Benutzer:Sahal:Brut
Allgemein
Alle Ameisen durchlaufen in ihrem Leben 4 Stadien bis zum adulten Tier:
Ei -> Larve -> Puppe -> Imago
Die Brut der Ameisen bezeichnet die vorhandenen Stadien einer Ameisenkolonie vom Ei bis zur Puppe. Befruchtete Eier werden nur von einer (funktionellen) Königin gelegt, also kann nur diese in der Regel (s Thelytokie) für Nachwuchs an Arbeiterinnen in der Kolonie sorgen. Da die Brut für das Fortbestehen eines Ameisenstaates wichtig ist, verwenden die Kolonien viel Zeit und Arbeit auf die Brutpflege, v.a. die Larven können durchaus als Triebfeder der Kolonie angesehen werden. Neben der Säuberung von Ei und Larven und Fütterung der Larven wird die Brut immer in die zur Entwicklung günstigsten Bereiche getragen, wobei Feuchte und Wärme eine große Rolle spielen.
Bei bestimmten Kolonien ist die Brut auch der ständigen Gefahr eines Raubzuges ausgesetzt. So ist zB die Sklavenameise eine bevorzugte Beute für Sklavenhaltende Arten (Dulosis). Die Brut, vornehmlich Puppen, wird geraubt, im eigenen Nest großgezogen und dort zur Arbeit angehalten bzw in die sklavenhaltende Kolonie integriert. Eine weitere Ausbeute der Brut durch andere Arten ist die Lestobiose, bei der z.B. Solenopsis fugax (Diebesameise) und wahrscheinlich Monomorium pharaonis feine Gänge in die Brutkammern benachtbarter Kolonien treiben und dort die Brut als Nahrung rauben.
Eier
Eier haben eine ovale Form, sind von transparenter, heller bis weißer Farbe (Ectatomma mit schwarzen Eiern, Camponotus ligniperda mit senfgelben Eiern), hochglänzend und klebrig. Je nach Art kann die Größe variieren, jedoch sind die Eier immer sehr klein und oft kaum zu erkennen. Direkt nach dem Legen werden die Eier von den Arbeiterinnen zusammengetragen und meistens als "Eierpaket" zusammengeklebt, so sind die Eier schneller zu transportieren und trocknen langsamer aus. Königinnen in der Gründungsphase bewachen ihre Eier selbst oder tragen das Eierpaket zwischen den Mandibeln, nach Gruendung obliegt diese Aufgabe den Arbeiterinnen.
Aus den Eiern schlüpfen nach einigen Tagen oder Wochen (je nach Art, Temperatur und Feuchte verschieden) die Larven.
Bei akutem Eiweißmangel oder auch in der Gründungsphase können auch befruchtete Eier zur Deckung des Proteinbedarfes gefressen werden. Wird in einer Kolonie die Brut zum Großteil wieder gefressen oder "verschwindet" schlicht, sind dass direkte Hinweise auf eine Mangelernährung, insbesondere akutem Proteinmangel. Auch unbegattete Gynen einiger Arten fressen ihre Eier entweder kurz vor oder die Larven direkt nach Schlupf der Larven
Unbefruchtet
Unbefruchtete Eier sind oftmals optisch nicht von befruchteten zu unterscheiden. Abgesehen von einer unbegatteten Königin können unbefruchtete Eier verschiedene Gründete haben und müssen nicht immer auf einen Fehler/Mangel in der Kolonie hinweisen.
Ergatomophe einiger (niederer) Ameisenarten legen spezielle Futtereier. Dieses ist für sie der einzige Weg der Futterweitergabe, da sie in ihrer Entwicklung zum eusozialen Insekt noch keinen Sozialmagen zur Trophallaxis ausgebildet haben.
Da aus unbefruchteten Eiern idR nur Männchen schlüpfen, sind diese wichtig für einen bevorstehenden Schwarmflug, bei dem natürlich die notwendigen Männchen nicht fehlen dürfen. Wer nun genau in etablierten Kolonien die unbefruchteten Eier fuer die Männchen legt ist noch nicht fuer alle Arten erforscht und duerfte noch die ein oder andere Ueberraschung in den Gattungen bereithalten, in denen die Arbeiterinnen die Fähigkeit zur Eiablage noch nicht verloren haben. So ist zB fuer einige Formica bekannt, dass unbefruchtete Arbeiterinnen-Eier einen Teil der regulären Männchen stellen. Bei Oecophylla sind die Mechanismen dann nur unzureichend und/oder nicht gesichert bekannt.
