Paraponera clavata

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Paraponera clavata

Paraponera clavata, auch "24-Stunden-Ameise" oder "tropische Riesenameise" genannt, ist eine der größten Ameisenarten der Welt. Sie ist die einzige rezente Vertreterin aus der Unterfamilie Paraponerinae. Neben ihr ist nur die fossile Art Paraponera dieteri bekannt. P. clavata lebt entlang der atlantischen Küste von Süd- und Zentralamerika, einschließlich Costa Rica, sowie im gesamten Amazonasbecken bis zu den Anden. Sie siedelt bis zu 500 m ü. NN.

Die Arbeiterinnen sind 1,8 bis 2,5 cm lang und haben einen schwarzen, manchmal leicht bräunlichen Thorax. Die Königinnen werden 2,5 bis 3 cm groß. Die Vorderbeine von Arbeiterinnen sowie Königinnen sind goldfarben, Körper und Beine sind behaart.

Ihre Nahrung besteht zu 80 bis 90 Prozent aus Kohlenhydraten, die vornehmlich in Form von Pflanzenteilen oder Nektar aufgenommen werden. Zusätzlich wird auch Insektenbeute eingetragen, wenn auch nur in geringem Ausmaß. Es ist für derart große und wehrhafte Ameisen überraschend, dass sie tatsächlich sehr viel "Saft" (sap) ins Nest bringen; 77% der furagierenden Arbeiterinnen tragen bei der Rückkehr zum Nest Tropfen (wohl von extrafloralem Nektar?) zwischen den geöffneten Mandibeln.

Paraponera clavata ist nicht aggressiv, außer wenn sie ihr Territorium verteidigt. Die Art gilt als sehr gelehrig und kann sich gut in ihrer Umgebung zurechtfinden und sich diese sehr schnell einzuprägen. Die Kolonien haben nur einige tausend Individuen und sind im Vergleich zu anderen Ameisenarten eher klein (die Größen einiger ausgezählter Kolonien werden von Keller 1993 mit 708, 1329 bzw. 2326 Individuen angegeben). Die Nester werden mit Vorliebe im Basisbereich größerer Bäume angelegt, in Ausnahmefällen werden Astregionen besiedelt. Bei Erregung kann Paraponera clavata dank eines speziellen Organs an der Gaster laut stridulieren und somit ihre Feinde einschüchtern und ihr Revier abgrenzen.

Ihr Stachel verabreicht ein starkes Gift, mit dem sie Beutetiere lähmt oder Angreifer abweist. Beim Menschen verursacht der Stich heftigste Schmerzen. Der Stich wird als der schmerzhafteste Insektenstich überhaupt bezeichnet (nach Stich-Schmerzindex Schmidt). Die Schmerzen werden oft beschrieben, als würde man bei lebendigen Leib verbrennen. Sie lassen nach etwa 24 Stunden nach - daher der deutsche Name der Art. Eine sofortige Behandlung des Stiches mit Eiswasser und nachfolgender Einnahme von Benadryl-Kapseln (Antihistamin) mildert die Schmerzen. Das Gift, Poneratoxin (Neurotoxic pentacosapeptide) hinterlässt keine bleibenden Schäden im Gewebe.

Bericht zur Morphologie der Arbeiterinnen

Im Freiland ist P. clavata nicht einfach zu fotografieren. Die besten Bilder im Netz finden sich hier: http://www.myrmecos.net/ants/paraponera.html

Von meinen eigenen Versuchen seien nur zwei Bilder gezeigt (Peru, Tambo Eori am Alto Rio Madre de Dios, 470 m, 13.10.07). – Die vielen Haare und die runzlige Oberfläche erzeugen zahlreiche Reflexe, und wegen der recht raschen Bewegungen ist es schwer, eines der Tiere richtig scharf zu bekommen.


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Bild 1: Nachdem wir ein Nest entdeckt hatten, unter dem Wurzelstock eines Baumes, kamen zahlreiche Ameisen heraus, als einer der Guides mit der Machete heftig an den Baum schlug.


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Bild 2: Eine Arbeiterin auf einem Blatt in stärkerer Vergrößerung. Trotz teilweiser Unschärfe ist der „gelbe“ Vorderfuß zu erkennen. In Wahrheit handelt es sich dabei um eine dichte, gelb- bis rostrote Haarbürste (s. u.).


