"Bio"-Koloniegründung von Camponotus herculeanus

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Camp herc Kg 55.jpg

Am 25. 07. 09 fand ich diese Gründungskammer von Camponotus herculeanus (Bild). Es war im Bay. Wald, im Schlosspark von Wiesenfelden. Dicke Zaunpfähle stützen ein Damwild-Gehege, in dem in separaten Käfigen auch Wildkatzen und Luchse gehalten werden. An einem der Pfähle, anscheinend aus einem Lärchenstamm, fand ich die gezeigte Gründungskammer, in Augenhöhe eingetieft in die relativ weiche Borke. Die obersten Borkenschuppen hatte ich mit dem Taschenmesser abgehoben.

Die Kammer selbst ist kaum doppelt so groß wie die Königin, links sieht man Eier, einen Puppenkokon und ein paar mittelgroße Larven. Zwei Kokons waren heraus gefallen. Die Königin stammt wahrscheinlich aus diesem Jahr. Bis Jahresende wären die ersten 3-5 Arbeiterinnen geschlüpft. Nach Überwinterung (mit Larven!) hätte sich die Kolonie in 2010 vergrößert und hätte sich weitere Kammern in den mächtigen Zaunpfosten genagt. (Ich habe ein paar Rindenschuppen wieder drauf geklemmt und hoffe, dass es nicht bei dem „wäre“ und „hätte“ bleiben wird).

Was kann man aus dieser Situation lernen?

- Die Gründungskammer ist klein, winzig im Vergleich zu einem Reagenzglas.

- Keiner schiebt Honig oder Insektenleichen hinein. Es gibt keinen Eingang, in den irgendwelche Beutetiere kriechen könnten; aber auch keine Feinde.

- Trinkwasser gibt es nicht. Die Borke ist leicht feucht, durch gelegentlichen Regen, aber auch durch Taufeuchte, die sich in kühlen Nächten an der Borke niederschlägt. Auch der Stamm darunter enthält Feuchtigkeit, nie aber richtige Nässe.

- Die Borke hat antibiotische Eigenschaften. Im Zusammenwirken mit Drüsensekreten der Königin wird das Wachstum von Pilzen und Bakterien gehemmt.

- Watte, in der sich die Füße verfangen und evtl. Eier verloren gehen, gibt es nicht. Kot wir von der Borke aufgesaugt.

- Es gibt auch keine Löcher und Spalten, in die Eier und kleine Larven verschwinden könnten, so wie bei Porenbeton.

- Es gibt keinerlei Lichteinfall, über Monate hinweg.

- Die Außentemperaturen, besonders die Temperaturwechsel, schlagen voll durch. Zwei bis drei Millimeter Borke reichen nicht für eine Isolierung über Stunden (Die Kammer war auf der Südseite des Pfostens, an schönen Tagen für mehrere Stunden voll besonnt). - Im unterkühlten Monat Juli (2009) hatte die Königin nachts sehr oft Temperaturen um 12-140 C, tags bei Sonnenschein sollten das über 300 C werden (nach eigenen Messungen bei früheren Gelegenheiten).

- Im bevorstehenden Winter wird die junge Kolonie den im Bay. Wald oft strengen Frösten ausgesetzt sein, bis minus 200 C, über mehrere Tage. Bei trockener Frostwetterlage kann sich das Nest durch Sonneneinstrahlung stundenweise auf deutlich über 100 C aufheizen. Heftige Temperaturwechsel also zwischen Tag und Nacht, aber auch Wochen mit relativ konstanten Temperaturen um den Gefrierpunkt, in Schlechtwetterperioden.

Ich habe das alles hier sehr ausführlich dargestellt. Wer Camponotus-Königinnen auf die „konventionelle“ Reagenzglas-Methode gründen lässt, sollte mal die einzelnen Parameter durchgehen und vergleichen. Ich glaube, dass die Behandlung dieser Königinnen im Lager von Händlern und bei den Haltern sich doch ganz erheblich von dem unterscheidet, was die Tiere in der Natur vorfinden. Immerhin sind sie an diese natürlichen Bedingungen von Temperaturwechseln, Feuchtigkeit und Nahrungsmangel seit Jahrmillionen angepasst....

In der Haltung wird man das nur äußerst unvollkommen simulieren können. 84.167.43.64 15:04, 2. Aug. 2009 (UTC)