Beachte hierzu auch den Artikel Thelytokie.
Larven
Lar|ve abgeleitet von lat. Lar, Plural: Lares (römische Schutzgottheiten)
Die Larven der Ameisen haben die Form einer Made und bestehen aus 14 Segmenten. Sie sind hell, feuchtglänzend, länglich mit einem spitzen Ende, an dem sich das Maul befindet. Entgegen anderen Insektenarten sind die Maden der Ameisen durch fehlende Gliedmaßen nur eingeschränkt mobil und bewegen sich kaum, lediglich der Kopf wird gerne zum Futter gedreht bzw als Bettel-Geste gereckt. Die Larven der Ameisen haben wie alle Insekten einen enormen Appetit und eine hohe Wachstumsrate, da Ameisen nur in diesem Stadium wachsen und ihre endgültige Masse erreichen müssen. Aufgrund der weichen, empfindlichen Haut benötigen sie eine hohe Feuchte und für einen guten Stoffwechsel mehr Wärme. Häufig werden die Larven getrennt von den Eiern und Puppen gelagert, da die Larven einen großen Appetit und andere Ansprüche an das Klima haben.
Die Larven benötigen für ihr Wachstum enorme Mengen an Proteinen, die aufgenommene Nahrung lässt sich als kleiner dunkler Fleck ungefähr in der Mitte der Larve erkennen. Hier schimmert der Verdauungstrakt durch die Haut, je dunkler die aufgenommene Nahrung, desto stärker ist dieser Fleck ausgeprägt. Die Larve besitzt noch keinen Darm und kann die aufgenommene Nahrung nicht ausscheiden... dieses geschieht erst im Puppenstadium.
Die Nahrung wird auf verschiedene Weise an die Maden weitergegeben.
- Sekrete: Die Arbeiterinnen nehmen Futter auf und verdauen dieses... durch die Kopfdrüsen (für Proteine) und die Speicheldrüsen (für Kohlenhydrate) werden nun nahrhafte Sekrete gebildet und den Larven verfüttert. Dieses geschieht entweder durch direkte Verfütterung an die Larven oder die Arbeiterin schluckt zunächst die Sekrete in Ihren Kropf ab und würgt diese dann bei Bedarf wieder hoch.
- Vorgekaut: Beutetiere werden außerhalb oder innerhalb des Nestes von den Arbeiterinnen zerkaut und in ihrem Sozialmagen gespeichert. In der Brutkammer wird der Futterbrei ausgewürgt und gezielt an die Larven gefüttert. Einige Arten nutzen sogar die Larven selber zum vorverdauen der Nahrung: den größeren Larven werden Futterteile in spezielle Gruben auf den "Bauch" gelegt, die Larven wuergen Verdauungsenzyme aus und der so vorverdaute Futterbrei wird von den Arbeiterinnen wieder aufgeleckt und an kleinere Larven verfüttert.
- Futterbrocken: Beutetiere werden nicht zerkaut, sondern zerlegt und ganze Stücke aus dem Fleisch getrennt. Diese Futterstückchen werden mit den Mandibeln zwischen die Larven gelegt, direkt zur Fütterung vor die Larven gehalten oder in spezielle Gruben den Larven auf den Bauch gelegt. Einige Arten tragen auch ihre Larven zu den Futtertieren und setzen sie an, so können sich die Larven selbstständig durch das Fleisch fressen.
Da die Ameisen nur im Larvenstadium wachsen können, lässt sich bereits an der Größe der kurz vor der Verpuppung stehenden Larven oder Präpuppe die Größe der Imagines abschätzen, bei den entsprechenden Arten auch mit etwas Übung die daraus entstehende Unterkaste.
Puppen
Die Puppenzeit einer Ameise bezeichnet die Metamorphose von der Larve zum Imago und wird als Mumienpuppe vollzogen. Bei Ameisen kommen zwei klare Formen vor: die Kokonpuppe und die Nacktpuppe. Der wesentlichste Unterschied besteht aus dem gesponnenen Kokon, der bei Nacktpuppen nicht vorhanden ist... daher auch Nacktpuppe. Alle Puppen benötigen keine Nahrung oder Pflege mehr, die Ameisen werden die Puppen nur an für ihre Entwicklung günstige Bereiche in den Nestern tragen.
