Kreuzung verschiedener Arten
Dieser Artikel wurde zur Überarbeitung vorgeschlagen. Hilf mit, ihn zu verbessern!
Begründung: weitere Wikilinks, z. B. zu den Gattungen; Erzählmodus --DmdM 16:53, 10. Mär. 2012 (CET) |
Das Thema Kreuzungen bewegt anscheinend viele Ameisenfreunde. Leider habe ich aus diversen Forumsbeiträgen den Eindruck gewonnen, dass empfängliche Laien dank einschlägiger Horror-Filme etc. die Realität mit Science fiction vermischen. Daher noch einige weitere wissenschaftliche Informationen zum Thema:
Kreuzungen sind im Tierreich auf sehr eng verwandte Einheiten, auf Unterarten oder miteinander sehr nahe verwandte Arten beschränkt. Eine Kreuzung etwa von Camponotus mit Temnothorax (wie sie in einem Forum diskutiert wurde) ist absolut unmöglich: Die beiden Arten gehören nicht nur verschiedenen Arten, sondern verschiedenen Gattungen und sogar verschiedenen Unterfamilien an. (Zur Verdeutlichung: Nur Science fiction-Gläubige können sich vorstellen, dass etwa aus einer Kreuzung Fledermaus x Krokodil ein Flugdrache entsteht).
Kreuzung von Arten
Aus der Kreuzung von zwei Arten entsteht keine dritte, neue Art (das ist bei Pflanzen z.T. anders!). Eine Art ist definiert als Gruppe von Individuen, die miteinander unbegrenzt fruchtbare Nachkommen zeugen können, und die gegen andere derartige Gruppen reproduktiv isoliert sind (mit anderen „Arten“ also keine Nachkommen produzieren können). In den wenigen Ausnahmefällen, wo tatsächlich Arten bastardisiert werden können, ist die weitere Fortpflanzung der Hybriden oft unmöglich (Pferd x Esel gibt die sterilen Maultiere). Ähnlich: Pferd x Zebra gibt Zebroide, Mischwesen, die m.W. auch steril sind. Löwe x Tiger gibt ebenfalls Hybride („Liger“). Von Versuchen zur Weiterzucht ist mir nichts bekannt.
In manchen Fällen sind Hybride fertil, sind dann aber nicht von den Elternarten reproduktiv isoliert: Es kommt auch zu Rückkreuzungen mit diesen, letztlich nach einigen Generationen zu einer Homogenisierung der Erbanlagen aus beiden Elternarten.
Beispiel unter Ameisen: Formica polyctena x F. rufa. Im Freiland gibt das eine Übergangsreihe von reinen polyctena über solche mit ein wenig – mehr – viel rufa-Einschlag bis hin zu den reinen rufa. Die Hybriden sind nicht so gut an die Habitate der reinen Ausgangsarten angepasst, deshalb werden in natürlichen Lebensräumen die Hybriden immer wieder wegselektioniert, so dass sich die Arten ziemlich rein erhalten. In vom Menschen stark veränderten Lebensräumen (z.B. kleinräumiges Mosaik von Wald, Wiesen, Feldflur) gibt es Bereiche, an die Hybride besser angepasst sind als eine der Ausgangsarten. Deshalb sind in manchen Regionen Deutschlands die Hybriden relativ häufig (dazu hat B. Seifert einige Arbeiten veröffentlicht).
Bei den im Haupttext genannten sozialparasitischen Myrmoxenus-Arten (wie allgemein bei Ameisen) ergibt die Kreuzung eines Weibchens der Art A mit einem Männchen der Art B (falls sie überhaupt gelingt) ausschließlich hybride Weibchen (AB) und, weil die Männchen aus unbefruchteten Eiern entstehen, ausschließlich reinerbige Männchen der Art A. Erst wenn man hybride (AB-) Weibchen wieder verpaart, z.B. mit A-Männchen, entstehen zweierlei Weibchen: Reine AA und hybride AB, sowie hybride Männchen (die zwar aus haploiden Eiern entstehen, bei den Reifeteilungen aber ein Gemisch von A- und B-Genen erhalten). In den von mir beschriebenen Versuchen entstanden allerdings überhaupt keine Männchen in solchen Rückkreuzungen! (Den Grund weiß noch niemand).
Ein zusätzliches Problem besteht darin, dass jede Myrmoxenus-Art ihre eigene Wirtsart hat und auf diese spezialisiert ist. Hybridweibchen sind an beide Wirtsarten der Elternarten nicht ideal angepasst. Im Labor kann man sich helfen, indem man Wirtstiere einer ganz anderen, gut geeigneten Wirtsart benutzt; sie werden den Parasiten-Königinnen in Form von Puppen zugegeben.
Es ging, wie schon gesagt, darum zu untersuchen, wie nahe verwandt die einzelnen Arten der Gattung sind. Bei Myrmoxenus handelt es sich um eine sehr klar umgrenzte und ganz sicher berechtigte Gattung mit ca. 10 Arten. Aber innerhalb dieser Gattung gibt es fein abgestufte Möglichkeiten der Hybridisierung. Bei einigen Arten gelang die Verkreuzung so wie eben geschildert. In einer Kreuzung wurden nur zwei oder drei hybride Weibchen produziert, die so hinfällig waren, dass sie nach wenigen Tagen starben. Bei weiteren Artenpaaren konnte zwar eine Verpaarung erreicht werden und die begattete Königin legte Eier, aber die Eier entwickelten sich nicht. Und schließlich finden sich Arten, deren Geschlechtstiere sich nicht mehr „verstehen“, so dass es schon gar nicht zu einer Verpaarung kam (nachzulesen in der zitierten Arbeit Buschinger 2001). Das bekannte Schlagwort „Was sich paart ist eine Art“ ist also falsch, und das weiß man auch schon sehr lange.
