Gründung: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Evolution hat hier drei Lösungsmöglichkeiten gefunden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen nutzen alle Ameisen weltweit eine der folgenden Wege zur Gründung einer Kolonie:
Die Evolution hat hier drei Lösungsmöglichkeiten gefunden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen nutzen alle Ameisen weltweit eine der folgenden Wege zur Gründung einer Kolonie:


===Die unabhängige Koloniegründung durch einzelne Königinnen===
===Die unabhängige Koloniegründung durch einzelne Königinnen===
In diesem Fall gründet eine einzelne Königin ohne fremde Hilfe eine eigene Kolonie im wahrsten Sinne des Wortes: sie gründet sie von Grund auf. Meist vergräbt sie sich dazu in eine Gründungskammer und verschließt diese. Hier legt sie ihre ersten Eier, aus denen sich dann Larven, Puppen und später Arbeiterinnen entwickeln. Die geschlüpften Arbeiterinnen übernehmen dann die Brutpflege und nach und nach wächst der Staat zu seiner vollen Größe heran.
In diesem Fall gründet eine einzelne Königin ohne fremde Hilfe eine eigene Kolonie im wahrsten Sinne des Wortes: sie gründet sie von Grund auf. Meist vergräbt sie sich dazu in eine Gründungskammer und verschließt diese. Hier legt sie ihre ersten Eier, aus denen sich dann Larven, Puppen und später Arbeiterinnen entwickeln. Die geschlüpften Arbeiterinnen übernehmen dann die Brutpflege und nach und nach wächst der Staat zu seiner vollen Größe heran.
Der zeitliche Verlauf einer unabhängigen Koloniegründung kann sehr unterschiedlich sein. Die Kolonien der in Deutschland einheimischen Camponotus ligniperda oder C. herculeanus wachsen anfangs zum Beispiel sehr langsam, obwohl deren Völker später mehrere 10.000 Individuen zählen wird.
Der zeitliche Verlauf einer unabhängigen Koloniegründung kann sehr unterschiedlich sein. Die Kolonien der in Deutschland einheimischen Camponotus ligniperda oder C. herculeanus wachsen anfangs zum Beispiel sehr langsam, obwohl deren Völker später mehrere 10.000 Individuen zählen wird.
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===Die abhängige Koloniegründung durch temporären Sozialparasitismus===
===Die abhängige Koloniegründung durch temporären Sozialparasitismus===
Die Königinnen vieler Arten sind nicht in der Lage selbstständig eine Kolonie zu gründen. Sie benutzen hierfür stattdessen eine heimtückische List. Frisch begattet suchen sie eine bereits bestehende Kolonie einer fremden (meist eng verwandten) Art. Durch verschiedene Tricks und Täuschungsmanöver, die fast immer auf der Basis von Geruchsstoffen (Pheromonen) funktionieren, gelingt es der Königin in die fremde Kolonie einzudringen, ohne dass sie als Fremde erkannt wird. Manchmal zerbeißt sie hierzu eine Arbeiterin, wohl um deren Geruch anzunehmen. Im Nest einmal akzeptiert arbeitet sie sich bis ins Herz der Kolonie vor: Die Kammer der Königin und stürzt diese, d.h. tötet sie. In anderen Fällen überlässt sie diese Arbeit auch den Arbeiterinnen, die sich aus irgendwelchen Gründen gegen ihre eigene Königin wenden. Ist die eigentliche Königin erst einmal beseitigt, pflegen die Arbeiterinnen die Brut der neuen fremden Königin, ohne zu bemerken, dass sich aus dieser Arbeiterinnen einer ganz anderen Art entwickelt. Nach und nach sterben die alten Arbeiterinnen und werden durch Nachfahren der fremden Königin ersetzt, bis schließlich nichts mehr darauf hindeutet, dass die Kolonie einst von einer anderen Art gegründet wurde und erst später von einer feindlichen Art übernommen wurde.
Die Königinnen vieler Arten sind nicht in der Lage selbstständig eine Kolonie zu gründen. Sie benutzen hierfür stattdessen eine heimtückische List. Frisch begattet suchen sie eine bereits bestehende Kolonie einer fremden (meist eng verwandten) Art. Durch verschiedene Tricks und Täuschungsmanöver, die fast immer auf der Basis von Geruchsstoffen (Pheromonen) funktionieren, gelingt es der Königin in die fremde Kolonie einzudringen, ohne dass sie als Fremde erkannt wird. Manchmal zerbeißt sie hierzu eine Arbeiterin, wohl um deren Geruch anzunehmen. Im Nest einmal akzeptiert arbeitet sie sich bis ins Herz der Kolonie vor: Die Kammer der Königin und stürzt diese, d.h. tötet sie. In anderen Fällen überlässt sie diese Arbeit auch den Arbeiterinnen, die sich aus irgendwelchen Gründen gegen ihre eigene Königin wenden. Ist die eigentliche Königin erst einmal beseitigt, pflegen die Arbeiterinnen die Brut der neuen fremden Königin, ohne zu bemerken, dass sich aus dieser Arbeiterinnen einer ganz anderen Art entwickelt. Nach und nach sterben die alten Arbeiterinnen und werden durch Nachfahren der fremden Königin ersetzt, bis schließlich nichts mehr darauf hindeutet, dass die Kolonie einst von einer anderen Art gegründet wurde und erst später von einer feindlichen Art übernommen wurde.