Innerhalb der Puppe beginnt nun ein kompletter körperlicher Umbau (die Metamorphose), bei der die Beine und Fühler vollständig ausgebildet und der Körper in die für Insekten typische Dreigliederung (Kopf-Brust-Hinterleib) aufgeteilt wird. Auch bilden sich jetzt die Augen und Fresswerkzeuge der Ameisen. Die Zeitspanne der Metamorphose sowie das in der Metamorphose befindliche Insekt werden auch Puppenruhe genannt. Der Begriff "Chrysalis" wird bei Ameisen nicht verwendet.
Innerhalb der Puppenruhe findet kein eigentliches Wachstum mehr statt, somit kann anhand der Puppe, ebenso wie bei den Larven, bereits die Größe der Imago abgeschätzt werden… mit etwas Übung bei den entsprechenden Arten auch schon die verschiedenen Unterkasten.
Kokonpuppen
Die Kokonpuppen kommen vor allem bei den Schuppenameisen vor.
Bei dieser Form spinnt sich die Larve der Ameise zur Metamorphose in einen Kokon aus Seide ein, der erhärtet und der Puppe im Inneren somit Schutz bietet. Die Drüsen für den Spinnfaden sitzen nicht wie bei Spinnen am Hinterleib, sondern unter der Maulöffnung am Kopf. Die Puppen haben die Form eines großen Reiskorns, sind von beiger Farbe und haben eine seidenmatte Oberfläche. An einem Ende der Puppen findet sich immer, oder besser im Idealfall, ein schwarzer Punkt. Im Lavalstadium besitzt die Larve keinen ausgebildeten Magen-Darm-Trakt und kann die verdaute Nahrung nicht ausscheiden. Sobald sich in der Metamorphose der Magen-Darm-Trakt ausgebildet hat, werden die Verdauungsreste in den Kokon entleert und bildet diesen schwarzen Punkt. "Frische" Puppen haben also diesen schwarzen Punkt noch nicht, er entsteht erst nach einigen Tagen.
Indikator für einen bevorstehenden Schlupf ist ua eine "schlaffe" Puppe, der Kokon wirkt nicht mehr straff, ist leicht eingefallen oder faltig. Dieses ist jedoch von Art zu Art verschieden stark ausgeprägt.
Einige Ameisenarten verwenden den Kokon der geschlüpften Laven zur Auskleidung ihrer Brutkammer. Die Seide wirkt wahrscheinlich regulierend auf die Nestfeuchte. Oft finden sich diese Kokons jedoch in alten Gängen und Kammern, die von Ameisen nicht mehr genuzt und so aufgefuellt werden.
Eine Besonderheit bieten hier die Weberameisen der Gattung Oecophylla (mit zwei bekannten Arten Oecophylla smaragdina und Oecophylla longinoda) sowie mehreren Vertretern der Gattung Polyrhachis und einem Vertreter der Camponotus: Bei diesen Ameisen wird die abgesonderte Seide der Larven zum Nestbau verwendet. Oecophylla verwebt Blätter der bewohnten Pflanze zu einem Nest, Polyrachis dives kleidet mit den Spinnfäden die Wohnhöhle aus.
Nacktpuppen
Viele Ameisenarten verzichten während der Metamorphose vollkommen auf die Bildung eines Kokons und bilden sogenannte Nacktpuppen, die Puppe liegt m.o.w. schutzlos im Nest, ist somit wahrscheinlich anfälliger gegen Feuchteschwankungen und wird durch die Arbeiterinnen intensiver betreut. Nacktpuppen haben bereits sichtbar die Form der späteren Imagines und wirken wie schlafendend, aber auch Nacktpuppen werden während der Metamorphose nicht mehr gefüttert.
Indikator für einen bevorstehenden "Schlupf" sind hier vor allem die Augen der Puppe. Sobald die Augen als schwarze Punkte deutlich zu sehen sind, kann von einem baldigen Schlupf (oder hier besser Erwachen der Puppe) ausgegangen werden.
Nacktpuppen UND Kokonpuppen gemischt
Oft beschrieben sind Nacktpuppen bei Ameisenarten wie zB Lasius niger, die normalerweise nur Kokonpuppen ausbilden. Eine Erklärung hierfür scheint die Nestbeschaffenheit zu sein: die Larven finden keinen Halt am Untergrund und können so ihren Kokon nicht spinnen.
Schlupf
Der Begriff "Schlupf" mag im Zusammenhang mit Ameisen etwas irritierend sein, gerade im Hinblick auf die Nacktpuppen. Im Insektenbereich bezeichnet der Schlupf das Ende der Metamorphose.
