Myrmekochorie

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Myrmekochorie bezeichnet die Ausbreitung von Samen (Diasporen) durch Ameisen und ist eine Variation der Zoochorie.

Die Myrmekochorie findet bei 30-40% unserer einheimischen Pflanzen, vor allem Fruehbluehern, krautigen Waldpflanzen und Gehölzen sowie Pflanzen der Trocken-Wiesen Verbreitung, also überall dort, wo eine hohe Ameisendichte zu erwarten ist. Die meisten Elaiosom-bildenden Pflanzen sind obligatorische Myrmekochore, jedoch gibt es auch Mischformen z.B. bei Veilchen und Stiefmütterchen, bei denen zuerst die Ballochorie (Schleudermechanismus) mit anschließend weiterer Verbreitung durch Myrmekochorie genutzt wird.

Der Vorgang der Myrmekochorie ist im Prinzip einfach: um die Samen fuer Ameisen interessant zu machen, fügen Pflanzen nährstoffreiche, ölhaltige Anhängsel an, die in ihrer Zusammensetzung speziell auf Ameisen und deren Bedürfnisse abgestimmt wurden. Sobald die Samen ausgereift sind, öffnet die Pflanze die Samenkapseln und streut die Samen entweder auf den Boden oder lässt sie offen auf der Kapsel liegen. In den Ameisenreichen Habitaten, in denen die Myrmekochorie verbreitet ist, dauert es nicht lange und die Samen samt Elaiosomen werden durch die ersten Arbeiterinnen gefunden. Für die Ameisen sind zwar lediglich die Elaiosomen interessant, jedoch sind diese fest mit den Samen verwachsen und die Ameisen sind gezwungen, die kompletten Samen in ihr Nest zu transportieren. Im Nest, teilweise schon auf dem Weg dorthin, fressen die Ameisen die Elaiosomen ab und entsorgen die nun uninteressanten, aber intakten Samen. Die Samen werden also durch die Ameisen auf dem Weg zum Nest, in unmittelbarer Nestnähe und um den Abfallhaufen der Kolonien ausgestreut.


Vorteile der Myrmekochorie

'Welchen Vorteil hat die Myrmekochorie für die Pflanzen? Einen Großteil der Samen entsorgen die Ameisen um oder auf ihrem Abfallhaufen, der den Keimlingen durch humus- und nährstoffreiches Substrat gute Startbedingungen bietet.

Welchen Vorteil hat die Myrmekochorie für die Ameisen? Die Vorteile für die Ameisen sind noch nicht genau erforscht, eine zur Zeit laufende Arbeit von FOKUHL ist noch nicht abgeschlossen, verspricht jedoch interessante Erkenntnisse.


Elaiosom

Das Elaiosom ("elaion" = Öl) ist ein nährstoffreiches, zumeist helles Anhängsel an den Diasporen myrmekochorer Pflanzen. Die Elaiosomen sind speziell zum Verzehr durch Ameisen ausgebildet worden und dienen somit als Lockmittel und Belohnung, um die Ameisen zur Verschleppung und folglich Ausbreitung der Samen zu bewegen.

Das Elaiosom wird bei den Wolfsmilchgewächsen (Euphorbiaceae) Curuncula genannt.


Elaiosomen in der Ameisenhaltung

Ob die Verfütterung in der Haltung nun förderlich ist oder nicht, kann nicht zweifelsfrei beurteilt werden, zu vermuten ist es jedenfalls. Zumindest in der Natur bieten die Elaiosomen eine frühe und ergiebige Nahrungsquelle, vor allem aber auch kostengünstig, denn die Samen müssen nicht erjagt oder erledigt werden, zudem meist Massenaufkommen und somit mögliche Straßenbildung.

Da unsere einheimischen Arten die Elaiosomen nur als Früh- bzw Zusatznahung aufnehmen und nicht zwingend auf diese angewiesen sind, ist zu vermuten, dass die in Haltung ohnehin immer sehr reichhaltige Diät aus Honig und Insekten ausreichend ist. Nicht zuletzt ist bei Haltern oder an Instituten keine regelmäßige Zusatzfütterung mit Elaiosomen bekannt, und zumindest an Instituten ist die Vermehrung einiger Arten über mehrere Generationen mit ausschließlicher Honig/Insektendiät gelungen.