Diese Art der Gründung nennt man temporär sozialparasitisch. Temporär, weil sich der Parasitismus nur auf die Zeit der Gründungsphase bezieht. Sozial, weil die Leistung, die parasitisch in Anspruch genommen wird eben die sozialen Leistungen der gemeinschaftlichen Brutpflege, Verteidigung, Nahrungsbeschaffung ... sind.
Diese Art der Gründung nennt man temporär sozialparasitisch. Temporär, weil sich der Parasitismus nur auf die Zeit der Gründungsphase bezieht. Sozial, weil die Leistung, die parasitisch in Anspruch genommen wird eben die sozialen Leistungen der gemeinschaftlichen Brutpflege, Verteidigung, Nahrungsbeschaffung ... sind.
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===Die unabhängige Koloniegründung durch Zweignestbildung (= Soziotomie)===
===Die unabhängige Koloniegründung durch Zweignestbildung (= Soziotomie)===
Bei dieser Art der Gründung kehrt das begattete Weibchen in ein Nest der eigenen Art zurück und wird dort aufgenommen. Meist befinden sich dann eh schon mehrere Königinnen in diesem Nest. So wächst das Volk schneller und die Königin kann sich die Mühe einer eigenen Gründung sparen. Irgendwann kommt es dann zur Zweignestbildung. Das heißt, dass ein Teil des Volkes mit einem Teil der Königinnen auswandert und meist nur wenige Meter weiter eine weitere Kolonie bildet, die aber nach wie vor mit dem ursprünglichen Nest in Verbindung steht. So können sich große und riesige Nestverbände bilden, sogenannte Superkolonien.
Bei dieser Art der Gründung kehrt das begattete Weibchen in ein Nest der eigenen Art zurück und wird dort aufgenommen. Meist befinden sich dann eh schon mehrere Königinnen in diesem Nest. So wächst das Volk schneller und die Königin kann sich die Mühe einer eigenen Gründung sparen. Irgendwann kommt es dann zur Zweignestbildung. Das heißt, dass ein Teil des Volkes mit einem Teil der Königinnen auswandert und meist nur wenige Meter weiter eine weitere Kolonie bildet, die aber nach wie vor mit dem ursprünglichen Nest in Verbindung steht. So können sich große und riesige Nestverbände bilden, sogenannte Superkolonien.
Findet man z.B. in engem Abstand mehrere große Waldameisenhügel, dann ist sehr wahrscheinlich, dass es sich hier um Zweignester ein und derselben Ursprungskolonie handelt.
Findet man z.B. in engem Abstand mehrere große Waldameisenhügel, dann ist sehr wahrscheinlich, dass es sich hier um Zweignester ein und derselben Ursprungskolonie handelt.
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===Weitere Variationen===
===Weitere Variationen===
Man darf sich diese Gründungsformen nicht als streng voneinander getrennte Möglichkeiten vorstellen. Eher trifft zu, dass es sich hierbei um Grundtypen handelt, bei denen verschiedene Mischformen und Variationen vorkommen können.
Man darf sich diese Gründungsformen nicht als streng voneinander getrennte Möglichkeiten vorstellen. Eher trifft zu, dass es sich hierbei um Grundtypen handelt, bei denen verschiedene Mischformen und Variationen vorkommen können.
Wie schon erwähnt sind die Waldameisen meist in der Lage unabhängig durch Zweignestbildung (Fall 3) oder abhängig durch temporären Sozialparasitismus (Fall 2) zu gründen. Jede Strategie birgt Chancen und Risiken.
Wie schon erwähnt sind die Waldameisen meist in der Lage unabhängig durch Zweignestbildung (Fall 3) oder abhängig durch temporären Sozialparasitismus (Fall 2) zu gründen. Jede Strategie birgt Chancen und Risiken.
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Eine weitere Variation dieser Strategien benützen die Treiberameisen (z.B. Eciton hamatum). Sie müssen von Anfang an eine große Kolonie zur Verfügung haben. Dazu spaltet sich diese zu einem bestimmten Zeitpunkt in zwei Teile. Der eine Teil zieht mit der alten (begatteten) Königin, der andere Teil mit einer einzigen (unbegatteten) Jungkönigin weiter. Weitere unbegattete „Ersatzköniginnen“ werden von einigen Arbeiterinnen bewacht zurückgelassen. Diese kleine Gruppe stirbt. Die Arbeiterinnen der unbegatteten Jungkönigin hingegen bringen so schnell als möglich Männchen zur Begattung ins Innere der Kolonie, so dass die Kopulation dort stattfindet.
Eine weitere Variation dieser Strategien benützen die Treiberameisen (z.B. Eciton hamatum). Sie müssen von Anfang an eine große Kolonie zur Verfügung haben. Dazu spaltet sich diese zu einem bestimmten Zeitpunkt in zwei Teile. Der eine Teil zieht mit der alten (begatteten) Königin, der andere Teil mit einer einzigen (unbegatteten) Jungkönigin weiter. Weitere unbegattete „Ersatzköniginnen“ werden von einigen Arbeiterinnen bewacht zurückgelassen. Diese kleine Gruppe stirbt. Die Arbeiterinnen der unbegatteten Jungkönigin hingegen bringen so schnell als möglich Männchen zur Begattung ins Innere der Kolonie, so dass die Kopulation dort stattfindet.


