Nestumzug
Bezeichnet den Wechsel des Neststandortes bei sonst stationären Arten.
Bei Wanderameisen wird der stete Wechsel der Neststandorte als nomadische Phase bezeichnet und kann periodisch oder dauerhaft auftreten.
Umzüge in der Natur
Der Umzug ganzer Ameisenvölker kann je nach Art eine häufige Erscheinung darstellen oder nur sehr selten vorkommen. Heeresameisen wechseln zeitweilig täglich den Neststandort, hier Biwak genannt. Formica sanguinea soll im Herbst in ein „Winternest“ umziehen, und im Frühjahr zurück in das „Sommernest“. Bei Waldameisen wie Formica rufa, Formica polyctena und anderen sind im Sommer oft Nestumzüge über Wochen hinweg zu beobachten: Eine breite Ameisenstraße verbindet das alte Nest mit einem neuen Standort, manchmal nur wenige Meter, aber auch über 20 und mehr Meter entfernt. Kennzeichen solcher Umzüge sind, dass Arbeiterinnen andere Arbeiterinnen tragen (s. Rekrutierung), verschiedene Brutstadien, manchmal auch Königinnen. Gelegentlich herrscht im Volk Uneinigkeit darüber, ob der neue Standort wirklich besser ist als der alte, dann erfolgen Transporte in beide Richtungen bis ein Standort bevorzugt wird.
Wohl alle Arten wechseln den Nistplatz, wenn dort eine oder mehrere der Grundbedingungen nicht mehr gegeben sind, so wird nach dem Anheben eines Steines die darunter gelagerte Brut schnell in Sicherheit gebracht. Solche kurzfristigen Umzüge - manchmal nur von Teilen der Nestbevölkerung - gehören bei vielen Ameisenarten zum Tagesgeschäft; so kann beispielsweise die Brut tagsüber in Zweignester mit günstigeren Bedingungen geschafft oder auch innerhalb eines Nestes mehrfach verlagert werden.
Umzüge in der Haltung
Umzug erzwingen/beschleunigen
Junge Kolonien von monogynen Arten mit Erdnestern zeigen oft wenig Bereitschaft zum Nestumzug; für eine Gründerkönigin mit den ersten Arbeiterinnen oder auch die Königin allein ist ein solcher in der Natur allenfalls eine Notreaktion.
Umzüge können in der Haltung durch einige Faktoren beschleunigt werden, z. B. indem:
- ein neues, besser geeignetes Nest in der Nähe angeboten wird; viele Arten bevorzugen Porenbeton-/Gipsnester den häufig genutzten Gründungs-Reagenzglasnestern
- das neue Nest den Tieren günstiger erscheint, z. B. durch Beheizung oder/und Verdunkelung, während diese im alten Nest nicht mehr vorhanden ist
- unpassende Bedingungen geschaffen werden, z. B. durch Entfernen des Lichtschutzes, langsames Abtrocknen (Einstellen der Bewässerung), zusätzliche Belichtung, Entfernen der Deckscheibe.
Alle Veränderungen sollten mit Bedacht vorgenommen werden; Flutlicht ist ebenso zu vermeiden wie absolute Trockenheit über längere Zeit. Eine Kolonie wird selten sofort reagieren, die Tiere brauchen ihre Zeit, um einen Umzug in Betracht zu ziehen und das alte Nest gegen neue Nistgelegenheiten abzuwägen. Bei zu drastischen Maßnahmen können Arbeiterinnen wie Königinnen durch eine heftige Gegenreaktion zu "unbedachten" Handlungen bewegt werden, wie beispielsweise einer Flucht in den Wassergraben, die Talkumschicht oder zum wahllosen Einsatz ihrer Ameisensäure (bei Schuppenameisen) sowie zu einem späteren Zeitpunkt zu Brutfraß.
Umzug aus dem Gründungsnest (RG)
Wie kann ich meine Gyne oder neue Kolonie in ein richtiges Nest umziehen lassen?
In der Natur baut das junge Volk in der Regel das Nest von der Gründungskammer ausgehend weiter. Tunnel werden gegraben, zuerst in die Tiefe, so dass man zur Überwinterung in Bereiche mit etwas günstigerer Temperatur und besonders mit geeigneter Bodenfeuchtigkeit gelangen kann, dann aber auch in die Breite (z.B. unter einem Stein).
