Ameisenzucht
Ameisenzuchd
Hier geht es um die Zucht von Ameisen, über Generationen hinweg, nicht um die Haltung, in der jährlich ein- oder mehrmals Gelege zu Arbeiterinnen bzw. auch zu Geschlechtstieren aufgezogen werden können (oft fälschlich „Generationen“ genannt, siehe Generationen und Bruten).
In den Ameisenhalter-Foren ist die (Nach-) Zucht von Ameisen ein immer wiederkehrendes Thema, zu dem auch immer wieder unrichtige und fragwürdige Vorstellungen geäußert werden.
Kann man Ameisen züchten? Die Antwort ist eindeutig „ja“.
Das „aber“: Man kann längst nicht alle Arten züchten, wobei dies allerdings nur bei einem winzigen Bruchteil der > 12.500 beschriebenen Arten überhaupt versucht wurde.
Weshalb werden so wenige Ameisen gezüchtet? Es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen der professionellen Zucht für Forschungszwecke und den Zuchtversuchen durch Ameisenhalter, die ganz gelegentlich mal zum Erfolg führen, die aber auch bereits zu finanziell gravierenden Misserfolgen geführt haben.
Die wirtschaftliche Seite ist wohl einleuchtend: Der Absatz an nachgezüchteten Ameisen ist/wäre zu gering um in professionelle Forschung über Bedingungen und Möglichkeiten der Zucht hinreichend Geld, Arbeit und Zeit zu investieren; es lohnt sich nicht. Viele Arten werden bei weitem billiger im Freiland eingesammelt, sei es in Mitteleuropa, oder in exotischen Ländern, von wo die Tiere importiert werden (sämtliche Transportschäden und –verluste eingerechnet, wie man das auch von anderen Terrarien- und Aquarientieren kennt).
Ein weiterer Grund besteht wohl auch darin, dass die Nachfrage nach bestimmten Arten sehr rasch wechselt, oft angeregt durch die Angebote der Ameisenhändler. Jahre lange Zuchtversuche an einer bestimmten Art sind hinfällig, so lange immer wieder „neue“, scheinbar spannendere Arten auf den Markt geworfen werden.
Welche Arten werden/wurden für die wissenschaftliche Forschung gezüchtet?
Die Pharaoameise Monomorium pharaonis wurde und wird bereits seit Jahrzehnten in diversen Forschungseinrichtungen gezüchtet. Der Grund für das Interesse ist vor allem die Suche nach geeigneten Möglichkeiten zur Bekämpfung dieser weltweit verschleppten Schadameisen. Ein anderer Grund war die Aufklärung der Lebensweise, der Entwicklung, der Generationenfolge usw..
Auch weitere Ameisenarten wurden/werden aus denselben Gründen gezüchtet. – Hier sind Ergänzungen erwünscht!
Im Institut für Zoologie der TU Darmstadt, Fachbereich Biologie, wurden in > 30 Jahren etliche Arten von sozialparasitischen und frei lebenden Ameisenarten gezüchtet. Der Grund dafür war die Aufklärung der Lebensweise der einzelnen Arten, ihrer Verwandtschaft zueinander, sowie der Genetik des Königinnen-Polymorphismus, der einige Arten auszeichnet. Folgende Arten wurden mit Erfolg gezüchtet, über mindestens eine, zum Teil aber auch über fünf und mehr Generationen:
- Anergates atratulus
- Chalepoxenus brunneus
- Chalepoxenus kutteri
- Chalepoxenus muellerianus
- Formicoxenus nitidulus
- Harpagoxenus sublaevis
- Harpagoxenus canadensis
- Leptothorax kutteri
- Leptothorax pacis
- Leptothorax goesswaldi
- Leptothorax faberi
- Leptothorax pocahontas
- Myrmecina graminicola
- Myrmoxenus adlerzi
- Myrmoxenus algerianus
- Myrmoxenus bernardi
- Myrmoxenus birgitae
- Myrmoxenus corsicus
- Myrmoxenus kraussei
- Temnothorax minutissimus
- Wasmannia auropunctata
Solche Zuchten werden nicht aus wirtschaftlichen Gründen entwickelt und durchgeführt, denn diese Ameisen lassen sich nicht verkaufen, bzw. nicht in einem lohnenden Umfang.
Wozu Forschung auch an und über Ameisen?
Kommerzielle wissenschaftliche Forschung soll sich naturgemäß lohnen. Die Ergebnisse sollen direkt vermarktet werden können (medizinische, pharmakologische, landwirtschaftliche, technische Forschung usw.). Finanziert wird diese Forschung häufig von Firmen, zum Teil mit Anschubfinanzierung durch Länder, Bund, EU und andere Geldgeber.
Die Alternative ist wissenschaftliche Grundlagenforschung, die zunächst keine verkäuflichen Ergebnisse einbringt. Sie wird oft aus Stipendien, Stiftungen, Mitteln der Universitäten oder Forschungsförderungseinrichtungen wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert. Die Forscher selbst haben allenfalls den Vorteil, dass sie mit originellen, solide durchgeführten und angemessen in guten Fachzeitschriften veröffentlichten Arbeiten ihre Befähigung zu qualifizierter Forschung beweisen. Eine Anzahl hochwertiger Veröffentlichungen ist, zusammen mit der Promotion (z.B. Dr. rer. nat.) und evtl. Habilitation, in der Regel die Voraussetzung für eine entsprechend bezahlte Position an Universitäten (z.B. Professur), aber auch in der Industrie.