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===Ameisen-Verhalten allgemein===
 
===Ameisen-Verhalten allgemein:===
Ameisen haben wie alle Tiere, ein angeborenes, instinktives Verhalten. Dieses ist in über 100 Millionen Jahren Evolution entstanden, und es hat sich so bewährt, wie es die einzelnen Arten heute zeigen.  
Ameisen haben wie alle Tiere, ein angeborenes, instinktives Verhalten. Dieses ist in über 100 Millionen Jahren Evolution entstanden, und es hat sich so bewährt, wie es die einzelnen Arten heute zeigen.  


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Usw.
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Version vom 29. Mai 2006, 19:12 Uhr

Wie entsteht ein neuer Ameisenstaat?

Für eine junge Ameisenkönigin ist diese Frage von großem Interesse, denn für sie heißt sie nichts anderes als „Werde ich es schaffen zu überleben?“.

Man muss nämlich wissen, dass (vereinfacht ausgedrückt) die ganze große Zahl der Arbeiterinnen eines Ameisenstaates nur dazu da sind, um der Königin die Fortpflanzung zu ermöglichen. Die Arbeiterinnen pflanzen sich in der Regel nicht selber fort, sondern allein der Königin ist es vorbehalten Nachwuchs zu produzieren. Anfangs vor allem Arbeiterinnen, später auch die männlichen und weiblichen Geschlechtstiere, die uns als geflügelte Ameisen hin und wieder begegnen, und die später dann wiederum selbst von einem Staat unterstützt Geschlechtstiere produzieren.

Nehmen wir einmal an, einem jungen Ameisenweibchen ist es gelungen, zum richtigen Zeitpunkt zum Hochzeitsflug aufzubrechen und von einem Männchen begattet zu werden ohne dabei Feinden zum Opfer zu fallen. Jetzt stellt sich für diese frisch gebackene Jungkönigin die eingangs erwähnte Frage: Wie kommt sie zu einer eigenen Kolonie?