Aus diesem Verhalten heraus lässt sich selbst bei den nesttreuen Lasius niger (notfalls) eine Gyne oder besser bereits eine kleine Kolonie zu einem Umzug verleiten... wenn sie das "Gefühl" hat, innerhalb eines geschlossenen Nestes lediglich die Kammer zu wechseln. Das RG muss ohne Verbindungsschlauch direkt an das neue Nest (frisches RG, Farm, Ytong etc) angeschlossen und komplett verdunkelt werden. Es wird also ein zusammenhängendes, großes Nest simuliert. Die Chancen auf einen Umzug innerhalb der nächsten Tage stehen gut, jedoch gibt es nie eine Garantie!
Hier sollen noch einige konkrete Hinweise gegeben werden, wie man Ameisenkolonien umsiedelt bzw. von einem Formikarium in ein anderes umziehen lässt.
Grundsätzlich wird das Umsiedeln um so langwieriger, je größer das Ameisenvolk und das Formikarium ist, und je reichhaltiger es mit Sand, Kies, Steinen, Pflanzen und Dekorationen ausgestattet ist.
Zunächst eine Anleitung zum Umsetzen von kleinen Kolonien, die im Reagenzglas überwintern. Ein Umzug kann sinnvoll werden, wenn die Watte im RG schimmelt und der Wasservorrat braun und faulig wird. Es spricht nichts dagegen, Ameisen in der Winterruhe umzusiedeln, wenn sie inaktiv sind.
- Neues Reagenzglas mit Wasser und Watte vorbereiten - siehe Reagenzglas.
- Altes und neues Reagenzglas mit den Öffnungen aneinander halten, senkrecht stellen, altes RG nach oben.
- Durch seitliches Klopfen an das alte RG die Königin, Arbeiterinnen, Brut in das neue RG fallen lassen. Anklopfen z.B. mit einem Bleistift, jeweils gegenüber den Stellen, wo sich Tiere festhalten oder Larven festkleben, kann das Loslösen befördern.
- Wenn sich die Tiere im neuen RG beruhigt haben, kann man eventuell noch im alten RG verbliebene Larven mittels Pinsel ablösen und in das neue RG verbringen.
- Nach etwa 1/2 bis 1 Tag in etwas wärmerer Umgebung, so dass sich die Tiere und ihre Brut wieder arrangieren können, das RG wieder in die Überwinterungstemperatur legen.
Das Verfahren geht bei allen Arten, die eine richtige Winterruhe halten.
Ein Beitrag zum Thema "Ameisen umschütten" aus dem Ameisenforum
Aus: http://www.ameisenforum.de/286189-post10.html
"Du kannst die Ameisen gleich ins Formicarium einsetzten, du darfst sie aber auf KEINEN Fall hineinschütteln, da das der Kolonie schwer schaden könnte."
Solche oder ähnliche weise Anweisungen werden in Ameisenforen nicht selten gegeben.
Was soll eigentlich dabei der Kolonie "schwer schaden"? Wenn man das RG über die Arena (mit Nest, Farm etc.) hält, den Wattestopfen abzieht und den Inhalt bei leichtem Klopfen auf das obere Ende des RG herausschüttelt, fallen Arbeiterinnen und Brut einfach runter, auch der Königin schadet so ein kleiner Plumps absolut nichts. Natürlich sollten das Wasser, und der Wattepfropf davor, im RG bleiben. Falls Eier und kleine Larven im RG haften, kann man sie mit einem feinen Pinsel herausholen und in der Arena abstreifen.
Die Ameisen werden schleunigst nach einem Ort suchen, wo sie sich und ihre Brut verstecken können. Wenn ein Ytong vorhanden ist, wird der ziemlich sicher das Ziel sein. Ist die Arena groß genug, kann man das RG später dazu legen: Sollte das Nest (der Ytong, die Farm) absolut ungeeignet sein, ziehen die Tierchen vielleicht wieder ins RG und belehren den Halter, dass seine sonstige Einrichtung untauglich ist (zu trocken oder was auch immer).
Die gängigen Ameisen halten eine solche Behandlung problemlos aus. Wenn sie z.B. mittels Exhaustor aufgesaugt werden, werden sie ganz gewaltig durcheinander gewirbelt. Trotzdem habe ich dabei noch nie Verluste erlebt. Sowie "Ruhe" eingekehrt ist, sammeln und sortieren die Ameisen ihre Brut, und sei es unter einem Stückchen Papier, das Deckung verspricht. Später, wenn die suchenden Ameisen eine geeignete Unterkunft gefunden haben, ziehen sie geordnet in diese um.
Ameisenhaltung ist schwierig genug. Man muss sie nicht unnötig noch schwieriger machen mit solchen Anweisungen, die irgendwer sich mal aus den Fingern gesaugt und dann aus dem Ärmel geschüttelt hat, und die nun von Anderen als Mantra wieder und wieder nachgebetet werden.