Bestandsaufnahme importierter Arten: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Termiten'''
Auch wenn das keine Ameisen sind, so wird in den Ameisenforen immer wieder mal das Thema aufgegriffen: Kann man Termiten halten?
Die Antwort ist klar: Ja!
Wie meistens kommt danach ein ABER, und wie immer muss man differenzieren, z.B. nach den Arten bzw. Familien oder Unterfamilien.
'''Das System umfasst 6 Familien. Im Überblick:'''
1. Fam. Mastotermitidae, enthält nur 1 Art, Mastotermes darwiniensis. Ihre ursprüngl. Merkmale sind : Eiablage in Paketen; Hinter-Flügel mit Analfeld wie Schaben.
Ist wirtschaftlich wichtigste Termite Australiens ("Känguruh unter den Termiten"), frisst fast alle organischen Materialien. Fossil mehrere Arten in tertiären Sedimenten auch in Europa.
2. Fam. Kalotermitidae, Holztermiten, leben alle von Holz, ca. 330 Arten. Echte Arbeiterkaste fehlt, Arbeit wird von sog. PSEUDERGATEN ("Scheinarbeiter") verrichtet. Das sind Larven, deren Entwicklung auf bestimmtem Stadium anhält, obwohl sie sich weiter häuten. Können sich unter Umständen jederzeit weiterentwickeln bis zum Geschlechtstier.
3. Fam. Hodotermitidae, schließt 2 kleine Reliktgruppen (UF) ein, TERMOPSINAE und
HODOTERMITINAE, je ca. 15 Arten. Termopsinae haben noch Pseudergaten, Hodotermitinae bereits echte Arbeiter als Endstadien der Entwicklung. Die Familie umfasst die sog. Erntetermiten, die in Steppengebieten Gras u.a. Pflanzenmaterial oberirdisch eintragen, sind daher pigmentiert im Gegensatz zu den meisten anderen Termiten.
4. Fam. Rhinotermitidae, Nasentermiten, ca. 170 Arten. Arbeiter sind Endstadium, das sich nicht weiter entwickeln kann und nicht mehr häutet. Ihre Stirndrüse ist besonders gut entwickelt und mündet, vor allem bei Soldaten, auf nasenartigem Stirnfortsatz ("wandelnde Pattextuben"). Große Völker, Königin wird sehr groß und fertil. Bauen Nester in Erde oder aus Holzkarton.
5. Fam. Serritermitidae besteht wieder nur aus 1 Art, aus Brasilien, lebt im Nestbereich anderer Termiten, hat spezialisierte säbelförmige Mandibeln.
'''Dies sind bisher alles „Niedere Termiten“.'''
6. Fam. Termitidae, '''Höhere Termiten''', mit > 1.500 Arten größte und erfolgreichste Gruppe, oft große, oberirdische Nestbauten. Königin kann sehr groß und fertil werden. Stirndrüsen auch bei dieser Fam. gut entwickelt. Oft mehrere Arb.- und Soldatenkasten in 1 Art. Arbeiter und Soldaten sind alles Endstadien. Sind z.T. Allesfresser, und EIN TEIL der Termitidae sind Pilzzüchter (konvergent zu Blattschneiderameisen). Es gibt mehrere Unterfamilien.
(Soviel aus dem Text meiner ehemaligen Vorlesung „Soziale Insekten“).
Zurück zur Frage nach der '''Haltung''':
Ungeeignet sind in jedem Fall die Termitidae, allein wegen ihrer riesigen Nester.
Geeignet sind einige Arten der Kalotermitidae: Sie haben kleine bis sehr kleine Völker, die in Holz wohnen und fressen. Außer verpilztem Holz benötigen sie nur noch eine geeignete Temperatur (um die 22-30 C) und eine gewisse Feuchtigkeit. Man unterscheidet sogar Feuchtholz- und Trockenholztermiten, je nach bevorzugten Bedingungen.
Zu diesen gehört die „Hamburger Termite“ (Reticulitermes flavipes; Herkunft: USA). Sie lässt sich über längere Zeit sehr simpel in einer Glaspetrischale mit feuchtem Löschpapier halten. Wenige Arbeiter (Pseudergaten) reichen zum Start einer Kolonie: Stets entwickelt sich daraus ein Königspaar. Besser geht es in natürlichem Holz auf einer Schicht von feucht gehaltenem „Vermiculit“ (http://www.vtt-group.com/vermicul.htm).
Nachteile: Die Termiten könnten freikommen und Holzbauteile in Gebäuden befallen.
Ein weiterer Nachteil: Man sieht sie nicht! Das ganze Leben spielt sich praktisch innerhalb des Holzes ab. Termiten generell bauen (koten!) alle Öffnungen, durch die Licht eindringt, sehr rasch zu.
Ähnliches gilt für die Trockenholztermite Kalotermes flavicollis, die v.a. im Mittelmeerbereich vorkommt, dort auch frei lebt und an diversen Holzpflanzen Schäden hervorruft. Ihr begegnet man nicht selten bei der Suche nach Ameisen in totem Holz.
Attraktiver wären die oberirdisch aktiven Erntetermiten, doch sind ihre im Boden gelegenen Nester und ihr Auslaufbereich bereits wieder so groß, dass in einem normalen Einfamilienhaus dafür gewiss nicht genügend Raum vorhanden ist.
Dass Termiten Beton oder Asphalt durchfressen sollen, ist ein '''Märchen'''. Allerdings hat die Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin über lange Zeit Materialen auf Termitenfestigkeit überprüft, wobei sich zeigte, dass Termiten sehr wohl in der Lage sind, z.B. Kunststoff - umhüllte Kabel anzunagen, ja dass selbst Bleiblech nicht vor ihnen sicher ist. Die Schauergeschichten rühren daher, dass die recht kleinen und schlanken Termiten halt jede Ritze in Beton oder Asphalt entdecken, frei räumen, und auf diesem Wege in Gebäude mit leckeren Holzmöbeln gelangen.
Fazit: Termitenhaltung ist nicht nur riskant, sondern auch unattraktiv.
A. Buschinger
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'''Zufällig eingeschleppt oder absichtlich eingeführt? - Eine Bestandsaufnahme'''
'''Zufällig eingeschleppt oder absichtlich eingeführt? - Eine Bestandsaufnahme'''