Die Evolution hat hier drei Lösungsmöglichkeiten gefunden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen nutzen alle Ameisen weltweit eine der folgenden Wege zur Gründung einer Kolonie:

Die unabhängige Koloniegründung durch einzelne Königinnen

In diesem Fall gründet eine einzelne Königin ohne fremde Hilfe eine eigene Kolonie im wahrsten Sinne des Wortes: sie gründet sie von Grund auf. Meist vergräbt sie sich dazu in eine Gründungskammer und verschließt diese. Hier legt sie ihre ersten Eier, aus denen sich dann Larven, Puppen und später Arbeiterinnen entwickeln. Die geschlüpften Arbeiterinnen übernehmen dann die Brutpflege und nach und nach wächst der Staat zu seiner vollen Größe heran. Der zeitliche Verlauf einer unabhängigen Koloniegründung kann sehr unterschiedlich sein. Die Kolonien der in Deutschland einheimischen Camponotus ligniperda oder C. herculeanus wachsen anfangs zum Beispiel sehr langsam, obwohl deren Völker später mehrere 10.000 Individuen zählen wird. Nun ist es natürlich gefährlich für die junge Königin, die Gründungskammer verlassen zu müssen und auf Nahrungssuche zu gehen. Um dieser Gefahr zu entgehen, gründen die Königinnen mancher Arten derart abgeschlossen, dass die Königin die Gründungskammer nach der Eiablage nicht mehr verlässt. Man spricht dann von einer klaustralen Gründung. Da es in den meisten Fällen aber Monate dauert, bis die ersten jungen Arbeiterinnen schlüpfen, muss die Königin in der Lage sein, diese lange Zeit ohne Nahrung zu überstehen. In unseren Breiten ist es meist so, dass die Königin nach dem Einschluss in die Gründungskammer Eier legt, aus denen sich noch vor Einbruch des Winters Larven bilden. Diese überwintern zusammen mit der Königin und verpuppen sich erst im nächsten Frühjahr. Wenn dann aus den Puppen die ersten Arbeiterinnen schlüpfen, die zum ersten mal die Gründungskammer verlassen und auf Futtersuche gehen, sind nicht selten 7 oder mehr Monate vergangen. In dieser Zeit lebt die Königin in erster Linie von Reserven aus ihrem Körper. Dazu gehört auch der Abbau der nun überflüssig gewordenen Flugmuskulatur. Von den oben erwähnten Camponotus-Arten wird berichtet, dass die gründenden Königinnen im Labor bis zu 1 ¼ Jahren ohne Nahrungsaufnahme überleben konnten. Aber das ist noch nicht alles, denn schließlich muss die Königin nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Brut am Leben halten und diese ebenfalls von den eigenen Reserven füttern. Hierzu dienen vor allem die Eier. Immer wieder wird ein Teil der gelegten Eier an die Larven verfüttert oder die Königin verspeist sie selber. Dass bei dieser Art der Koloniegründung die Königinnen bis ans Äußerste ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit gehen müssen, erscheint klar. Deshalb konnten sich bei vielen Arten alternative Möglichkeiten der Bildung neuer Kolonien entwickeln. Neben der unabhängigen Koloniegründung sind bei Ameisen im Laufe der Evolution noch die zwei folgenden Formen einer abhängigen Gründung entstanden.

(Man darf bei der Evolution der verschiedenen Formen der Koloniegründung nicht übersehen, dass die claustrale Koloniegründung die höchst entwickelte Form zu sein scheint: Nur Arten mit großem Polymorphismus, also erheblichen Größenunterschieden zwischen Königin und Arbeiterin, haben diese Möglichkeit! Die ursprünglichste Form scheint die Gründung durch eine einzelne Jungkönigin unter Futtersuche, also nach dem semiclaustralen Modus, zu sein).