Im Internet sind kaum Angaben über das Aussehen bzw. die Einzelheiten der Morphologie von P. clavata zu finden. Die Beschreibungen enthalten keine, oder aber falsche zeichnerische Darstellungen. Unter dem Binokular fielen mir einige Besonderheiten im Bau der Tiere auf, die mit den nachfolgenden Bildern erläutert werden sollen. Leider gibt es zwar einige Veröffentlichungen über Verhalten, Ernährung, Rekrutierung usw., aber ich fand nichts über die anatomischen Gegebenheiten, etwa den Bau des Verdauungstraktes oder der Geschlechtsorgane. Angesichts der ungewöhnlichen Morphologie der Tiere sollte eine Untersuchung der inneren Organe lohnend sein: Mir erscheint diese Art, die einzige rezente ihrer Unterfamilie, mindestens so ungewöhnlich, ja archaisch, wie die berühmte „Dinosaurier-Ameise“ Nothomyrmecia macrops aus Australien!


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Bild 3: Ein Merkmal von P. clavata ist die zweigeteilte Fühlergrube mit einem dorsal (v) und einem ventral (h) vom Auge liegenden Teil. Beide Schenkel treffen sich in einem Winkel hinter dem Auge (im Bild oben). Zu erkennen ist auch das große, stark gewölbte Komplexauge sowie einer der beiden charakteristischen Höcker („Dornen“) auf dem Pronotum.


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Bild 4: Seitenansicht von Kopf, Thorax und Petiolus. K = Kopf; P = Pronotum; Ms = Mesonotum; Mt = Metanotum; E = Epinotum. Die Naht zwischen Ms und Mt ist deutlich zu sehen, oberhalb des M von Mt ist die Abgrenzung des Epinotums zu erkennen. Auffallend ist, dass das Epinotum sehr weit nach vorne ragt, bis fast an den Hinterrand des Pronotums! Ein in Höhe des „E“ senkrecht geführter Querschnitt durch den Thorax würde Epinotum, Meta- und Mesothorax treffen, eine sehr ungewöhnliche Konstruktion!


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Bild 5: Seitenansicht des Thorax (der Kopf wäre links). P = Pronotum; Ms, Mt = Meso- und Metanotum; E = Epinotum (die beiden schrägen Striche kennzeichnen seine vordere und hintere Begrenzung); H = Coxa des Hinterbeins, das ja unten am Metanotum ansitzt.


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Bild 6: Der auffallend geformte Petiolus von P. clavata. Links = vorn. Der helle Punkt vor St ist das Stigma des Petiolus. Ventral (vD) sitzt ein nach unten gerichtetes Dörnchen.


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Bild 7: Vorderbein von P. clavata mit goldgelb bis bräunlich gefärbter Putzbürste unter dem basalen Tarsusglied. An dessen Basis (rechts) ist eine Einsenkung, eine Putzscharte, zu erkennen, der ein Putzkamm am Ende der Tibia (Unterschenkel) gegenübersteht. Dieser Putzapparat, der auch bei anderen Ameisen vorkommt, dient v.a. der Reinigung der Antennen, die häufig durch die Putzscharte gezogen werden.


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Bild 8: Kopf frontal mit geöffneten Mandibeln. Die mächtigen Kiefer sind nur wenig bezahnt, ein Hinweis auf die eher weniger räuberische Lebensweise von P. clavata. Darunter (braun) sind die übrigen Mundwerkzeuge, also Maxillen und Labium (Unterlippe).


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Bild 9: Rechts von dem S ist eine schräg von links oben nach rechts unten weisende Spalte mit wulstigen Rändern zu sehen: Das Stigma des Epinotums. Bei anderen Ameisen erscheint es zumeist rund oder schwach oval. Rechts von MtD leuchten einige Flecken mit helleren Farbtönen: Das sind die Hohlräume (Reservoire) der Metathorakaldrüse, die stets das Hinterende des Metathorax markiert. Unter „MtD“ ist die Coxa des linken Mittelbeines zu sehen. Das linke Hinterbein, das unterhalb der Metathorakaldrüse ansetzen würde, wurde komplett entfernt (einschließlich der Coxa) um den Blick auf den Ansatz des Petiolus freizugeben (der im Bild allerdings nicht scharf ist).


(A. Buschinger, 07.11.2007)

Literatur

  • Hermann, H.R. (1975): Crepuscular and nocturnal activities of Paraponera clavata (Hymenoptera: Formicidae: Ponerinae). Entomological News 86, 95-98. (Eine recht ausführliche Untersuchung des nächtlichen Furagier-Verhaltens von Paraponera clavata)

Weblinks