Version vom 14. Oktober 2005, 19:11 Uhr

Termiten

Auch wenn das keine Ameisen sind, so wird in den Ameisenforen immer wieder mal das Thema aufgegriffen: Kann man Termiten halten?

Die Antwort ist klar: Ja!

Wie meistens kommt danach ein ABER, und wie immer muss man differenzieren, z.B. nach den Arten bzw. Familien oder Unterfamilien.

Das System umfasst 6 Familien. Im Überblick:

1. Fam. Mastotermitidae, enthält nur 1 Art, Mastotermes darwiniensis. Ihre ursprüngl. Merkmale sind : Eiablage in Paketen; Hinter-Flügel mit Analfeld wie Schaben. Ist wirtschaftlich wichtigste Termite Australiens ("Känguruh unter den Termiten"), frisst fast alle organischen Materialien. Fossil mehrere Arten in tertiären Sedimenten auch in Europa.

2. Fam. Kalotermitidae, Holztermiten, leben alle von Holz, ca. 330 Arten. Echte Arbeiterkaste fehlt, Arbeit wird von sog. PSEUDERGATEN ("Scheinarbeiter") verrichtet. Das sind Larven, deren Entwicklung auf bestimmtem Stadium anhält, obwohl sie sich weiter häuten. Können sich unter Umständen jederzeit weiterentwickeln bis zum Geschlechtstier.

3. Fam. Hodotermitidae, schließt 2 kleine Reliktgruppen (UF) ein, TERMOPSINAE und HODOTERMITINAE, je ca. 15 Arten. Termopsinae haben noch Pseudergaten, Hodotermitinae bereits echte Arbeiter als Endstadien der Entwicklung. Die Familie umfasst die sog. Erntetermiten, die in Steppengebieten Gras u.a. Pflanzenmaterial oberirdisch eintragen, sind daher pigmentiert im Gegensatz zu den meisten anderen Termiten.

4. Fam. Rhinotermitidae, Nasentermiten, ca. 170 Arten. Arbeiter sind Endstadium, das sich nicht weiter entwickeln kann und nicht mehr häutet. Ihre Stirndrüse ist besonders gut entwickelt und mündet, vor allem bei Soldaten, auf nasenartigem Stirnfortsatz ("wandelnde Pattextuben"). Große Völker, Königin wird sehr groß und fertil. Bauen Nester in Erde oder aus Holzkarton.

5. Fam. Serritermitidae besteht wieder nur aus 1 Art, aus Brasilien, lebt im Nestbereich anderer Termiten, hat spezialisierte säbelförmige Mandibeln.

Dies sind bisher alles „Niedere Termiten“.

6. Fam. Termitidae, Höhere Termiten, mit > 1.500 Arten größte und erfolgreichste Gruppe, oft große, oberirdische Nestbauten. Königin kann sehr groß und fertil werden. Stirndrüsen auch bei dieser Fam. gut entwickelt. Oft mehrere Arb.- und Soldatenkasten in 1 Art. Arbeiter und Soldaten sind alles Endstadien. Sind z.T. Allesfresser, und EIN TEIL der Termitidae sind Pilzzüchter (konvergent zu Blattschneiderameisen). Es gibt mehrere Unterfamilien.

(Soviel aus dem Text meiner ehemaligen Vorlesung „Soziale Insekten“).

Zurück zur Frage nach der Haltung:

Ungeeignet sind in jedem Fall die Termitidae, allein wegen ihrer riesigen Nester.

Geeignet sind einige Arten der Kalotermitidae: Sie haben kleine bis sehr kleine Völker, die in Holz wohnen und fressen. Außer verpilztem Holz benötigen sie nur noch eine geeignete Temperatur (um die 22-30 C) und eine gewisse Feuchtigkeit. Man unterscheidet sogar Feuchtholz- und Trockenholztermiten, je nach bevorzugten Bedingungen.

Zu diesen gehört die „Hamburger Termite“ (Reticulitermes flavipes; Herkunft: USA). Sie lässt sich über längere Zeit sehr simpel in einer Glaspetrischale mit feuchtem Löschpapier halten. Wenige Arbeiter (Pseudergaten) reichen zum Start einer Kolonie: Stets entwickelt sich daraus ein Königspaar. Besser geht es in natürlichem Holz auf einer Schicht von feucht gehaltenem „Vermiculit“ (http://www.vtt-group.com/vermicul.htm).

Nachteile: Die Termiten könnten freikommen und Holzbauteile in Gebäuden befallen.

Ein weiterer Nachteil: Man sieht sie nicht! Das ganze Leben spielt sich praktisch innerhalb des Holzes ab. Termiten generell bauen (koten!) alle Öffnungen, durch die Licht eindringt, sehr rasch zu.

Ähnliches gilt für die Trockenholztermite Kalotermes flavicollis, die v.a. im Mittelmeerbereich vorkommt, dort auch frei lebt und an diversen Holzpflanzen Schäden hervorruft. Ihr begegnet man nicht selten bei der Suche nach Ameisen in totem Holz.

Attraktiver wären die oberirdisch aktiven Erntetermiten, doch sind ihre im Boden gelegenen Nester und ihr Auslaufbereich bereits wieder so groß, dass in einem normalen Einfamilienhaus dafür gewiss nicht genügend Raum vorhanden ist.

Dass Termiten Beton oder Asphalt durchfressen sollen, ist ein Märchen. Allerdings hat die Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin über lange Zeit Materialen auf Termitenfestigkeit überprüft, wobei sich zeigte, dass Termiten sehr wohl in der Lage sind, z.B. Kunststoff - umhüllte Kabel anzunagen, ja dass selbst Bleiblech nicht vor ihnen sicher ist. Die Schauergeschichten rühren daher, dass die recht kleinen und schlanken Termiten halt jede Ritze in Beton oder Asphalt entdecken, frei räumen, und auf diesem Wege in Gebäude mit leckeren Holzmöbeln gelangen.

Fazit: Termitenhaltung ist nicht nur riskant, sondern auch unattraktiv.

A. Buschinger




Zufällig eingeschleppt oder absichtlich eingeführt? - Eine Bestandsaufnahme

In diversen Foren kommt immer wieder das Argument: „Zahllose Insekten, auch Ameisen, werden zufällig mit Handelsgütern nach Deutschland eingeschleppt. Dagegen ist die Zahl der von Händlern und Touristen absichtlich eingeführten exotischen Tiere verschwindend klein und fällt nicht ins Gewicht. Also ist am Import von und Handel mit Ameisen nichts auszusetzen“. Ich habe dazu einige Fakten zusammen getragen.

In Deutschland bereits als pest-ants m.o.w. etabliert sind die folgenden Arten, die bereits vor Beginn des Internethandels mit Ameisen „zufällig“ angekommen waren:

Linepithema humile (wahrscheinlich mit Pflanzenlieferungen an Gärtnereien, Botanische Gärten, Zoos etc. eingeschleppt)

Monomorium pharaonis (Pharaoameise, weltweit durch den Güterverkehr verschleppt)

Tetramorium bicarinatum (wahrscheinlich mit Pflanzenlieferungen an Gärtnereien, Botanische Gärten, Zoos etc. eingeschleppt)

Pheidole pallidula (wahrscheinlich mit Pflanzenlieferungen an Gärtnereien, Botanische Gärten, Zoos etc. eingeschleppt)

Pheidole sp. (megacephala?): Als Futtertiere für tropische Pfeilgiftfrösche eingeführt und über den Terrarienhandel verbreitet (?)

Plagiolepis alluaudi (wahrscheinlich mit Pflanzenlieferungen an Gärtnereien, Botanische Gärten, Zoos etc. eingeschleppt)

Tapinoma melanocephalum


Abgesehen von Pheidole pallidula werden diese Arten nicht bei den Händlern angeboten, obwohl einige Halter trotz aller Risiken sogar Pharaoameisen besitzen wollten.


Im Handel sowie von Privathaltern zum Verkauf angeboten werden/wurden in den Jahren seit 2000 sehr viel mehr exotische Arten, von denen praktisch keine „zufällig“ mit Handelsware eingeschleppt werden kann. Welche Parasiten und (Ameisen-) Krankheitserreger mit eingeführt wurden und werden, ist in keinem Fall untersucht worden.

Acromyrmex octospinosus

Atta cephalotes

Atta sexdens

Calomyrmex purpureus smaragdinus (Anmerkung: war eine andere Gattung!)

Camponotus barbaricus

Camponotus cruentatus

Camponotus maculatus

Camponotus spec. Australien

Camponotus spec. schwarz Australien

Camponotus spec. rot/braun Australien

Cataglyphis fortis

Cataglyphis rosenhaueri

Cataglyphis spec.

Cataglyphis viaticus

Crematogaster scutellaris (ein Volk frei lebend an der Bergstraße nachgewiesen; eine Gründungskolonie in Wohnmobil nach Hamburg verschleppt; sonstige dokumentierte Fälle?)

Crematogaster spec. (Arizona)

Diacamma spec.

Dinoponera gigantea (vermutlich falsch determinierte Paraponera clavata)

Lasius lasioides

Lasius grandis

Meranoplus bicolor

Messor barbarus

Messor bouvieri

Messor structor (unter dem Namen verbergen sich mehrere Arten; eine davon ist an wenigen Stellen in D heimisch)

Myrmecia gulosa

Myrmecia nigrocincta

Myrmecia pavida

Myrmecia pilosula

Myrmecia queenslandica

Myrmicaria arachnoides

Oecophylla smaragdina

Paraponera clavata

Pheidole pallidula

Pheidole spec. Südamerika

Pheidole spec. Indonesien

Pheidologeton diversus

Pheidologeton spec.

Polyrhachis ammon

Polyrhachis dives

Pseudolasius spec. Indonesien

Rhytidoponera metallica

Tapinoma nigerrimum

Tetramorium ruginode

Tetramorium semilaeve


Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Außerdem können einige der Gattungs-oder Artnamen Fehldeterminationen sein: Nicht alle Angebote sind nach Bildern der Händler und/ oder Privatanbieter einwandfrei zu identifizieren. Die Liste gibt jedoch eine Vorstellung vom Umfang der gehandelten/ importierten Artendiversität. Unter den weltweit mehr als 11.500 beschriebenen Ameisenarten könnten nach meiner groben Schätzung etwa 3.000 bis 5.000 Arten für Händler und Halter „interessant“ und deren Zugriff ausgesetzt sein (So haben alle Pheidole-Arten eine „attraktive“ Soldatenkaste; allein auf dem amerikanischen Doppelkontinent gibt es über 900 Arten, eine entsprechende Zahl wahrscheinlich in der „Alten Welt“).


Nicht berücksichtigt ist hier, dass auch die Einfuhr von in Deutschland heimischen Arten aus anderen Bereichen ihres Verbreitungsgebietes problematisch sein kann (Ausbreitung von nur in Teilen des Areals vorkommenden Parasiten; intraspezifische Faunenverfälschung – vgl. die jeweils mehreren unter Messor structor bzw. Tetramorium impurum/ caespitum versteckten Arten, deren Identität zur Zeit erforscht wird, oder die erst in jüngster Zeit v.a. durch B. Seifert aus Lasius niger bzw. L. alienus ausgegliederten und neu beschriebenen Arten).


Liste von weiteren in deutschsprachigen Foren erwähnten, privat eingeführten exotischen Arten. Diese Liste ist besonders unvollständig (viele Halter scheuen sich, ihre Importe öffentlich anzugeben; auch ist die Suche in den Foren sehr zeitaufwändig). Die Namensangaben sind vielfach zu bezweifeln.

Aphaenogaster sp. Türkei

Aphaenogaster sp. ?

„australische Dolichoderine“

Camponotus (Tanaemyrmex) festinatus (USA)

Camponotus “nordafrikanische Art”

Cardiocondyla mauritanica Spanien

Cataglyphis savignyi

Cataglyphis velox

Crematogaster sp.

Leptogenys sp. Kenia

Odontomachus spp. Dom. Republik; „Südamerika“; und ?

Oecophylla longinoda

Pachycondyla sp.

Pheidole „aus Indonesien“

Pheidole sp. aus Kenia

Pogonomyrmex sp.


Ergänzungen sollen folgen.

A. Buschinger (27.9.05)