Die abhängige Koloniegründung durch temporären Sozialparasitismus

Die Königinnen vieler Arten sind nicht in der Lage selbstständig eine Kolonie zu gründen. Sie benutzen hierfür stattdessen eine heimtückische List. Frisch begattet suchen sie eine bereits bestehende Kolonie einer fremden (meist eng verwandten) Art. Durch verschiedene Tricks und Täuschungsmanöver, die fast immer auf der Basis von Geruchsstoffen (Pheromonen) funktionieren, gelingt es der Königin in die fremde Kolonie einzudringen, ohne dass sie als Fremde erkannt wird. Manchmal zerbeißt sie hierzu eine Arbeiterin, wohl um deren Geruch anzunehmen. Im Nest einmal akzeptiert arbeitet sie sich bis ins Herz der Kolonie vor: Die Kammer der Königin und stürzt diese, d.h. tötet sie. In anderen Fällen überlässt sie diese Arbeit auch den Arbeiterinnen, die sich aus irgendwelchen Gründen gegen ihre eigene Königin wenden. Ist die eigentliche Königin erst einmal beseitigt, pflegen die Arbeiterinnen die Brut der neuen fremden Königin, ohne zu bemerken, dass sich aus dieser Arbeiterinnen einer ganz anderen Art entwickelt. Nach und nach sterben die alten Arbeiterinnen und werden durch Nachfahren der fremden Königin ersetzt, bis schließlich nichts mehr darauf hindeutet, dass die Kolonie einst von einer anderen Art gegründet wurde und erst später von einer feindlichen Art übernommen wurde. Diese Art der Gründung nennt man temporär sozialparasitisch. Temporär, weil sich der Parasitismus nur auf die Zeit der Gründungsphase bezieht. Sozial, weil die Leistung, die parasitisch in Anspruch genommen wird eben die sozialen Leistungen der gemeinschaftlichen Brutpflege, Verteidigung, Nahrungsbeschaffung ... sind.

Es ist ein sehr einprägsames Bild, eine Ameisenstraße zu entdecken, auf der große, glänzend-schwarze Arbeiterinnen (Lasius fuliginosus) und viel kleinere, gelbe Lasius umbratus gemeinsam unterwegs sind, miteinander kommunizieren, Futter austauschen, gemeinsam Beutestücke transportieren, ... Für einen Fachkundigen ist dabei auf den ersten Blick offensichtlich, was hier passiert ist, denn Lasius fuliginosus gründet sozialparasitär bei Lasius umbratus und die noch gemischte Kolonie dürfte wohl nur noch eine (bzw. mehrere) Lasius-fuliginosus-Königin(nen) besitzen und ist auf dem Wege eine reine L.-fuliginosus-Kolonie zu werden. Bemerkenswert dabei, dass Lasius umbratus seinerseits sozialparasitisch bei Lasius niger, Lasius brunneus oder Lasius psammophilus gründet.

Die heimischen Waldameisen (Formica s. str.) können fast alle auf diese Art gründen. Dazu sind sie abhängig von Wirtskolonien, der Untergattung Serviformica (z.B. Formica fusca). Deren Namen deutet diese Tatsache bereits an, denn wörtlich übersetzt heißt Serviformica „Diener-Formica“ oder „Hilfs-Formica“.

Die Vorteile dieser Art der Koloniegründung liegen auf der Hand. Hat die Königin es einmal geschafft in einer Kolonie akzeptiert zu werden, hat sie es so gut wie geschafft. Die Kolonie hat sich zum Beispiel bereits gegen feindliche Ameisen durchgesetzt und ein eigenes Revier, in dem sich genügend Nahrung für eine Kolonie dieser Größe befindet, es stehen von Anfang an genügend Arbeiterinnen zur Futterbeschaffung zur Verfügung, die sich sofort um eine hohe Anzahl von Nachwuchs kümmern kann, ... kurz: Die Königin übernimmt eine Kolonie, die alle kritischen Phasen der Gründung bereits hinter sich hat.

Diese Form der Gründung ist also eine abhängige Gründung, weil die Königin dazu der Hilfe einer anderen Art bedarf. Aber wäre nicht auch eine abhängige Gründung denkbar, bei der die Königin in Abhängigkeit der eigenen und nicht einer fremden Art gründet? Ja. Das ist nicht nur denkbar, sondern kommt auch vor. Man nennt diese Gründungsart jedoch trotzdem unabhängig, weil man unter Abhängigkeit nur die Inanspruchnahme einer fremden Art versteht. Die meisten Waldameisen wählen anstelle der temporär sozialparasitischen Gründung die folgende Form.


