Cataglyphis fortis

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Cataglyphis fortis
Systematik
Unterfamilie: Formicinae
Gattung: Cataglyphis
Art: Cataglyphis fortis
Weitere Informationen
Verbreitung: Nordafrika
Habitat: Wüsten
Wissenschaftlicher Name
Cataglyphis fortis

(Forel, 1902)

Cataglyphis fortis (Unterfamilie Formicinae) ist eine in Nordafrika lebende Wüstenameise.

Über ihre Orientierung bei der Suche nach Beute wird von Prof. Wehner an der Universität Zürich seit Jahrzehnten geforscht. In der Zeitschrift „Science“ Bd. 312, S. 1965-1967 vom 30. Juni 2006 erschien ein interessanter Artikel über die Orientierungsfähigkeiten, insbesondere die Wegmessung, von C. fortis.

Wie üblich haben einige Zeitschriften in populärer Weise über den Artikel berichtet, denn das scheinbare Zählen von Schritten zur Messung zurück gelegter Wegstrecken war Aufsehen erregend. Zudem wurden den Versuchstieren die Beine verkürzt bzw. mittels angeklebter Schweineborsten verlängert, womit sie sich „in die Irre führen“ ließen, d. h. auf dem Heimweg von einer Futterstelle zu früh nach dem Nest suchten, oder aber, nach Verlängerung von Beinen und Schrittweite, über das Ziel hinaus schossen.

Dass Ameisen zurückgelegte Entfernungen „messen“ können, ist lange bekannt. Ich selbst habe das zufällig beobachtet, als ich im Labor Raubzüge von Harpagoxenus sublaevis untersuchte. Ich wollte wissen, ob die Tiere sich an einer Geruchsspur oder optisch orientieren.

Testphase war der Abtransport der Puppen aus einem überfallenen Leptothorax-Nest, den zufällig nur eine Harpagoxenus-Arbeiterin durchführte, so dass sie über lange Zeit immer und immer wieder zwischen den beiden Nestern hin- und herlief.
(Buschinger, A., 1968: Untersuchungen an Harpagoxenus sublaevis NYL. (Hymenoptera, Formicidae). III. - Kopula, Koloniegründung, Raubzüge. Ins. Soc. 15, 89-104)
Der „podometrische Sinn“ der Ameisen war damals schon lange bekannt.

Wenn ich die Arena um 90 Grad gedreht habe während die transportierende Harpagoxenus gerade im abgedunkelten eigenen Nest war, lief sie beim nächsten Verlassen des Nestes um genau die 90 Grad in die „falsche“ Richtung. Orientierungshilfe war wohl eine Neonröhre über der Arena.

Das Auffällige war, dass sie nach raschem Zurücklegen der richtigen Entfernung (im Versuch ca. 20 cm) anhielt und Suchschleifen lief. Sie „wusste“ also auch, wie weit das Ziel (der Eingang des überfallenen Nestes) entfernt war und lief nicht weiter über diesen Punkt hinaus.

Was die Cataglyphis zusätzlich „können“, hat Prof. R. Wehner aus Zürich mit seiner Arbeitsgruppe in langjährigen Versuchen herausgefunden. Ein Ergebnis war, dass eine Ameise beim Auslaufen vom Nest nicht auf geradem Weg, sondern in unregelmäßigem Zickzack "suchend" herumläuft, bis sie auf eine Beute stößt. Und dann findet sie überraschenderweise exakt die richtige Richtung zum Nest, läuft auf geradem Weg dorthin, und „weiß“ auch, wie weit es etwa dorthin ist!

Sie muss also nicht nur die vielen Winkel nach rechts und links irgendwie „verrechnet“ haben, um dann für den Rückweg die resultierende Linie zu finden, sie hat auf dem Hinweg natürlich auch einen erheblich längeren Weg zurückgelegt als die gerade Strecke des Rückwegs, und sie muss auch das „berechnen“ können.

Die neue Arbeit (Wehner ist Mitautor) zeigt jetzt mit einer sehr eleganten Technik, wie die Tiere bei geradem Hin- und Rückweg die Entfernung abschätzen können. Wie aber machen sie es bei sehr ungleich langem Hin- und Rückweg?

Ich habe die Originalarbeit in „Science“ angefordert: Die Ameisen wurden darauf trainiert, in einer 10 m langen, geraden Aluminium-Schiene zu einer festen Futterstelle zu laufen, konnten also keinen Zickzack-Kurs steuern. An der Futterstelle wurden die Beinverlängerungen bzw. –verkürzungen vorgenommen. Die Ameise wurde mit einem Futterbrocken dazu motiviert, zum Nest zu laufen, und dabei konnte man Weglängen, Schrittlängen, Geschwindigkeit usw. messen, wobei auch Hochgeschwindigkeits-Videoaufnahmen ausgewertet wurden.

Da ich mir nicht ganz sicher war, ob und wie die Ameise auch nach einem „Zickzack-Hinweg“ die Strecke für einen geraden Rückweg „errechnet“, habe ich bei einem der Autoren, Herrn Dr. Wittlinger von der Universität Ulm, nachgefragt.

Aus seiner Antwort geht hervor, dass die Versuchsanordnung mit den geraden Schienen nur so gewählt wurde, um möglichst alle störenden Parameter auszuschalten.

Zitat Wittlinger: Normalerweise laufen die Tiere im offenen Feld (wenn sie nicht auf eine bestimmte Futtestelle trainiert sind) in mäandernder Art und Weise bis sie Futter finden und laufen auf direktem Wege zurück. Wie Sie bestimmt wissen ist diese so genannte Wegintegration ("path integration") eine annähernde Vektoraddition in der der Weg in Einzelvektoren aufgeteilt wird. Dadurch erhalten die Tiere einen resultierenden Vektor, der invers die Info über Richtung und Entfernung zum Ausgangspunkt beinhaltet. Die Wegstrecke wird nun eben durch Integration der Schritte ermittelt.

Der Versuch würde auch ohne Kanäle funktionieren und müsste auch bei Tieren nach natürlichen (mäandernden) Ausläufen nach der Manipulation der Beinlänge zu Fehleinschätzungen des Rücklaufvektors führen.

Die Tiere können also noch einiges mehr als man nach den Berichten in der Presse erwarten würde! Verständlich (und nicht ganz wissenschaftlich) ausgedrückt: Die Ameise läuft eine bestimmte Anzahl Schritte in eine Richtung, macht dann eine Schwenkung in eine andere Richtung, nach wiederum einer Anzahl von Schritten folgt eine weitere Richtungsänderung, und so weiter. Hat sie endlich Beute gefunden, kann sie aus den verschiedenen Richtungen UND der Anzahl der Schritte, die sie in die jeweilige Richtung getan hat, „ausrechnen“, in welcher Richtung das Nest ist UND wie viele Schritte sie machen muss, um in dieser Richtung auf geradem Weg dorthin zu gelangen.

Das erinnert an das „gegisste Besteck“ der Seefahrer vor GPS-Zeiten. (Gegisstes Besteck: Bestimmung des Schiffsorts durch Koppeln des Kurses und der zurückgelegten Strecken).

(A. Buschinger, 05. Juli 2006)