Kreuzung von Angehörigen verschiedener Gattungen
Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch so etwas schon versucht wurde. Die beiden Elefantenarten gehören zwei Gattungen an: Elephas maximus (Indischer E.) und Loxodonta africana (afrikanischer E.). In einem Zoo gelang eine „Kreuzung“, und es wurde sogar ein Jungtier geboren. Dieses starb nach wenigen Tagen. Hier muss man sich fragen, ob die Einteilung der Elefanten in zwei Gattungen gerechtfertigt ist.
Die Kreuzung der zwei sozialparasitischen Arten Leptothorax kutteri x Doronomyrmex pacis (Buschinger 1972, oben zitiert) ist nur scheinbar eine Gattungskreuzung: Zu dem Zeitpunkt waren die Arten gültig so benannt. Später wurden beide, zusammen mit L. goesswaldi, in der Gattung Doronomyrmex geführt; 2003 hat Bolton diese Gattung aufgegeben und die 3 Arten in Leptothorax eingegliedert. Solche Einordnungen erfolgen manchmal etwas willkürlich; exakte Vorschriften dazu gibt es nicht.
Kreuzung von Unterarten
Dies ist der häufigste Fall, sowohl im Freiland als auch in der Tierzucht. Alle Pferderassen untereinander, alle Hunderassen usw. kann man verkreuzen. Nur der Züchter verhindert das: Promenadenmischungen lassen sich nicht gut verkaufen, und jede Rasse ist auf ein bestimmtes Ideal oder einen Verwendungszweck hin selektioniert (nicht dem Ideal entsprechende Nachkommen werden ausgemerzt, bei Hunden und Katzen in der Regel getötet; nur die „besten“ lässt man zur weiteren Zucht zu). In der Natur sind Rassen (= Unterarten) in der Regel räumlich getrennt, wobei jede Rasse dank der fehlenden oder sehr geringen Möglichkeit zum Genaustausch mit anderen Rassen sich an ihr Verbreitungsgebiet anpassen kann (Hieraus erwächst auch die Gefahr, dass in das Gebiet einer Rasse eingeschleppte Tiere einer anderen Rasse sich mit den ansässigen verkreuzen, was nicht selten die Anpassung der lokalen Population schwächt – Bsp. Europäische Sumpfschildkröte, in Mitteleuropa durch eingeschleppte Rasse aus Nordafrika gefährdet; Einfuhr durch Händler).
Bekanntestes Beispiel für sehr schädliche Konsequenzen durch Rassen-Hybridisierung ist die „Killerbiene“ in Amerika. Man muss dazu wissen, dass es in Südamerika ursprünglich überhaupt keine Honigbiene (Apis mellifera) gab. Die wurde von europäischen Siedlern nach Brasilien verfrachtet. Dort ist sie als Tier der Mittelbreiten natürlich schlecht an das Tropenklima angepasst.
So suchte man nach einer Apis mellifera-Rasse aus wärmeren Gebieten, und stieß auf die Rasse A. mellifera scutellata im tropischen Südafrika. Nach Brasilien verbracht, hybridisierte diese Rasse wunschgemäß mit den europäischen Bienen. Es entstand eine an die Tropen angepasste und sehr effektive (sehr hoher Honigertrag!) und deshalb bei Imkern sehr beliebte „afrikanisierte Biene“. Leider war diese Biene auch aggressiver als die Ausgangsformen. Rückkreuzungen mit „friedlichen“ Europäern hat die Aggressivität wieder gemildert. Aber da in Süd- und Mittelamerika viele der Bienen in freier Wildbahn überleben können und damit dem Zugriff der Imker entzogen sind, ist das Problem bisher nicht voll in den Griff zu bekommen. Das Problem der „Killerbienen“ ist in doppeltem Sinne menschengemacht: Erster Fehler war die Einfuhr europäischer Bienen nach Südamerika (dort sind Stachellose Bienen für die Bestäubung zuständig, denen nun eine schlimme Nahrungskonkurrenz erwuchs! - Ökologischer Schaden). Der zweite Fehler war die Einbringung einer weiteren exotischen Rasse, der A.m. scutellata aus Afrika (auf Wunsch der „Kunden“, der Imker).
Gerade dieses Beispiel zeigt, wie gefährlich die Verschleppung fremdländischer, exotischer Arten und Rassen in ein von diesen zuvor nicht besiedeltes Gebiet werden kann. Es sollte auch allen Importeuren fremdländischer Ameisen eine Mahnung sein, und allen, die solche Arten unbedingt kaufen oder selbst aus dem Urlaub mitbringen müssen!
A. Buschinger
Weiteres zur natürlichen Hybridisierung
Tom M. VAN DER HAVE, Jes Søe PEDERSEN & Jacobus J. BOOMSMA (2011): Mating, hybridisation and introgression in Lasius ants (Hymenoptera: Formicidae). Myrmecological News 15 109-115 Online Earlier, for print 2011 http://www.myrmecologicalnews.org/cms/images/pdf/online_earlier/mn15_109-115_printable.pdf
Die Arbeit bringt insbesondere einen aktuellen Überblick der verschiedenen bekannten Fälle natürlicher Hybridisierung von Arten. "Introgression" ist die Einschleusung von Erbgut einer Art in das Genom einer anderen Art. Genetisch lassen sich damit auch lange zurück liegende Verkreuzungen nachweisen bzw. wahrscheinlich machen. Die Häufigkeit solcher Verkreuzungen und Introgressionen ist viel höher, als man bisher geglaubt hat.
Zur Gattung Messor: Hybridisierungen und Zusammenleben mehrerer Arten in einem Nest (einschließlich Messor capitatus): [[1]]