Die unabhängige Koloniegründung durch Zweignestbildung (= Soziotomie)

Bei dieser Art der Gründung kehrt das begattete Weibchen in ein Nest der eigenen Art zurück und wird dort aufgenommen. Meist befinden sich dann eh schon mehrere Königinnen in diesem Nest. So wächst das Volk schneller und die Königin kann sich die Mühe einer eigenen Gründung sparen. Irgendwann kommt es dann zur Zweignestbildung. Das heißt, dass ein Teil des Volkes mit einem Teil der Königinnen auswandert und meist nur wenige Meter weiter eine weitere Kolonie bildet, die aber nach wie vor mit dem ursprünglichen Nest in Verbindung steht. So können sich große und riesige Nestverbände bilden, sogenannte Superkolonien. Findet man z.B. in engem Abstand mehrere große Waldameisenhügel, dann ist sehr wahrscheinlich, dass es sich hier um Zweignester ein und derselben Ursprungskolonie handelt. Diese Form der Koloniegründung hat einen entscheidenden Vorteil: Die Kolonie lebt länger als die einzelne Königin. Wenn eine Ameisenart nur unabhängig durch einzelne Königinnen gründen kann (Fall 1), dann stirbt nach dem Tod der Königin früher oder später auch die Kolonie, weil kein Nachwuchs mehr produziert wird. Gründet eine Art hingegen auch durch Zweignestbildung und nimmt immer wieder begattete Königinnen der eigenen Art auf, dann wird eine verstorbene Königin schnell durch eine junge ersetzt. Findet man also ein Waldameisennest an einer Stelle, wo schon vor 30, 50 oder gar 100 Jahren ein Ameisenhügel dokumentiert ist, dann handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls um eine Art, die eigene Königinnen aufnimmt.


Weitere Variationen

Man darf sich diese Gründungsformen nicht als streng voneinander getrennte Möglichkeiten vorstellen. Eher trifft zu, dass es sich hierbei um Grundtypen handelt, bei denen verschiedene Mischformen und Variationen vorkommen können. Wie schon erwähnt sind die Waldameisen meist in der Lage unabhängig durch Zweignestbildung (Fall 3) oder abhängig durch temporären Sozialparasitismus (Fall 2) zu gründen. Jede Strategie birgt Chancen und Risiken. Eine räumliche Ausbreitung über Hürden von mehreren Kilometern hinweg (z.B. bis in den nächsten Wald) ist durch Zweignestbildung sehr mühsam, wenn nicht unmöglich. Dafür bietet es die Möglichkeit einen gut geeigneten Nistplatz voll auszunützen. Andererseits ist die sozialparasitische Gründung gefährlich und nur wenigen Weibchen gelingt es ein geeignetes Nest einer fremden Art zu finden und dort auch noch einzudringen. Dafür aber könnte dieser Ort dann der Beginn einer neuen Superkolonie sein.

Zudem gibt es auch Variationen der Gründung wie die Gründung in Pleometrose (im Grunde eine unabhängige Gründung durch einzelne Königinnen – Fall 1 – bei der mehrere Königinnen in einer Ameisen-WG gemeinsam gründen um so den Gefahren besser gewachsen zu sein.

Eine weitere Variation dieser Strategien benützen die Treiberameisen (z.B. Eciton hamatum). Sie müssen von Anfang an eine große Kolonie zur Verfügung haben. Dazu spaltet sich diese zu einem bestimmten Zeitpunkt in zwei Teile. Der eine Teil zieht mit der alten (begatteten) Königin, der andere Teil mit einer einzigen (unbegatteten) Jungkönigin weiter. Weitere unbegattete „Ersatzköniginnen“ werden von einigen Arbeiterinnen bewacht zurückgelassen. Diese kleine Gruppe stirbt. Die Arbeiterinnen der unbegatteten Jungkönigin hingegen bringen so schnell als möglich Männchen zur Begattung ins Innere der Kolonie, so dass die Kopulation dort stattfindet.

Ameisen-Verhalten allgemein

Ameisen haben wie alle Tiere, ein angeborenes, instinktives Verhalten. Dieses ist in über 100 Millionen Jahren Evolution entstanden, und es hat sich so bewährt, wie es die einzelnen Arten heute zeigen.

Anders als einige höhere Tiere (Säugetiere, Vögel, …) kann man Ameisen nicht „lehren“, darauf „dressieren“ oder daran gewöhnen, etwas zu tun, was sie nicht auch von Natur aus machen würden.

(Man spricht von „Bienendressur“. Dabei wird aber immer nur eine angeborene Lernfähigkeit genutzt: Nach wenigen Erfolgen an gelben Blüten von bestimmter Form und Größe kommen die Honigbienen immer wieder zu solchen Blüten; wenn ein Baum um 11: 00 am meisten Nektar absondert, kommen die Bienen auch an den folgenden Tagen um 11:00 zu diesem Baum).

Ameisen wissen nicht, was wir von ihnen erwarten, welches Verhalten wir uns von ihnen wünschen. Sie werden das auch niemals lernen.

Aber wir Ameisenhalter können, nein MÜSSEN(!) wissen bzw. lernen, was die Ameisen erwarten. Auch sie erwarten nichts von uns (und meistens haben sie von uns auch nichts Gutes zu erwarten!). Sie brauchen einfach bestimmte Bedingungen, um ihr normales Verhalten zeigen zu können. So ist es an uns Haltern, dafür zu sorgen, dass sich die Ameisen normal verhalten können und dürfen!

Grundlegende Verhaltensmuster:

1.) Verhalten gegenüber Licht und Dunkelheit: Ameisen haben ihre Nester (mit Königin, Brut und Jungtieren) IMMER im Dunkeln, sei es in der Erde, in Holz, Pflanzengallen, oder in anderen Substraten. Selbst die aus Blättern zusammen gewebten Nester der Weberameisen sind innen nicht hell, allenfalls etwas dämmerig. Eine der wenigen Ausnahmen ist Polyrhachis muelleri (link), obwohl auch hier nur das Halbdunkel des Regenwaldes einwirken kann. Dem Licht ausgesetzt, werden Ameisen immer ihre Brut so rasch wie möglich in das nächst beste dunkle Versteck transportieren. Von dort aus wird dann ein organisierter Umzug in ein geeignetes neues Nest vorgenommen.

2.) Verhalten im Hinblick auf Luft- und Bodenfeuchte: Jede Ameisenart hat eine bevorzugte Feuchtigkeit im Nest. Diese ist Voraussetzung und Bedingung für eine erfolgreiche Brutaufzucht, oder sogar für das Überleben von Königinnen und Arbeiterinnen.

Im Normalfall (Freiland) herrscht im Nest zumeist ein Feuchtigkeitsgradient: Oben in Bodennähe trockener, tiefer in der Erde (oder unten im Stamm-/Wurzelbereich eines Baumstumpfes) wird es feuchter. Die Ameisen tragen ihre Brutstadien in den jeweils günstigsten Bereich, wobei die gesamte Brut manchmal mehrfach am Tage von unten nach oben und wieder zurück transportiert wird. Als Halter müssen wir dafür sorgen, dass im Kunstnest ein solcher Feuchtigkeitsgradient dauernd aufrechterhalten wird, andernfalls kann die Brut verschimmeln oder vertrocknen.

Einige Ameisenarten, die in sehr kleinen Nestern leben (Temnothorax sp., Leptothorax sp.) haben nicht die Möglichkeit, etwa innerhalb einer bewohnten Haselnuss umzuziehen. Diese Arten sind hinsichtlich Feuchtigkeitsschwankungen toleranter als etwa bodenbewohnende Arten. Im Freiland haben sie jedoch die Möglichkeit, z.B. vorübergehend bei zu großer Trockenheit unter ihr Nest umzuziehen oder sogar ein paar cm tief in den Boden.

3.) Verhalten im Hinblick auf die Temperatur: Hier gilt Ähnliches wie im Hinblick auf die Nestfeuchtigkeit: Ein Temperaturgradient (wie in der Natur: Oben warm, weiter unten im Nest kühl) muss geboten werden, so dass die Ameisen auch je nach ihren Bedürfnissen z.B. Puppen im wärmeren, trockeneren Bereich lagern können und jüngere Larven oder Eier in tieferen, kühleren Regionen. Die Präferenzen wechseln auch in Abhängigkeit vom Jahreszyklus.

4.) Koloniegründungs-Verhalten: Es gibt verschiedene Varianten (s. ausführliche Darstellung in diesem Kapitel). Hier sei zuerst das Verhalten von selbständig gründenden Jungköniginnen genannt, die claustrale Koloniegründung betreiben. Als Beispiel soll Lasius niger dienen.

Die junge Königin streift sich unmittelbar nach dem Hochzeitsflug und nach der Begattung die Flügel ab. Sie läuft umher, oft nur für wenige Minuten, bis sie eine Stelle gefunden hat, an der sie sich rasch in den Boden eingraben, oder unter einem Holzstück bzw. Stein verstecken kann.