Dennoch: Elaiosomen enthalten konzentriert Inhaltstoffe, alles Gute aus Mutter Natur wie Glukose, Fruktose, Vitamin C, Nährstoffe, Fette und weiterer Bestandteile. Die Pflanzen müssen ihre Samen ja für die Ameisen attraktiv machen, und dass scheint gelungen: die Ameisen stürzen sich förmlich auf frische Samen mit Elaiosomen und schleppen diese umgehend ins Nest zur weiteren Verwertung. Bei rekrutierenden Arten und entsprechendem Vorkommen bilden sich schnell Strassen mit hoher Frequenz.


Elaiosomen Sammeln und Verfüttern

Bei Sammlung der Elaiosomen bitte drauf achten, keine geschützten oder seltenen Arten zu erwischen! Und übertreibt es nicht, rottet uns nicht die Veilchen aus :D EINE Schote/Kapsel sollte wohl genügen...

Sammeln und Verfüttern: z.B. das Schöllkraut bildet nach Blüte kleine Samen-Schoten aus, die mit kleinen, schwarzen Körnern mit weißen Anhang (das sind die Elaiosomen) gefüllt sind. Die aufgebrochenen Schoten oder "losen" Samen ins Formikarium geben und abwarten, bis die Ameisen Witterung aufgenommen haben.

Da Elaiosomen keine ganzjährige und stabile Nahrungsquelle darstellen bleibt zu vermuten, ob diese immer und immer gleich gerne von den Ameisen angenommen werden.

Elaiosom und Ameise sind von Größe und Gewicht aufeinander eingestellt, d. h. die Ameisen können die Samen gut eintragen und somit verteilen. Leider wissen auch erheblich kleinere, eingeschleppte Ameisenarten diese Elaiosomen zu schätzen, können oder wollen diese jedoch nicht wegschleppen = verteilen, und verzehren die "Belohnung" an Ort und Stelle. Das wiederum führt zu einer stark gestörten Ausbreitung der betroffenen, oft nur ein- oder zweijährigen Pflanze... wiedermal ein Beispiel dafür, welche Verantwortung wir mit der Ameisenhaltung übernehmen, und wie empfindlich Mutter Natur auf eine gestörte Ameisenfauna reagiert!.


Myrmekochore Pflanzen

Eine kleine Auswahl an Myrmecochoren:
Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus)
Kleines Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) und dessen Elaiosomen
Leberblümchen (Hepatica nobilis)
Frühlings-Adonisröschen (Adonis vernalis)
Wald-Erdbeere (Fragaria vesca)
Lerchensporn (Corydalis), zB Gelber Lerchensporn (C. lutea), Elaiosomen Hohler Lerchensporn (C. cava)
Waldveilchen (Viola reichenbachiana)
Wiesenwachtelweizen (Melampyrum pratense)
Ackerwachtelweizen (Melampyrum arvense)
Acker-Ochsenzunge (Anchusa arvensis)
Gemeine Ochsenzunge (Anchusa officinalis)
Bärlauch (Allium ursinum)
Buschwindröschen (Anemone nemorosa)
Flockenblumen (Centaurea)
einige Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae)
Krokus (Crocus sativus)
Flecken-Lungenkraut (Pulmonaria officinalis)
Nabelmieren (Moehringia)
Schöllkraut (Chelidonium majus)

und noch ein paar Gattungen:
Lerchensporne (Corydalis)
Günsel (Ajuga)
Perlgras (Melica)
Leimkräuter (Silene)
Taubnesseln (Lamium)
Hainsimsen oder Heinbinsen (Luzula)
Seggen (Carex)

Bitte beachten: nicht alle aufgeführten Pflanzen sind für den Menschen ungiftig... also Vorsicht beim "Ernten" walten lassen.