Diacamma

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Die Gattung Diacamma gehört zu der Unterfamilie Ponerinae. Sie ist mit ca. 30 schwer unterscheidbaren Arten und zahlreichen Unterarten im südostasiatischen Raum verbreitet. Die Völker leben in Bodennestern, aber gelegentlich auch in hohlen Ästen oder Bambusstängeln. Die Völker umfassen selten mehr als 100 – 200 Individuen. Sie sind räuberisch, fressen aber auch Aas, und benötigen für eine geregelte Brutaufzucht sehr viel und v.a. sehr oft frische Insektenbeute.

Wie bei Ponerinen üblich haben sie einen kräftigen Wehrstachel (Bild 1). Der Stich ist wenig schmerzhaft (zumindest bei den von uns in Java bzw. Malaysia untersuchten Arten), der leichte Schmerz lässt innerhalb von Minuten wieder nach. Eine Besonderheit der Gattung (also aller bekannten Arten) ist die Tatsache, dass eine morphologisch erkennbare Königinnenkaste fehlt: Es gibt keinerlei geflügelte Weibchen (die Männchen sind normal flugtüchtig). Die weiblichen Tiere sehen untereinander alle völlig gleich aus und haben einen schlanken Thorax, so, wie man das bei Arbeiterinnen normaler Ameisen gewohnt ist.

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Anders als bei sonstigen „königinlosen“ Ameisen jedoch schlüpfen alle weiblichen Tiere mit einem Paar gelblich-roter Anhängsel am Thorax, an der Stelle, wo sonst die Flügel zu sitzen pflegen (Bild 2, deutlich hervorgehoben). Diese Anhängsel sind vermutlich auch reduzierte, abgewandelte Flügel. Sie werden als „Gemmae“ bezeichnet (Einzahl Gemma), ein englischer Begriff für Knospe, aber auch das, was wir als „Gemme“, ein Schmuckstück, bezeichnen.

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Mustert man die Tiere einer Kolonie durch, so findet man jedoch stets nur ein Tier mit solchen Gemmae: Es ist die (funktionelle) Königin! Ihre Ovarien sind voll entwickelt, sie legt Eier, und sie hat die Spermathek mit Sperma gefüllt. Diese Königin nun beißt bei fast jeder neu schlüpfenden Tochter deren Gemmae ab und macht sie damit unwiderruflich zur funktionellen Arbeiterin! – Kastendetermination im Adultstadium. Bild 3 zeigt eine solche Arbeiterin. An der Stelle der Gemma ist nur eine glänzende Grube zu erkennen.

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Nach einer neueren Arbeit ( http://ant.edb.miyakyo-u.ac.jp/AZ/RWTaylorPreprint.pdf ) erfolgt die Gründung neuer Kolonien durch Aufspaltung: Die alte Königin verlässt mit Arbeiterinnen das Nest (ähnlich dem Schwärmen der Honigbienen) und lässt Arbeiterinnen mit Puppenkokons zurück. Die daraus schlüpfenden Jungweibchen versuchen sich gegenseitig die Gemmae abzubeißen. Ein Tier, meistens das zuerst geschlüpfte, behält die Gemmae. Dieses Tier verlässt das Nest, lockt mit einem Sexualpheromon Männchen an, wird begattet und kehrt als Königin in das Nest zurück. (Der o.g. Text trägt keine Jahreszahl, ist aber in oder nach 2004 entstanden).

Die Paarung einer japanischen Diacamma-Art wurde in Belgien untersucht. Die Verhängung dauert mehrere Stunden; das Männchen wird in dieser Zeit vom Weibchen bzw. seinen Nestgenossinnen getötet. Das Sperma wird in einer gelatinösen Hülle, einer Spermatheca, übertragen. (Allard D., Gobin B., Ito F., Tsuji K. & Billen J. (2002) Sperm transfer in the Japanese queenless ant Diacamma sp. (Hymenoptera, Formicidae). Netherlands Journal of Zoology 52: 77-86. PDF-download hier: http://bio.kuleuven.be/ento/publicat.htm ).

Die Begattung des jungen Weibchens ruft Veränderungen im Fortpflanzungstrakt der dann jungen Königin (oder Gamergaten) hervor, dessen Strukturen zur vollen Funktionstüchtigkeit heranreifen. Das Entfernen der Gemmae hemmt die Entwicklung der Bursa copulatrix (Begattungstasche) und der Spermathek (Samentasche), die schließlich degenerieren. Eine solche „Arbeiterin“, ohne Gemmae, kann also auch später nicht mehr begattet werden. (Allard D., Ito F., Gobin B., Tsuji K. & Billen J. (2005) Differentiation of the reproductive tract between dominant and subordinate workers in the Japanese queenless ant Diacamma sp. Acta Zoologica 86: 159-166. PDF-download hier: http://bio.kuleuven.be/ento/publicat.htm ).


Die Farbunterschiede in den Abbildungen sind durch unterschiedliche Beleuchtung bedingt. Die Tiere sind alle durchgehend schwarz, abgesehen von den Gemmae.

(Nach A. Buschinger: Gemmae – Kronjuwelen der Königin. Ameisenschutz aktuell 15, 2001, S. 37-40. Dort ist auch weitere Originalliteratur angegeben. Ergänzt 13.12.06)