Nahrungsgel
Ein Nahrungs-Gel besteht meist aus einer Zusammensetzung wichtiger Nahrungsmittel wie Honig und Gallerte-bildender Stoffe wie Agar oder Gelatine. Das Gel soll auch während einer längeren Abwesenheit (z.B. Urlaub) nicht austrocknen, eine alleinige Fütterung mit Nahrungs-Gel ist aber nicht zu empfehlen.
Das Bhatkar-Rezept
- 1 Ei
- 62 ml Honig
- 1g Vitamine
- 1g Mineralien/Salz
- 5g Agar
- 500 ml Wasser
Agar in 250ml kochendem Wasser auflösen und abkühlen lassen. Die anderen 250ml Wasser mit dem Ei, Honig, Vitaminen, Mineralien verquirlen. Unter konstantem Rühren die Agar-Lösung untermischen. In eine Schale umfüllen und im Kühlschrank lagern. Die Konsistenz ist gelartig.
Achtung: Diese Diät ist problematisch und darf auf keinen Fall als alleiniges Futter gereicht werden! Eine Fütterung von Eiweiß in Form von tierischem Fleisch sowie die Fütterung von Kohlenhydraten in flüssiger Form (z.B. Honigwasser) ist wichtig und für die Entwicklung der Ameisenlarven unbedingt nötig. Bei einigen Arten blieben bei ausschließlicher Ernährung durch die Bhatkar-Diät Major-Formen der Arbeiterinnen aus, oder es wurde ein langsames Larvenwachstum bzw. verringertes Brutgeschäft beobachtet. Siehe hierzu auch den folgenden Absatz.
Ein wissenschaftlicher Versuch mit Bhatkar-Whitcomb-Diät
Hier wird eine Arbeit referiert, die sich mit den Auswirkungen einer Ernährung rein mir Bhatkar-Whitcomb-Diät befasst. Buschinger, A., Pfeifer, E. (1988): Effects of nutrition on brood production and slavery in ants (Hymenoptera, Formicidae). Insectes Sociaux 35, 61-69. Die Arbeit ist noch nirgends online, daher kopiere ich hier mal die Zusammenfassung ein:
ZUSAMMENFASSUNG Einfluss der Ernährung auf Brutproduktion und Sklavenhaltung bei Ameisen (Hymenoptera, Formicidae) Für die Haltung von Ameisen wurde eine künstliche Diät (BHATKAR and WHITCOMB, 1970) empfohlen. Vergleichende Untersuchungen an einer sklavenhaltenden Ameise, Harpagoxenus sublaevis, und einer ihrer Sklavenarten, Leptothorax acervorum, zeigten, dass diese Diät für eine normale Brutproduktion der unabhängigen Art L. acervorum nicht ausreicht. In Völkern der Sklavenhalterart, die mit der Diät gefüttert werden, werden nach Raubzügen viel mehr von den neu geraubten Sklavenart-Puppen gefressen als in Völkern, die mit einer natürlicheren Diät aus Insektenstücken und Honig versorgt werden. Diese Versuche zeigen, dass die Ernährung die Ergebnisse von Zucht- und Verhaltensversuchen stark beeinflussen kann, und damit auch die daraus abgeleiteten Schlüsse. Die B.-W.- Diät ist wahrscheinlich ungeeignet für viele Ameisenarten, die sowohl Insektenbeute als auch Honigtau benötigen.
Die beiden Abbildungen aus der Veröffentlichung sind beigefügt. In Abb. 1 sind die Punkte für Jungköniginnen koloriert: Rot ist die Produktion bei Honig-Insekten-Diät, blau die bei Bhatkar-diet. Die Kurven gehen über ein Maximum nach Null, weil die Anwesenheit von Puppen gezählt wurde. Dank Verpuppung der überwinterten Larven nimmt die Zahl zunächst zu, aber da mit der Zeit Adulte daraus schlüpfen, verringert sich die Zahl der Puppen gegen Ende der „Sommerphase“ wieder.
Abb. 2 zeigt die Anzahl Eier. Auch diese werden im Frühjahr in wachsender Zahl abgelegt, schlüpfen aber dann, so dass eine Kurve entsteht, die am Ende der „Sommersaison“ gegen Null geht, weil keine Eier mehr nachgelegt werden.
Leider hatten wir aus Rücksicht auf die Verfasser (ich kannte beide persönlich; Whitcomb ist inzwischen verstorben) im Titel nichts von „Bhatkar-Whitcomb.diet“ erwähnt. So blieb diese Arbeit ziemlich unbeachtet, und selbst neueste wissenschaftliche Arbeiten geben im Methodenteil an, dass die Ameisen „mit einer Standard-Diät (Bhatkar & Whitcomb 1970)“ versorgt wurden. Erst auf Nachfrage erfährt man, dass in manchen Arbeiten zusätzlich auch Insekten verfüttert wurden.
