Ernährung von Larven: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 22. Juli 2018, 16:06 Uhr

Beispiel 1: Leptothorax acervorum

Alfred BUSCHINGER & Margitta SCHAEFER 2006: Larval nourishment in Leptothorax acervorum (FABRICIUS, 1793) (Hymenoptera: Formicidae), with description of a larval mensarium as a trophophoretic structure for the handling of food particles. Myrmecologische Nachrichten 9, 35-41.

In dieser Arbeit wurde genauer untersucht, wie Larven von Leptothorax acervorum gefüttert werden.

Sie erhalten getrennt kleine Fleischpartikel (hier von Mehlkäferpuppen) sowie Honigwasser. Zum Festhalten der Fleischbröckchen ist bei den Larven auf der Bauchseite eine spezielle Struktur entwickelt, die wir als „Mensarium“ (von lat. mensa = Tisch) benannt haben. Sie erstreckt sich in Form querovaler, runzeliger „Kissen“ über die 4 Segmente, aus denen bei den Imagines die Thoraxsegmente II und III (Meso- und Metathorax) werden, sowie über die beiden ersten Abdominalsegmente (später = Epinotum und Petiolus).

In einer Übersichtstabelle werden die bisher bekannten Strukturen verglichen, die bei Ameisenlarven die Nahrungsaufnahme unterstützen (trophophoretische = Nahrung haltende Strukturen). In verschiedenen Verwandtschaftsgruppen gibt es Einrichtungen wie eine „food platter“ (abgeflachter Bereich auf der Ventralseite des Abdomens, Ponerinae), einen „Food basket“ (Nahrungskorb, haarlose, von langen Haaren umstandene Fläche mit kurzen, spitzen Dörnchen auf der Ventralseite vorn, Solenopsis), ein „Praesaepium“ (flache Einsenkung der vorderen Abdominalsegmente, wobei das 2. Abdominalsegment einen queren Wulst bildet, der sich nach vorne über das 1. Segment wölbt, Camponotus), den Trophothylax (tiefe, nach vorn offene Tasche im Abdominalsegment 1, Pseudomyrmecinae), und das hier erstmals beschriebene Mensarium.

Das Mensarium dürfte bei allen Angehörigen der Gattung Leptothorax sowie bei deren Sozialparasiten (Harpagoxenus) vorkommen. Ob diese Struktur auch bei anderen Ameisengattungen vorkommt, ist unbekannt. Ebenso ist die Verbreitung der anderen genannten Strukturen innerhalb der Ameisen nicht untersucht, und von den meisten Verwandtschaftsgruppen ist nicht bekannt, ob die Larven irgendwelche derartige Strukturen besitzen.

Bei großen Larven ist das Mensarium mittels Binokular bereits unter relativ geringer Vergrößerung erkennbar. Allerdings krümmen sich Kopf und Vorderende oft so weit in Richtung Mensarium, dass es weitgehend überdeckt wird.

Bild 1 web.jpg

Bild 1: Eine Arbeiterin von Leptothorax acervorum legt ein dunkel gefärbtes Fleischbröckchen auf die Mundteile einer großen Larve im 4. Stadium (Pfeilspitze). Rechts davor liegt eine kleine Larve des 4. Stadiums, ebenfalls mit einem Fleischbröckchen auf dem Mensarium.


Bild 2 web.jpg

Bild 2: Zwei Larven des 4. Stadiums. Die linke wurde mit rot gefärbtem Honigwasser gefüttert. Der Farbstoff ist zum Teil aus dem Mitteldarm in die Hämolymphe des Abdomens übergetreten. Viel Farbstoff wurde von den Oenocyten unter der Haut gespeichert (rote rundliche Gebilde). Bei der normal mit ungefärbter Nahrung gefütterten Larve rechts ist der Darm braun, die Oenocyten sind leuchtend weiß.


Bild 3 web.jpg

Bild 3: Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme der vorderen Ventralseite einer Larve. pro-, mes-, met- sind die künftigen Thoraxsegmente Pronotum, Mesonotum und Metanotum. AI und AII sind die Hinterleibssegmente 1 und 2, aus denen bei der Imago das Epinotum und der Petiolus werden. In der Mitte auf den Segmenten met-, AI und AII sind die Teile des Mensariums zun sehen, auf mes- wird das Pölsterchen vom Kopf verdeckt.


Bild 4 web.jpg

Bild 4: Links die runzlige Struktur der Mensariums-Polster, vergrößert, rechts noch stärker vergrößert.

Beispiel 2: Camponotus ligniperdus

Nahrungsaufnahme bei Larven von Camponotus ligniperdus (Videos!)

Zum Thema sehr gut passend sind zwei kurze Videos, die zeigen, wie auch Larven von Camponotus ligniperdus sich Fleischbröckchen einverleiben, die ihnen von Arbeiterinnen auf den Bauch gelegt wurden. Es handelt sich um Mehlwurm-Stückchen.

http://www.youtube.com/watch?v=jU2NYrrquK0

http://www.youtube.com/watch?v=IctXHG3tc2U

Für Camponotus (Colobopsis) ist ein „Praesaepium“ beschrieben, eine speziell gestaltete Region auf der Bauchseite, auf der Beutestückchen festgehalten werden können. Ein solches dürfte bei C. ligniperdus somit ebenfalls vorliegen.

Man vergleiche mit dem Beitrag, in dem über die Aufzucht von Camponotus-Larven mit einer künstlichen Diät berichtet wird. Dabei wurden Kohlenhydrate und Eiweiß-Bestandteile in einer Agar-Gallerte homogen gemischt angeboten: Aktuelle Ereignisse (5.3.07): "Eine neue Diät für Ameisen"

(A. Buschinger, 07.03.2007)

Beispiel 3: Aphaenogaster subterranea und A. senilis

Größere Beutestücke (z.B. Mehlwurm) werden unzerteilt ins Nest eingebracht. Arbeiterinnen tragen Larven herbei und setzen sie an die Beutestücke an. Die Larven fressen selbständig an der Beute, bis sie später von Arbeiterinnen wieder zurück in das Larvenlager gebracht werden. http://www.ameisenwiki.de/index.php/Aphaenogaster_subterranea