Schluepfende Imagines werden oft von den Arbeiterinnen aus dem Kokon gezogen, was teilweise recht brutal aussehen kann. Dazu öffnen die Imagines den Kokon mit ihren Mandibeln, greifen die Puppe und zerren sie nicht selten mithilfe mehreren Imagines aus dem Kokon. Das anschliessende Putzen und belecken der jungen Ameise wird gerade von Anfängern oft als "Fressen" angesehen, stellt jedoch ein natürliches und notwendiges Verhalten dar!
Imago
Die Imago = adultes Insekt/geschlüpfte Ameise, Mehrzahl: die Imagines
Die Imagines besitzen nach dem Schlupf bereits ihre endgültige Größe und Form, da das Wachstum nur im Larvenstadium stattfindet. Jetzt erst lassen sich bei den entsprechenden polymorphen Arten die Unterkasten sicher unterscheiden.
Die frisch geschlüpften Imagines sind oft (zB bei Lasius niger) von sehr heller, durchscheinender Farbe, lediglich die Augen zeichnen sich als schwarze Punkte ab; bei anderen Arten, wie zB Camponotus ligniperda, schlüpfen die Imagines bereits fast aufgefärbt. In den ersten Stunden sind die Imagines noch fast oder gänzlich regungslos, das Exoskelett (die Cuticula) muss noch aushärten. Mit zunehmender Aushärtung nimmt die Aktivität zu und die Imagines erlangen langsam ihre endgültige Farbe, was durchaus einige Tage dauern kann. In dieser Zeit werden die Imagines von den älteren "Kolleginnen" gefüttert, beleckt und nur scheinbar brutal umhergezerrt oder gebissen.
Entwicklungszeiten
Die Entwicklungszeit vom Ei bis zum adulten Tier unterliegt von Art zu Art starken Schwankungen. Genauere Angaben können der jeweiligen Artbeschreibungen entnommen werden. Die Entwicklungszeiten der Brut unterliegen verschiedenen, m. o. w. stark beeinflussenden Faktoren. Da Insekten wechselwarme Tiere sind, ist der stärkste Faktor die Temperatur. Je niedriger die Temperatur, desto länger wird die Entwicklung dauern. Aber auch zu hohe Temperaturen wirken sich negativ auf die Kolonie aus !
Weiterhin ist die Proteinzufuhr während des Larvenstadiums für die Entwicklung verantwortlich.
Gründungsphase
In der Gründungsphase hat die Königin naturgemäß bei monogynen Arten noch keine Hilfe zur Aufzucht der Brut. Ausgenommen hier natürlich sozialparasitäre oder polygyne Königinnen, die sich in eine bestehende Kolonie einnisten. Die Königin während der Gruendung von ihren Reserven, wie ihrer nicht mehr benötigten Flugmuskulatur und bereits im Mutternest angelegter Fettreserven, claustral gründende Arten benötigen bis zur Entwicklung der ersten Arbeiterinnen also außer Wasser keinerlei Nahrung. Die aufgezogenen Larven werden mit speziellen Nahrungssekreten der Königin gefüttert, ebenfalls aus den Reserven der Königin, teilweise werden gelegte Eier auch wieder an die Larven verfüttert, um den Proteinbedarf der Larven zu decken. Mit dem Schlupf der ersten Arbeiterinnen wird die Brutpflege von diesen übernommen und Nahrung in Form von zB Insekten herangeschafft. Da diese Form der Gruendung rein aus den Reserven der Königin erfolgt und die Resourcen somit stark begrenzt sind, haben alle claustral gruendenden Arten eine besondere Strategie entwickelt: die erste Brut besteht nur aus deutlich kleinen Arbeiterinnen, sogenannten Pygmäen.
Kasten
Geschlechtstiere
Die männlichen Geschlechtstiere entstehen aus unbefruchteten Eiern.
Die weiblichen Geschlechtstiere (Gynomorphe) entstehen aus befruchteten Eiern, werden jedoch anders gefüttert als die Larven, aus denen Arbeiterinnen entstehen. Bei allen Arten werden die Larven der Jungköniginnen besonders gut und reichhaltig gefüttert, bei höher entwickelten Arten kommt noch ein spezielles Drüsensekret der Arbeiterinnen hinzu oder (bei Formica nachgewiesen) die Königin stattet zusätzlich bereits die Eier, aus denen die Jungköniginnen schlüpfen sollen, besonders reichhaltig und mit Zusatzstoffen aus.