Sie formt einen sehr kleinen Hohlraum, in dem sie sich gerade mal umdrehen kann, und verschließt den Eingang mit der Erde, die sie aus der Gründungskammer gebuddelt hat. Der Verschluss bleibt erhalten, bis er von ihren ersten Arbeiterinnen geöffnet wird. Die Königin legt fast unmittelbar danach ein paar Eier (ca. 10-20), oft Minuten nach dem Eingraben, oder nach wenigen Tagen. Danach erfolgt keine weitere Eiablage, es sei denn, dass Nähreier zum Füttern der aus den ersten Larven geschlüpften Larven abgelegt werden.

Sie füttert die jungen Larven hauptsächlich mit Sekreten aus den Kopfdrüsen, von Mund zu Mund. Sie beleckt Eier und Larven sehr häufig, wahrscheinlich um die Ansiedlung von Bakterien und Pilzen auf der Brut zu verhindern. Auch die Kokonpuppen werden immer wieder gewendet und beleckt. Schließlich hilft die Königin den jungen Arbeiterinnen beim Schlüpfen aus den Kokons. In der Zeit, in der die erste Brut im Puppenstadium liegt, werden einige weitere Eier gelegt. Die daraus schlüpfenden Larven können dann bereits von den ersten (Pygmäen-) Arbeiterinnen gefüttert und versorgt werden.

Weder die junge Königin allein, noch das nach Schlüpfen der Pygmäen vorhandene kleine Volk haben Tendenzen zum Nestumzug! Ein solcher ist in der Natur allenfalls eine Notreaktion. Eine Gründerkönigin mit den ersten Arbeiterinnen, oder gar die Königin allein, zwingen zu wollen, dass sie in ein Ytongnest etc. umziehen, ist falsch, weil völlig unnatürlich! Hat sie "falsch gewählt" bei der Anlage der Gründungskammer, so wird sie zumeist im Winter sterben. In der aufgezwungenen, nicht selbst ausgewählten, Gründungskammer "Reagenzglas" geschieht das ja leider oft genug. Dann stellt sich das Umzugsproblem jedenfalls nicht mehr.

Das junge Volk baut in der Regel das Nest von der Gründungskammer ausgehend weiter. Tunnel werden gegraben, zuerst in die Tiefe, so dass man zur Überwinterung in Bereiche mit etwas günstigerer Temperatur und besonders mit geeigneter Bodenfeuchtigkeit gelangen kann, dann aber auch in die Breite (z.B. unter einem Stein).

- weitere Arten mit abgewandeltem Koloniegründungsverfahren -

5.) Nestumzug: Der Umzug ganzer Ameisenvölker ist eine häufige Erscheinung. Heeresameisen (link) wechseln zeitweilig täglich den Neststandort (das Biwak). Formica sanguinea soll im Herbst in ein „Winternest“ umziehen, und im Frühjahr zurück in das „Sommernest“. Wohl alle Arten wechseln den Nistplatz, wenn dort eine oder mehrere der Grundbedingungen nicht mehr gegeben sind. Bei Waldameisen (Formica rufa, F. polyctena und andere) sind im Sommer oft Nestumzüge über Wochen hinweg zu beobachten: Eine breite „Straße“ verbindet das alte Nest mit einem neuen Standort, manchmal nur wenige Meter entfernt, aber auch über 20 und mehr Meter Entfernung. Kennzeichen solcher Umzüge ist es, dass Arbeiterinnen andere Arbeiterinnen tragen (s. Rekrutierung), Brut, manchmal auch Königinnen. Gelegentlich herrscht im Volk Uneinigkeit darüber, ob der neue Standort wirklich besser ist als der alte. Dann erfolgen Transporte in beiden Richtungen, es sieht fast wie eine demokratische Abstimmung aus!

Weitere Stichpunkte:

- Rekrutierungsverhalten

- Kampfverhalten (agonistisches V.)

- Nestbauverhalten

- Putzverhalten: Sich selbst reinigen:

- Putzverhalten: Gegenseitiges Putzen und Brut reinigen

- Futterverteilungsverhalten

- Fütterung der Brut (z.B. Larven an Beutestücke ansetzen)

- Sexualverhalten

Usw.