Durch alleiniges Verfüttern von Bhatkar-diet entstanden leider zahlreiche höchst fehlerhafte Ergebnisse in „wissenschaftlichen“ Arbeiten. So verhielten sich ganz normale, selbständige Leptothorax-Arten „wie Sklavenhalter“, überfielen in „Gemeinschaftsformikarien“ andere Völker derselben, oder verwandter Arten, „raubten“ Puppen um sie dann an die eigene Brut zu verfüttern. Echte Sklavenhalter verzehrten die geraubte Sklavenbrut, statt die Sklaven schlüpfen zu lassen. So kann eine, auch noch im Ansatz miserable, Veröffentlichung über Jahrzehnte Unheil stiften.
Zudem gelang es uns bereits 1988 nicht mehr, Die von B.&W. 1970 verwendeten Vitaminpillen zu bekommen. Verschiedene Fabrikate, die wir als Alternativen in Erwägung zogen, enthielten bestimmte Vitamine in extrem unterschiedlichen Dosierungen, in einem Fall war die Menge eines Vitamins in einer Pille 10.000 mal (zehntausend!) größer als in einer anderen. Man sollte sich daher überlegen, ob es sinnvoll ist, "irgendwelche" Vitamine zu verfüttern! (A. Buschinger, 28.4.06)
Eine neue, voll synthetische Diät:
Hinweis: Die unten angegebenen Zusammensetzung der Diät (Tabelle) enthält nach Auskunft eines der Autoren ein Druckfehler! Nicht "20 mg" Sucrose (Saccharose) wurden zugesetzt, sondern 20 % (w/v) (Gewichtsprozent)!
Hinweis des anderen Autors auf einen zweiten Druckfehler: Ebenso wurde nicht "1 mg" Agar zugesetzt, sondern 1g Agar. (J. Straka, 21.3.2007)
In der Ausgabe 1/2007 der Zeitschrift Insectes Sociaux findet sich ein Artikel über eine neu entwickelte, völlig synthetische („holidische“) Diät für Ameisen:
Straka, J. & Feldhaar, H. 2007: Development of a chemically defined diet for ants. Insectes Sociaux 54, 100-104
Getestet wurde die Diät mit Camponotus floridanus. 14 Arbeiterinnengruppen definierter Größe (150 kleine Arbeiterinnen, 30 Larven des ersten Stadiums, 20 Eier von der jeweiligen Königin) wurden von großen Laborkolonien abgezweigt. Weitere Eier und Junglarven wurden alle drei Wochen zugesetzt um Eiablage der Arbeiterinnen zu verhindern. Über 13 Wochen wurde die Anzahl der produzierten Puppen registriert.
Verglichen wurde diese Diät mit einer Ernährung mit der Bhatkar-diet, die ja Hühnerei als nicht voll definierten Bestandteil enthält. Weiterhin wurden die Völker mit Bhatkar-diet zusätzlich immer mit frisch abgetötete Schaben und Honigwasser versorgt. Unter diesen Bedingungen war kein Unterschied in der Produktivität zwischen den beiden Versuchsgruppen (je 7 Zweignester) festzustellen: Die neue holidische Diät ist also ebenso geeignet wie Bhatkar plus Insekten plus Honigwasser.
Bisher wurde NICHT getestet, wie sich Änderungen in der Zusammensetzung der neuen Diät auswirken, etwa verringerte oder erhöhte Gabe der einzelnen Bestandteile. Die Versuche gingen auch nur über ein gutes Vierteljahr. In randlich erwähnten Versuchen wurde beobachtet, dass auch die Eiablage von Königinnen bei ausschließlicher Fütterung mit der synthetischen Diät über 4 Monate nicht nachließ. Weitere Ameisenarten wurden bisher nicht in die Experimente einbezogen.
Dennoch ist dies die erste Untersuchung über die Tauglichkeit einer völlig künstlich zusammengestellten Diät, wobei sich die Autoren wenigstens Gedanken darüber gemacht und Gründe erörtert haben, weshalb sie Zusatzstoffe wie Vitamine, Wachstumsfaktoren usw. verwendet haben, und weshalb in den angegebenen Mengen.
Man darf gespannt sein, ob Untersuchungen mit anderen Zusammensetzungen der Diät und mit anderen Ameisenarten vorgenommen werden.
Für die Ameisenhaltung dürfte die naturnahe Fütterung mit Insekten und Honig ganz sicher auf lange Zeit noch am sinnvollsten sein. Irgendwelche nach Gutdünken zugesetzte Vitamine z.B. nutzen bisher nur dem Verkäufer.
(A. Buschinger, 5.3.2007)
Hier ist die Zusammensetzung der neuen Ameisen-Diät: