen haben können. In manchen Gattungen sind die Zahlen für alle Arten identisch (Bsp. Myrmoxenus: 2n = 20 bei ca. 10 Arten der Gattung, und Formicoxenus: 2n = 30 bei sieben Arten der Gattung).

Auch innerhalb der Arten kommen Polymorphismen der Chromosomenzahl vor. So hat man bei der o.g. Myrmecia pilosula Chromosomenzahlen von 2n = 2, 3, 4, 9, 10, 15 und 17 bis 32 gefunden! Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass Myrmecia (pilosula) (von Imai et al. 1988 als "Komplex" so geschrieben!) eine Gruppe von mehreren kryptischen Arten darstellt. Die oben genannte Art mit 2n = 2 umfasst auch Populationen mit 2n = 3 bzw. 4. Ungerade diploide Zahlen entstehen durch Kreuzung von 2n = 2/halbe x 2n = 4/halbe, also eine Keimzelle mit n = 2 und eine mit n = 1 gibt diploid 2n = 3. (Vgl. auch Leptothorax kutteri, bei der in Mitteleuropa ein solcher Polymorphismus vorliegt).

Imai, H.T.; Taylor, R.W.; Crozier, R.H.; Crosland, M.W.J.; Browning, G.P.; 1988: Chromosomal polymorphism in the ant Myrmecia (pilosula) n=1. Annual Report National Institute of Genetics 38, 82-84.

Eine ungewöhnlich hohe Chromosomenzahl findet sich bei Myrmecia brevinoda mit 2n = 84, und die Ameisenart mit der höchsten Chromosomenzahl bei Ameisen ist ebenfalls in Australien beheimatet: Es ist die ursprünglichste lebende Ameise, Nothomyrmecia macrops, mit einer diploiden Chromosomenzahl von 2n = 92.

Taylor, R.W.; 1978: Nothomyrmecia macrops: a living-fossil ant rediscovered. Science 201, 979-985.

(A. Buschinger 08-06-18)

Ergänzung:

Robert W. Taylor (2015): Ants with Attitude: Australian Jack-jumpers of the Myrmecia pilosula species complex, with descriptions of four new species.

Zootaxa 3911 (4): 493–520. http://www.mapress.com/zootaxa/2015/f/z03911p520f.pdf (A. Buschinger (Diskussion) 11:12, 23. Jan. 2015 (CET))